Anders als in Österreich, wo BA. 2 dominieren, treiben in Südafrika die Omikron-Untervarianten BA. 4 und BA. 5 die Zahlen in die Höhe: Der Anteil an den 500 sequenzierten Coronagenomen in der ersten Märzwoche hatte noch bei 5 Prozent gelegen - vier Wochen später ist dieser Anteil auf 50 Prozent gestiegen. In einem Tweet stellte der deutsche Virologe Christian Drosten fest, dass der R-Wert dieser Varianten derzeit bei 1,5 und damit im Bereich des exponentiellen Wachstums liegt.
Die Varianten BA.4 und BA.5 stammen nicht direkt von den in Österreich dominierenden Varianten BA.1 und BA.2 ab: Alle fünf Subvarianten haben jedoch einen gemeinsamen Omikron-Urahnen.
Südafrika kann mit seinem Surveillance-System die Ausbreitung neuer Viren besonders gut verfolgen: Jetzt veröffentlichten südafrikanische Wissenschafter ihre ersten Erkenntnisse zu einer möglichen Immunflucht von den beiden Omikron-Untervarianten und wie gut Omikron-Genesene vor diesen Varianten geschützt sind.
Der südafrikanische Wissenschafter Alex Sigal gab am Freitag erstmals Immunitäts-Daten über die neuen Untervarianten bekannt. Insgesamt zeigte sich eine nochmals verstärkte Antikörperflucht der beiden Omikron-Untervarianten, die zu neuen Infektionswellen wie in Südafrika führen dürfte. (Die Studie können Sie hier auf Englisch nachlesen)
Sigal untersuchte im Labor anhand von Blutproben Omikron-Genesener, wie stark ihre Immunität in Bezug auf die Untervarianten BA.4 und BA.5 war. Das Blut stammte von 24 ungeimpften Omikron-Genesenen sowie von 15 Biontech- und Janssen-Geimpften, die eine Omikron-Infektion durchgemacht hatten.
Das Ergebnis: Ungeimpfte, die mit Omikron infiziert war, können sich leicht wieder mit BA.4 und BA.5 infizieren, wie die Daten zeigen. Sie hatten sehr niedrige Neutralisationstiter gegen BA.4 und BA.5.
Die Antikörper-Antworten von Geimpften, die eine Omikron-Infektion hinter sich hatten, waren deutlich besser. Sie hatten zwar einen deutlich höheren Neutralisationstiter gegen die Untervarianten, aber dieser Schutz war viel niedriger im Vergleich zum Schutz vor einer neuerlichen Omikron-Infektion.
In dieser Studie wurde das Blut von vollständig Geimpften, die keine Omikron-Durchbruchsinfektion hatten, nicht untersucht.
Was bedeuten die Ergebnisse?
Neben einem Wachstumsvorteil gegenüber Omikron können nach diesen Daten beide Varianten Omikron-Antikörpern besser umgehen.
Der Wissenschafter zu seinen Ergebnissen, die er auf Twitter präsentierte: "Meine darauf basierende Vermutung: Die Flucht von BA.4/BA.5 ist zwar nicht so dramatisch wie die Flucht von Omikron vor dem Impfstoff oder der Delta-Immunität, reicht jedoch aus, um Ärger zu verursachen und zu einer Infektionswelle zu führen. Aber wahrscheinlich keine viel schwerere Krankheit als die vorherige Welle, insbesondere bei Geimpften."
De Oliveira stimmt dem zu: "Heute zeigen neue Ergebnisse unseres Freundes @sigallab, dass frühere Infektionen mit Omikron BA.1 nicht ausreichen werden, um eine zweite Infektion mit BA.4 und BA.5 zu verhindern." Und weiter: "Wir alle haben dieses Virus satt, aber es hat uns vielleicht nicht satt. Wir müssen jetzt die abnehmende Immunität durch frühere Infektionen ernst nehmen und zeigen, dass die Impfung viel zuverlässiger ist, um die Immunität aufrechtzuerhalten, als nur eine Infektion."
Im Vergleich zu Omikron besitzen BA.4. und BA.5 im Spike-Protein eine L452R-Mutation, die man bereits von Delta kennt. Man weiß, dass diese Mutation im Hamster die Virulenz erhöht und wohl auch für eine gewisse Immunflucht verantwortlich gemacht werden kann. Zusätzlich gibt es eine F486V-Mutation, die ebenfalls mit Immunflucht einhergehen dürfte.
Drosten und andere vermuteten bereits vor Veröffentlichung des Preprints von Sigal, dass die Variante einen Immunschutz in einer Bevölkerung unterlaufe, in der es wie in Südafrika keine BA.2-Welle gab. Da die beiden Untervarianten mit BA.2 näher verwandt sind als Omikron, könnten Genesene in Ländern wie Österreich und Deutschland besser geschützt sein.
Der deutsche Impfstoff-Forscher Leif Erik Sander stimmt dieser Sicht zu: "Interessant wird aber der Vergleich mit Immunseren von BA.2-Genesenen. Können sich BA.5 & BA.5 auch bei vorangegangener BA.2-Welle durchsetzen?" Der österreichische Viren-Jäger Ulrich Elling zeigte sich in dieser Hinsicht vorsichtig optimistisch.
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