Omikron BA.4 in Österreich: Disput ums Impfen

FILE PHOTO: Dose of CureVac vaccine or a placebo is seen in Brussels, Belgium
Die Omikron-Variante BA.4 ist in Österreich angekommen. Die Frage, ob man sich denn nun impfen lassen solle, wird unterschiedlich beantwortet.

Aktuell ist in Österreich die Omikron Variante BA.2 vorherrschend, davor war es BA.1. Wie gestern bekannt wurde, tauchen hierzulande jedoch auch schon die ersten Fälle der Omikron-Subvariante BA.4 auf. Österreich dürfte das erste europäische Land mit mehreren BA.4-Fällen sein. Um die 30 Samples, alle aus Wien, wurden gemeldet.

Die Fälle seien derzeit in Abklärung, bestätigt Andreas Bergthaler, Virologe und Immunologe an der MedUni Wien gegenüber dem ORF Wien.

BA.4 wie auch BA.5 stammen nicht direkt von BA.1 bzw. BA.2 ab, haben jedoch einen gemeinsamen Omikron-Urahn und werden von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als besorgniserregend eingestuft. 

Südafrika

BA.4 und BA.5 sind derzeit für eine sich rapide aufbäumende fünfte Welle in Südafrika verantwortlich. Das Land hatte die erste Omikron-Welle relativ rasch überstanden - ab Mitte Dezember ist die Zahl der Corona-Fälle zurückgegangen. Mit April jedoch hat sich der 7-Tage-Schnitt der Erkrankungen wieder von 1.170 auf 4.277 vervielfacht, die Infektionszahlen haben sich innerhalb einer Woche wieder mehr als verdoppelt. Ausschlaggebend dafür sind die beiden Subvarianten, wie Forscher der Universität Stellenbosch entdeckt haben.

Der Anteil von BA.4 und BA.5 am gesamten Infektionsgeschehen wächst rasch: Zunächst waren es nur vereinzelte Fälle, Anfang März stieg der Anteil dann auf rund fünf Prozent. Mitte April wurden BA.4 und/oder BA.5 bereits in sieben der insgesamt neun Provinzen des Landes gefunden. Bis zum 18. April war der Anteil auf 60 % bis 75 % der sequenzierten Fälle gestiegen.

In der jüngsten Publikation kommt de Oliveiras zu dem Ergebnis, dass BA.4 gegenüber BA.2 einen Wachstumsvorteil von 8 % hat, bei BA.5 könnte er sogar 12 % betragen.

Impfen oder nicht

BA.4 und BA.5 verbreiten sich also rasch und können durch eine Mutation am Spike-Protein auch die Immunantwort scheinbar gut umgehen. Ungeimpfte, die mit Omikron infiziert waren, können sich leicht wieder mit BA.4 und BA.5 infizieren. Die Antikörper-Antwort geimpfter Personen, die bereits eine Omikron-Infektion hinter sich hatten, fällt hingegen deutlich besser aus. Das zeigen Daten des südafrikanischen Wissenschaftlers Alex Sigal.

So stellt sich bei vielen Menschen die Frage: Soll ich mich jetzt, angesichts der ersten BA.4-Fälle in Österreich, sicherheitshalber impfen lassen? Antworten bekommt man auf diese Frage derzeit mehrere: 

Die EU-Arzneimittelbehörde EMA etwa hatte Anfang April erklärt, eine vierte Dosis für alle Bürger sei derzeit nicht notwendig. Sie könne aber für Menschen ab 80 Jahren sinnvoll sein angesichts des höheren Risikos einer schweren Covid-Erkrankung.

Für Österreich empfiehlt das Nationale Impfgremium (NIG) eine vierte Impfung aktuell nur für Risikogruppen, also für Über-80-Jährige sowie für Über-65-jährige mit Vorerkrankungen. Sie sollen frühestens vier Monate, idealerweise ein halbes Jahr nach dem dritten Stich noch einmal immunisiert werden. 

Die Stadt Wien wiederum setzt auf durchgehenden Impfschutz und empfiehlt die vierte Impfung allen Risikogruppen sowie allen Über-65-Jährigen vier Monate nach der dritten Teilimpfung. Herwig Kollaritsch, Impf-Experte und Mitglied des Nationalen Impfgremiums, sieht das "differenziert": "Man darf nicht vergessen, wenn ich jetzt Anfang Mai eine vierte Impfung vornehme, brauche ich vermutlich im Oktober einen fünften Stich. Das muss jetzt jeder selbst entscheiden, ob diese kurzen Abstände für ihn sinnvoll sind“, so Kollaritsch im Wien-heute-Interview.

Das Büro des Wiener Gesundheitsstadtrats Peter Hacker kontert trocken: Wenn dann die Herbstwelle komme, womit Experten, Virologen und Mediziner recht fix rechnen, spreche nichts gegen eine fünfte Impfung.

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