Dieser Frage hat sich der WWF in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsuniversität Wien (WU Wien) gewidmet. Herausgekommen ist die "Ernährungspyramide 2.0".
Mehr Getreide, weniger Fleisch
"Wir haben an den wichtigsten Stellschrauben gedreht, um die Auswirkungen der Ernährung unter anderem in den Bereichen Treibhausgasemissionen, Flächennutzung und Biodiversität zu minimieren – und die Versorgung mit Makronährstoffen (Nährstoffe, die dir Energie liefern: Kohlenhydrate, Proteine und Fette, Anm.) gleichzeitig aufrechtzuerhalten", erklärt Martin Bruckner vom Institut für Ecological Economics der WU Wien.
Der Konsum von Getreide und Erdäpfeln sollte von derzeit empfohlenen 4 auf 5 Portionen (1 Portion = eine Handvoll) täglich gesteigert werden.
Hochgeschraubt sollte auch der Konsum von proteinreichen Hülsenfrüchten sowie pflanzlichen Ölen, Nüssen und Samen werden. Die Mengenempfehlung von Obst und Gemüse bleibt bestehen. Beim ressourcenintensiv angebauten Kaffee, Tee und Kakao empfiehlt die Studie eine Reduktion von bisher maximal drei auf eine bis zwei Tassen pro Tag. Fette, süße und salzige Snacks sollten weiterhin selten konsumiert werden.
Größere Einschränkungen sind bei tierischen Lebensmitteln vorgesehen: Fleisch, Eier und Fisch sollten nur mehr halb so oft gegessen werden – konkret würde das einen Konsum von 1 bis 2 Eiern pro Woche, von maximal einer Portion fettarmem weißem Fleisch pro Woche und maximal einer Portion rotem Fleisch innerhalb von zwei Wochen bedeuten. Auch bei Milchprodukten wird eine Reduktion um zwei Drittel gefordert. Derzeit werden täglich 3 Portionen empfohlen.
Beim Fleischkonsum besteht hierzulande besonders viel Handlungsbedarf: 59 Kilogramm Fleisch werden in Österreich pro Kopf und Jahr gegessen. In der Ernährungspyramide werden schon aktuell nur 21 Kilogramm pro Kopf empfohlen – würde dieser Wert eingehalten, würde sich das bereits merklich auf die Umweltverträglichkeit auswirken.
Mehr Ernährungswissen
Jürgen König, Leiter des Department für Ernährungswissenschaften an der Uni Wien, kann die Idee hinter der Abänderung verstehen. Im Wesentlichen stünden die WWF-Empfehlungen im Einklang mit der Planetary Health Diet. Dabei handelt es sich um einen Speiseplan, der gleichermaßen die Gesundheit des Menschen wie die des Planeten schützen soll.
"Die WWF-Ernährungspyramide kann grundsätzlich funktionieren und ist mit einer gesunden Ernährung vereinbar", sagt König. "Je stärker man bestimmte Lebensmittelgruppen einschränkt, desto mehr muss man prinzipiell darauf achten, dass man den Wegfall der Inhaltsstoffe durch den Konsum von anderen Lebensmitteln kompensiert." Dafür brauche es letztlich "mehr Ernährungswissen in der Bevölkerung".
Bei der klassischen Ernährungspyramide gehe es laut König darum "ein Konzept anzubieten, dass für die Menschen leicht umsetzbar ist". Allzu radikale Veränderungen sollten vermieden werden, "sonst ist der Schritt zur Veränderung groß und die Motivation zu klein". Gerade beim – in Österreich sehr hohen – Fleischkonsum müsse die Botschaft, dass dieser gesundheitlich jedenfalls ungünstig ist, aber weiterhin unterstrichen werden, betont der Experte.
Vielschichtige Maßnahmen
Unter Klima-Expertinnen und -Experten herrscht seit geraumer Zeit Konsens darüber, dass die Ernährung einen relevanten Hebel beim Schutz des Planeten darstellt. Zwar lasse sich mit ernährungsspezifischen Maßnahmen viel erreichen, über den individuellen Konsum allein werde es allerdings nicht möglich sein, "unseren Planeten langfristig und nachhaltig intakt zu halten", betont Bruckner. Er fordert auch Maßnahmen aufseiten der Produktion – etwa bei der Landnutzung oder dem Einsatz fossiler Brennstoffe in der Landwirtschaft.
"Der Konsument kann die Verantwortung für unsere Zukunft nicht allein tragen", sagt auch Bayaty. Neben der Etablierung der neuen Ernährungspyramide sollte Ernährungsbildung als verpflichtendes Schulfach eingeführt werden: "Die Menschen haben vergessen, was wann wo wächst. Unsere Kinder sollten wieder lernen, was gesund für den Menschen und die Umwelt ist."
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