Was steckt hinter Meldungen einer infektiöseren "XE"-Omikron-Variante"?
Sinkende Corona-Zahlen in Österreich und in vielen anderen Staaten führen zu einer gewissen Erleichterung. Die Sorge vor neuen Varianten, die das Infektionsgeschehen wieder antreiben könnten, ist aber groß.
In Großbritannien sind diese Sorgen bereits ziemlich konkret: Sowohl die britische Gesundheitsagentur UKHSA als auch die Weltgesundheitsagentur WHO berichten jetzt von einer "Mischung" - Rekombination - der Omikron-Subtypen BA.1 und BA.2, die möglicherweise noch infektiöser als BA.2 sein könnte.
Was bisher darüber bekannt ist.
Die WHO schreibt in ihrem jüngsten "Covid-19 epidemiologischen Update" unter dem Punkt "rekombinante Varianten" von einer sogenannten "XE Variante". Rekombinant bedeutet, dass sich genetische Merkmale zweier Varianten oder Subtypen nachweisen lassen, in diesem Fall von BA.1 und BA.2.
Diese "XE Variante" wurde erstmals in Großbritannien am 19. Jänner diesen Jahres nachgewiesen, mehr als 600 Fälle seither sind bestätigt. Erste Daten daten deuten auf eine um rund zehn Prozent höhere Wachstumsrate gegenüber BA.2 hin, heißt es in dem Bericht der WHO, XE wäre damit noch etwas infektiöser als BA.2.
Hinweise auf Ausbreitung
"Allerdings braucht es für diese Daten weitere Bestätigungen." Bisher ist diese Variante auch nur in Großbritannien nachgewiesen.
Zum Vergleich: Laut der britischen Gesundheitsagentur UKHSA ist die Wachstumsrate von BA.2 gegenüber BA.1 um 75 Prozent erhöht.
Die britische Gesundheitsagentur schreibt von 637 bestätigten Fällen: Es gebe Hinweise auf eine Ausbreitung unter der Bevölkerung in England, allerdings handle es sich derzeit um weniger als ein Prozent aller analysierten Proben.
Allerdings gibt es in anderen Ländern weitere Rekombinanten aus BA.1 und BA. 2, die ebenfalls der X-Abstammungslinie zuzurechnen sind. So gibt es zum Beispiel rund 60 Sequenzierungen von XM aus Deutschland und Holland sowie XN ebenso in Großbritannien. Zu diesen Rekombinanten gibt es aber keine Berichte über eine höhere Infektiosität.
Warnung vor Alarmismus
Der US-Virologe Jeremy Kamil warnt vor Alarmismus. XE sei eine Bezeichnung der wissenschaftlichen PANGO-Nomenklatur zur detaillierten Nachverfolgung der SARS-CoV-2-Varianten.
Es handle sich um keine neue "variant of concern" (VOC), also um keine neue besorgniserregende Variante.
XE sei im Wesentlichen BA.2 mit Mutationen von BA.1: "Es ist BA.2 das ein uninteressantes Stück von BA.1 aufgenommen hat. Es ist nach wie vor Omikron." Es handle sich um keine "Doomsday-Variante". Journalisten sollten keinen übertriebenen Hype um XE oder andere rekombinante Varianten machen.
Andere Experten weisen daraufhin, dass nur 600 Fälle in rund drei Monaten nicht auf einen großen Ausbreitungsvorteil hindeuten: "XE "könnte" ein wenig leichter übertragbar sein als die Eltern BA.1 und BA.2", schreibt etwa der Molekuarbiologe Nicholas Bauer aus Boston, USA.
Auch die WHO betont in ihrem Bericht, dass es sich nach wie vor um die Omikron-Variante handelte: "XE zählt solange zur Omikron-Variante, bis deutliche Unterschiede in der Übertragbarkeit, den Erkrankungseigenschaften, einschließlich der Erkrankungsschwere, berichtet werden."
In dem WHO-Bericht heißt es auch, dass es in der Woche vom 21. bis 27. März global einen 14-prozentigen Rückgang an neuen Fällen (insgesamt 10 Millionen) im Vergleich zur Woche davor gab. Die Zahl der neuen Todesfälle (mehr als 45.000) stieg allerdings um 43 Prozent, was aber auch mit einer Neudefinition der Zählweise in vielen Staaten zu tun habe.
Insgesamt wurden bis 27. März 479 Millionen Covid-19-Fälle und mehr als sechs Millionen Todesfälle gemeldet.
Unklar ist auch, ob es sich bei dem globalen Rückgang um eine tatsächliche Reduktion handelt oder nur um einen Effekt von weniger Testungen. "Als WHO sind wir besorgt über den deutlichen Rückgang an SARS-CoV-2-Testungen in verschiedenen Mitgliedsstaaten", heißt es in dem Bericht.
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