Dass die Verknüpfung von Gerüchen und Gefühlen derart stark ist, beruht auf der Anatomie der Nase und des Riechprozesses: Jede der rund 20 Millionen Riechzellen gibt über ins Gehirn reichende Nervenfasern ihre Informationen an den Riechkolben ab. "Dort wird dann ein Duftmuster angelegt und von dort ins Gedächtnis- sowie ins Emotionszentrum geleitet, miteinander verknüpft", erklärte der deutsche Geruchforscher Hans Hatt kürzlich im KURIER-Gespräch.
Gleichzeitig passiert aber noch etwas Wichtiges: "Die Emotion des Moments wird gemeinsam mit dem Duftmuster abgespeichert." Und es ist immer noch längst nicht alles erforscht. Was den Zusammenhang zwischen dem Geruch von frischem Gras und Vertrauen angeht, ist noch vieles unklar. Etwa, ob jene Menschen, die in deren Körpergeruch Hexanal enthalten ist, tatsächlich vertrauensvoller auf ihr Umfeld wirken als andere, wird im Spektrum betont.
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Gefühle gehen durchs Riechorgan
Fest steht allerdings: Über unsere Nase sind auch Gefühle wahrnehmbar. Wessen Geruchssinn eingeschränkt ist, fühlt sich häufig nicht wohl – und das nicht nur deshalb, weil er oder sie aufgrund einer Verkühlung angeschlagen ist. Das wissen viele Menschen, denen im Zuge einer Corona-Infektion ihr Geruchssinn abhanden gekommen ist.
Neuesten Untersuchungen eines europäischen Forscherteams zufolge können Menschen die Emotionen von anderen in ihrer Umgebung richtiggehend riechen. So werden etwa Angst und Sorge auch über den Geruchssinn unbewusst wahrgenommen – und sie wirken ansteckend. Umgekehrt löst der Geruch von geliebten Menschen oder Freunden positive Emotionen und Freude aus. Das liegt wohl daran, dass der Geruchssinn einen wesentlichen Teil unserer Identität ausmacht. Er ermöglicht Bindung zu anderen Menschen und Teilnahme am Alltag.
Besserer Geruchssinn beeinflusst Beliebtheit und Freunde
Sogar auf die Anzahl an Freunden hat der Geruchssinn Auswirkungen, besagt eine Studie aus China. Wer besser riechen konnte, hatte in der Untersuchung auch mehr Freunde. Bettina Pause, biologische Psychologin an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf, spricht gegenüber Spektrum daher vom sogenannten "sozialen Geruchssinn". Dieser liege außerhalb unserer bewussten Wahrnehmung. Der Mensch bemerke lediglich, dass sich sein persönliches Körpergefühl verändere.
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Aber auch auf Freundschaften bezogen sei der Geruchssinn eine wichtige Komponente, da sich Freunde ebenso über den Geruchssinn finden, sagte Pause in einem Interview in der Frankfurter Rundschau. Sie verweist auf eine Studie, die sie mit ihrem Team durchgeführt hat. Diese habe gezeigt, "dass die genetische Ähnlichkeit von Freunden – und zwar überall auf der Welt – auch auf der Ähnlichkeit der Geruchssinneszellen basiert".
Apropos Freunde im wahrsten Wortsinn "riechen können": Man wählt offenbar genau jene Menschen als Freunde aus, die einem persönlich sowohl genetisch als auch in puncto Körpergeruch ähnlich sind. Das fanden deutsche Forscher 2022 heraus. Sie verglichen den Körpergeruch mehrerer Freiwilliger – und konnten so vorhersagen, welche davon sich zu Teams zusammengruppierten.
Fazit: Wer ähnlich roch, tauschte sich mit großer Wahrscheinlichkeit auch gerne miteinander aus. Es stimmt also offenbar die Chemie zwischen ihnen, wie es landläufig oft heißt.
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