Gin-Yoga bis Floating Fitness: Die Trend-Sportarten für 2020
" Ausfallschritt, Knie tief, Bauch anspannen, jetzt hoch die Hanteln – uuund noch einmal!" Wer im Sportstudio des Wiener Personal Trainers Otmane Kabietadiko zur Tat schreitet, kann sich einer Sache sicher sein: Es bleibt garantiert keine Achsel trocken. In seinen Einheiten spornt der 33-Jährige, der auch individuell abgestimmte Videotrainings anbietet, Frauen und Männer zu Höchstleistungen an. Dabei achtet er auf die Bedürfnisse seiner Schützlinge. Mit seinem Angebot schafft er so den Spagat zwischen Gruppen-Work-out und Personal Training.
Damit liegt der Bewegungsfan im Trend. Das zeigt ein Blick auf das unlängst zum 14. Mal erschienene Fitness-Ranking für 2020. Wie jedes Jahr liefert das US-amerikanische American College of Sports Medicine (ACSM) damit eine Trendprognose für den internationalen Markt. Neben den erhobenen sportlichen Strömungen sind heuer auch spezifische Work-outs im Kommen (siehe Diashow unten).
Mit Maß und Ziel
Nach wie vor en vogue sind Wearables. Obwohl die Gadgets seit einigen Jahren am Markt sind, verteidigten sie auch 2020 den ersten Platz im Ranking. Kabietadiko begrüßt die Popularität der digitalen Trainingsbegleiter am Handgelenk – mit einer Einschränkung: "Ich bin Fan von Tracking, weil es anspornt, bei der Zielsetzung unterstützt und aufzeigt, was man geleistet hat. Das ist wie ein virtuelles Schulterklopfen. Kritisch sehe ich Wearables, wenn man als Sportler dadurch unter Druck gerät." Sportwissenschafter Michael Koller von der Wiener Sportordination schätzt vor allem die motivierende Komponente: "Viele Wearables sind mit einer Erinnerungsfunktion ausgestattet. Wenn man sich länger nicht bewegt, bekommt man einen Reminder als Anstoß. Sehr viele Menschen lassen sich außerdem durch Zahlen motivieren. Verbrannte Kalorien, gelaufene Kilometer, schnelles Tempo – das alles sind Kennzahlen, die dabei helfen können, beim Sport dranzubleiben."
Dass geleiteter Gruppensport (auf Platz drei) – sei es in Cardio-, Tanz-, Spinning-, oder anderen Kursen – hoch im Kurs steht, wundert Kabietadiko nicht: "Die motivierende Dynamik, die dabei entsteht, ist großartig. Man kann sich austauschen, wird durch die anderen angetrieben und bekommt Rückmeldungen auf die eigene Leistung." Um zu gewährleisten, dass er allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern genügend Aufmerksamkeit widmen kann, trainiert Kabietadiko nur Gruppen mit maximal vier Personen. "Da habe ich alles im Blick und kann Qualität gewährleisten, damit die Leute schnell Fortschritte erzielen." Im angeleiteten Training zu mehrt sieht auch Koller Potenzial. Problematisch bewertet er, dass die Gruppengröße oft unüberschaubar ist – und Hilfestellungen untergehen. "Außerdem kann es passieren, dass man sich unter- oder überfordert fühlt."
Unter den Top 5 Fitnesstrends findet sich neben dem Schwitzen in der Gruppe und maßgeschneiderten Sporteinheiten (Platz fünf) auch das Freihanteltraining mit Kettle Bells und Medizinbällen (Platz vier) – laut Koller ideal zur Rumpfstabilisierung und gegen Rückenschmerzen. HIIT, High Intensity Interval Training, landete auf dem zweiten Rang.
Volle Power
Bei letzterem wird der Fokus verstärkt auf kurze und hochintensive Intervalle von Belastungs- und Erholungsphasen gelegt. Kabietadiko: "Es geht im Prinzip darum, in einer bestimmten Zeit möglichst viele Wiederholungen einer Übung zu schaffen, und zwar ohne Pause. Das treibt den Puls nach oben und kurbelt die Fettverbrennung an. Und das wirkt Untersuchungen zufolge auch nach dem Sport nach."
Wichtig sei, dass "man nicht mit zu langen oder intensiven Einheiten einsteigt, sondern die Form sukzessive aufbaut", ergänzt Koller. Grundsätzlich sei hochintensives Intervalltraining für eine breite Zielgruppe geeignet, sogar für Risikogruppen. Menschen mit Übergewicht, Raucher oder Herzinfarktpatienten nach der Reha könnten nach sportmedizinischer Abklärung profitieren.
Barre bis Floating Fitness: Diese Sportarten sind 2020 angesagt
Barre: Sport an der Stange
Wenn Ballett auf Pilates und funktionelles Training trifft, spricht man von Barre. Bekannt wurde Barre, als Hollywoodstars begannen, Fotos von sich beim Training im Netz zu posten. Wer beim Stichwort Ballett an rosarote Tutus und einen Knicks denkt, irrt. Das Ganzkörpertraining fördert Muskelaufbau, Beweglichkeit und Rhythmusgefühl. Die Ballettstange dient als Hilfe im Bewegungsfluss.
Gin Yoga: Berauschter Flow
2016 sorgte ein unkonventioneller Trend für Schlagzeilen: Beim Tequila Yoga kippt man ein Stamperl, bevor es losgeht. Ein Jahr später tauchte Bier Yoga auf – hier folgt nach jeder Pose ein Schluck. Das ebenfalls mit Vorsicht zu genießende Gin Yoga macht das heitere Trio nun komplett. Gin soll muskelentspannend wirken und so beweglicher machen.
Aqua Cycling: Im Wasser strampeln
Die Schwerkraft überlisten – das hat sich wohl schon so mancher Hobbysportler beim schweißtreibenden Sport gewünscht. Nichts leichter als das! Beim Aqua Cycling (z.B. in der Therme Wien) mutiert das Wasser zum idealen Trainingspartner: Zum einen verringert es gefühlt das Gewicht des eigenen Körpers – zum anderen übt Wasser einen 60-mal stärkeren Widerstand aus als Luft. Das Training im brusttiefen Wasser auf Hydro-Bikes schont Bänder und Gelenke, fordert die Muskeln, aktiviert den Stoffwechsel und verbessert Kondition und Atmung.
Floating Fitness: Agil am Wasser
Wasser erobert die Fitness-Szene. Anders als bei Aqua Gymnastik (siehe Aqua Cycling) geht es bei Floating Fitness nicht um Gelenksschonung, sondern den extra Trainingsreiz – dank Wackel-Effekt. Durch den instabilen Untergrund werden zentrales Nervensystem und Gleichgewicht gefordert, tiefe Muskelschichten müssen arbeiten.
Disco Spinning: Fit auf zwei Rädern
Zugegeben, Radergometer haben ein etwas verstaubtes Image. Dank Disco Spinning genießen die Geräte in den USA seit einiger Zeit wieder ein fetziges Ansehen. Hierzulande ist das Konzept noch relativ neu. Wer zu tollen Rhythmen und in Disco-Atmosphäre in die Pedale treten will, ist etwa beim Wiener Studio SuperCycle an der richtigen Adresse.
Achtsames Joggen: Innere Ruhe statt aus der Puste
Einen Fuß vor den anderen setzen – und dabei ganz bei sich sein. Was man aus dem Yoga-Sport kennt, findet nun auch beim Joggen Anwendung. Beim Mindful Running (Achtsames Laufen) werden Laufeinheiten mit Meditations- und Atemübungen kombiniert. Dabei dient die innere Haltung und bewusste Wahrnehmung der Umgebung als Ansporn. Kopfhörer, das Smartphone und Tracking-Geräte stören die Achtsamkeit, Anfänger können sich aber über Apps (z.B. Run Mindful, Run with Headspace) zu Meditationsläufen anleiten lassen.
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