Fünfte Welle in Südafrika: Was uns im Herbst erwarten könnte

Fünfte Welle in Südafrika: Was uns im Herbst erwarten könnte
Während wir auf die nächste Welle warten, ist sie in Südafrika mit BA.4 und BA.5 bereits angelaufen. Was das für Österreich bedeutet.

"Wir sind alle müde von dem Virus, aber das Virus ist noch nicht müde von uns", meint Virologe Tulio de Oliveira. Er leitet das Centre for Epidemic Response and Innovation (CERI) der Universität Stellenbosch in Südafrika und hat dort die Omikron-Varianten BA.4 und BA.5 entdeckt. Sie sorgen derzeit für den Beginn einer fünften Welle in dem Land, in dem auch die Omikron-Variante als erstes beschrieben wurde.

Die beiden Subvarianten, die erstmals Anfang März auffielen, sind in Südafrika bereits dominant. Trotz steigender Infektionszahlen und Hospitalisierungen sei die Zahl der Krankenhauspatienten allerdings niedriger als zu ähnlichen Zeitpunkten früherer Wellen. De Oliveira geht davon aus, dass die hohe Immunität der südafrikanischen Bevölkerung dazu beiträgt, die Effekte von BA.4 und BA.5 zu verringern, allerdings stehe die Welle noch am Anfang und die Zahl jener, die im Spital behandelt werden müssen, könne noch steigen.

Die Entwicklungen in Südafrika werden weltweit genau beobachtet. Die WHO stufte BA.4 und BA.5 bereits als besorgniserregend ein. Nach Südafrika wurden die beiden Subvarianten in Dänemark, Botswana, Portugal, Frankreich, England und Schottland festgestellt.

Erste Fälle in Österreich

Mittlerweile wurde sie in einigen weiteren Ländern nachgewiesen, darunter auch Österreich. Wien meldete erste Fälle, ebenso die Steiermark und Salzburg. Im bundesweiten Abwasser-Monitoring gibt es bisher noch keine Hinweise auf die neuen Virusvarianten.

Nicht vergleichbar

Hierzulande ist nach wie vor BA.2 dominant, die Infektionszahlen gehen aber deutlich zurück. "Man kann die Situation in Südafrika nicht eins zu eins auf Mitteleuropa umlegen. Die Omikron-Welle ist in Afrika wesentlich länger her und wir wissen, dass nach einer durchgemachten Infektion oder nach frischer Impfung für acht bis zwölf Wochen ein sehr guter Schutz vor symptomatischer Infektion gegeben ist, auch vor anderen Varianten. Wir haben also noch ein wenig Verschnaufpause, da gerade erst die BA.2-Welle abebbt“, sagt Virologin Monika Redlberger-Fritz von der MedUni Wien.

Noch gebe es nicht viele Informationen dazu, wie BA.4 und BA.5 charakterisiert sind. Erste Hinweise deuten darauf hin, dass es hinsichtlich des Krankheitsbildes keine großen Unterschiede gibt, die beiden Subvarianten aber infektiöser als BA.2 sind. "Das muss man im Kontext sehen, auch BA.2 war infektiöser als BA.1. Man vergisst aber, dass zwischen diesen beiden Varianten Zeit verstrichen ist, in der die Antikörper-Spiegel abgesunken sind", betont Redlberger-Fritz. Heißt: Je mehr Abstand zu einer vorherigen Welle ist, desto mehr Menschen infizieren sich bei einer neuen Variante, da ihr Schutz nach einer Infektion oder Impfung nachgelassen hat.

Kann sich Immunsystem entziehen

In Südafrika ist derzeit Herbst – und wie in vielen anderen Ländern in den vergangenen zwei Jahren – folgte er auf einen Sommer mit niedrigen Infektionszahlen und einer dadurch weniger gut geschützten Bevölkerung. Allerdings gibt es Hinweise, dass sich BA.4 und BA.5 dem Immunsystem besser entziehen können. Laut südafrikanischen Genomsequenzierungen enthalten sie Mutationen, die zum Teil schon von früheren Varianten bekannt sind und dafür sorgen, dass das Virus vom Immunsystem schlechter erkannt wird.

Immunflucht

"Zwischen den Omikron-Varianten gibt es riesige Unterschiede. Obwohl es dieselbe Omikron-Stammvariante ist, können diese Varianten einem Großteil der Antikörper entwischen", sagt der Wiener Virologe Lukas Weseslindtner. Aus diesem Grund seien Reinfektionen möglich – auch wer vor Kurzem mit BA.2 infiziert war, könne sich im Herbst und Winter mit BA.4 und BA.5 anstecken.

Weseslindtner: "Die gute Nachricht ist, dass neuerliche Infektionen immer milder werden. Das bildet sich auch in Südafrika ab und es ist sehr wahrscheinlich, dass eine solche Welle wieder zu uns kommt. ,Mild’ meint laut WHO-Definition aber, dass die Atemfunktion nicht so beeinträchtigt ist, dass zusätzlicher Sauerstoff gegeben werden muss – man kann also dennoch zwei Wochen sehr krank sein", so Weseslindtner.

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