Können bis zu 22 Jahre im Boden bestehen bleiben
Seit Jahren leiden etwa Zehntausende Menschen im ländlichen Sri Lanka unter Nierenversagen mit unklarer Ursache. Ähnliche Fälle wurden auch in anderen Bauerngemeinden auf der ganzen Welt beobachtet. Die US-Forscher haben im Rahmen einer aufwändigen Feldstudie das Brunnenwasser der betroffenen Gemeinden in Sri Lanka untersucht und einen möglichen Schuldigen identifiziert: Glyphosat. Die Ergebnisse der Studie wurden nun im Fachjournal Environmental Science and Technology Letters veröffentlicht.
Da das Herbizid in der Umwelt innerhalb weniger Tage bis Wochen abgebaut werden soll, wurde seine Verwendung von den meisten Gesundheitsbehörden relativ wenig reguliert. Wenn Glyphosat jedoch auf bestimmte Metallionen trifft, die Wasser hart machen – wie Magnesium und Kalzium –, können sich Glyphosat-Metallionenkomplexe bilden. Diese sogenannten Komplexe können bis zu sieben Jahre im Wasser und 22 Jahre im Boden bestehen bleiben.
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"Bedenken, dass Glyphosat mit anderen Elementen interagiert"
"Es wurde immer angenommen, dass diese Chemikalie in der Umwelt sehr schnell abgebaut wird, aber sie scheint viel länger zu verbleiben, als wir erwartet hatten, wenn sie sich in hartem Wasser komplexiert", sagte Nishad Jayasundara von der Duke University. In dieser Hinsicht könnte Glyphosat laut Jayasundara gar Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS) ähneln. Schadstoffe, die aufgrund ihrer Beharrlichkeit in der Umwelt auch "ewige Chemikalien" genannt werden.
Jayasundara: "Wir müssen bedenken, wie Glyphosat mit diesen anderen Elementen interagiert und was mit Glyphosat passiert, wenn man es als Komplex in den Körper aufnimmt."
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In bestimmten landwirtschaftlich genutzten Gebieten Sri Lankas, wo das Wasser besonders hart ist, weisen bis zu zehn Prozent der Kinder im Alter von fünf bis elf Jahren Anzeichen einer früh einsetzenden Nierenschädigung auf.
Forscher gehen der Theorie mit Bohrlöchern auf den Grund
Jayasundara, der selbst aus Sri Lanka stammt, glaubte, dass Glyphosat aufgrund des harten Wassers in der Region eine Rolle beim Auftreten dieser Nierenschädigungen spielen könnte, obwohl Sri Lanka die Verwendung des Herbizids verboten hat.
Um seine Hypothese zu testen, tat sich Jayasundara mit dem Umweltchemiker Lee Ferguson, einem Professor für Bau- und Umweltingenieurwesen an der Duke University, und seinem Doktoranden Jake Ulrich zusammen. In Zusammenarbeit mit Mangala De Silva, einer Professorin an der sri-lankischen Universität Ruhuna beprobte das Duke-Team mehr als 200 Bohrlöcher in vier Regionen Sri Lankas.
Im Labor nutzte man modernste Verfahren, um Verunreinigungen im Wasser – selbst die geringste Spur davon – zu identifizieren. Mit der Technik stellten die Forscher in 44 Prozent der Brunnen innerhalb der betroffenen Gebiete deutlich höhere Konzentrationen des Herbizids fest, verglichen mit nur acht Prozent außerhalb der Brunnen.
"Es scheint immer noch so, als gäbe es Dinge, die wir übersehen"
"Wir haben uns hier wirklich auf Trinkwasser konzentriert, aber es ist möglich, dass es noch andere wichtige Expositionswege gibt – direkten Kontakt durch Landarbeiter, die das Pestizid versprühen, oder vielleicht Lebensmittel oder Staub", so Ferguson. "Ich würde mir eine intensivere Untersuchung wünschen. Es scheint immer noch so, als gäbe es Dinge, die wir übersehen."
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Mann stellte auch erhöhte Werte von Fluorid und Vanadium im Trinkwasser fast aller betroffenen Gemeinden fest, die mit Nierenschäden in Zusammenhang stehen. Die Forscher sind sich einig, dass dem möglichen Einfluss all dieser Schadstoffe mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. Die neuen Ergebnisse sollten jedenfalls als ernsthafte Warnung in Bezug auf die Nutzung von Glyphosat wahrgenommen werden.
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