"Wenn ich eine ganz schnelle Bewegung fotografieren möchte, dann muss ich eine kurze Belichtungszeit wählen. Bei einer Kamera macht man das, indem man als Belichtungszeit etwa eine Tausendstel Sekunde wählt. Man kann das aber auch anders machen, indem man das Objekt, das sich schnell bewegt, nur ganz kurz beleuchtet." Und je schneller sich das jeweilige Objekt bewege, umso kürzer müsse der Lichtpuls werden - "ein unglaublich kurzes Blitzlicht sozusagen".
Ferenc Krausz sei es "durch spezielle Tricks" an der TU Wien gelungen,"ganz kurze Lichtblitze zu erzeugen, die nur Attosekunden lang sind. Damit kann man die Bewegung von Elektronen, die um einen Atomkern oder ein Molekül kreisen, abbilden."
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Er, Zeilinger habe schon Vorträge von Krausz gehört, wie er diese "irrsinnig schnellen Bewegungen" von Elektronen verfolgen kann. Eine Anwendung könnte in der Medizin liegen, "wenn ich feststellen kann, welche chemischen Reaktionen im Körper zu welchen Krankheiten führen".
Für Zeilinger ist es kein Zufall, dass es in zwei aufeinanderfolgenden Jahren einen Physik-Nobelpreis für einen österreichischen Forscher gibt: "Wir hatten beide von einer damals sehr offenen Forschungsförderung profitiert. Sie gab uns die Möglichkeit zu forschen, ohne von vornherein erklären zu müssen, wozu das gut ist."
Physik-Nobelpreisträger Zeilinger verweist aber auch noch auf einen anderen Aspekt: "Die Medizin-Nobelpreisträgerin Katalin Karikó und auch Ferenc Krausz sind in Ungarn ausgebildet worden. Ich habe keine Ahnung, wie das Bildungssystem dort heute ist: Aber zu der Zeit, wo die beiden ins Gymnasium und auf die Universität gingen, gab es noch Reste des auf die Monarchie zurückgehenden guten Ausbildungssystems - in Ungarn wahrscheinlich noch mehr als bei uns. Das ist ja eine Basis, die nicht so schnell verschwindet, da gab es noch Rückwirkungen, auch in Österreich."
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Heute sei die Situation eine andere: "Früher hat die Matura gereicht, um eine Universität besuchen zu können, heute muss man Aufnahmeprüfungen machen. Da stimmt doch etwas mit dem Bildungssystem nicht."
Gleichzeitig seien die Universitäten "total verschult" und die Forschungsförderung "so bürokratisiert, dass das eine Gefahr für die Zukunft ist".
Ausbildung und Forschungsförderung müssten gezielter erfolgen: "Natürlich muss man den Benachteiligten Chancen geben, aber man muss auch die Top-Leute fördern, ihnen die Möglichkeit geben, ihren eigenen Weg zu finden." Aber das werde nicht mehr gemacht: "Das finde ich ist eine Tragödie".
Ob die beiden Nobelpreise auch der Wissenschaftsskepsis in Österreich entgegenwirken werden? "Da sehe ich hauptsächlich die Medien in der Verantwortung; "generell wurde die Wissenschaftsberichterstattung wesentlich zurückgefahren." Er habe es in der der Pandemie "unerträglich gefunden, dass man vielfach die Impfgegner auf eine Stufe gestellt hat wie die Impfbefürworter. Weil wissenschaftlich gesehen war es ja überhaupt keine Frage, wer von den beiden recht hat."
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