Flaute bei Erststichen: Wer sich jetzt noch impfen lässt

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Die Impfzahlen sind niedrig wie nie. Wer sich jetzt noch (nicht) impfen lässt.
Geschlossene Impfstraßen, leere Wartebereiche: Zwar ist jeder Vierte in Österreich (24%) derzeit noch ungeimpft. Die Zahl jener, die sich impfen lassen, geht aber seit Wochen zurück. Ein neuer Negativrekord wurde am Sonntag verzeichnet: Nur 502 Impfdosen wurden innerhalb von 24 Stunden in Österreich verabreicht, das sind um 8,36 Prozent weniger als in der Woche davor. Lediglich 26 Menschen ließen sich österreichweit am Sonntag zum ersten Mal impfen.
Einen stärkeren Andrang als an den Wochenenden zuvor gab es nur im Austria Center Wien (ACV). Die meisten holten sich einen Zweit- oder Drittstich. 90 Menschen ließen sich am Freitag, Samstag und Sonntag zum ersten Mal impfen. "Wir führen den etwas stärkeren Andrang im ACV darauf zurück, dass mit Ende März zahlreiche andere Impfmöglichkeiten eingestellt wurden. Am ganzen Wochenende ließen sich im ACV rund 2.000 Menschen impfen, an den Märzwochenenden waren es meist um die 1.000 Impfungen", sagt Stefanie Kurzweil vom Samariterbund. So wurde etwa die Impfstraße im Amalienbad mit Ende März geschlossen. Alle anderen Impfstellen bieten nur noch eingeschränkte Öffnungszeiten an bestimmten Wochentagen an. Lediglich das Austria Center bleibt täglich geöffnet.
Der Anteil der Erstimpfungen liege hier laut Kurzweil aber seit Längerem stabil im Schnitt bei etwa bei zehn Prozent. "Wir gehen davon aus, dass diejenigen, die sich impfen lassen wollen, das schon getan haben", meint Kurzweil.
Naghme Kamaleyan-Schmied, Allgemeinmedizinerin und Vertreterin der Hausärztinnen und Hausärzte in der Wiener Ärztekammer, beobachtet ebenfalls ein Nachlassen bei Erstimpfungen. "Das ist mittlerweile wirklich die Ausnahme, dass jemand zum ersten Mal kommt. Wir haben gedacht, dass sich die Erstimpfungen steigern, wenn das Testen nicht mehr kostenlos ist. Der Ansturm blieb bisher aber aus." Unter den derzeitigen Erstgeimpften seien einige Menschen aus der Ukraine, wobei hier auch viele bereits zumindest eine Impfung hätten, sonst könne sie keine Muster feststellen. Kamaleyan-Schmied geht davon aus, dass für viele Ungeimpfte andere Themen derzeit wichtiger seien als die Impfung, etwa der Krieg in der Ukraine oder die Freude auf den Frühling.
Auch im Austrian Corona Panel Project, einer regelmäßigen Befragung der Uni Wien, gibt es kaum Verschiebungen hinsichtlich der Impfbereitschaft. "Seit bald einem halben Jahr hat sich nicht mehr viel getan. Wir sprechen schon sehr lange von einem letzten Kern, der nicht überzeugbar und schwer erreichbar ist", sagt Jakob-Moritz Eberl von der Uni Wien. Rund elf Prozent der Befragten seien nicht impfbereit. Am ehesten erreichbar sei die Gruppe der Zögerlichen – ihr Anteil beträgt derzeit rund fünf Prozent. Bei ihnen bröckle zwar "die harte Wand der Einstellungen", allerdings verändert sich ihr Anteil kaum. Zudem ließen sie sich nicht automatisch impfen. Anders als erwartet haben der lang ersehnte Impfstoff von Novavax sowie die Debatte um die Impfpflicht keine Anstiege bei den Impfwilligen gebracht.
"Was wir immer noch sehen ist, dass der größte Anteil an nicht impfbereiten Personen aus der Wählerschaft der FPÖ und der MFG sowie aus politikfernen Bevölkerungsschichten stammt. Es ist offensichtlich eine Ansammlung an Personen, die nicht von korrekten Informationen erreicht werden oder gegenläufige Informationen erhalten“, so Eberl. Motive, sich nicht impfen zu lassen, seien nach wie vor an die Stärke des eigenen Immunsystems zu glauben, den Schutz der Impfung zu bezweifeln und Nebenwirkungen zu fürchten.
Derzeit lagern in Österreich rund 14 Millionen Impfdosen, weitere 22 Millionen werden heuer noch geliefert. Ein Großteil davon wird übrig bleiben oder ablaufen - zum Vergleich: Bisher wurden 18 Millionne Dosen verabreicht.
Spenden
Der überwiegende Teil der nicht benötigten Impfstoffe soll an Länder gespendet werden, die sich die Vakzine nicht leisten können und in denen die Durchimpfungsrate daher gering ist. Ein Entsorgen soll laut Gesundheitsministerium möglichst vermieden werden.
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