Nicht alle dieser ehemals Infizierten sind heute gegen das SARS-CoV-2-Virus immunisiert. Etwa, weil sie nach der Infektion keine entsprechende Immunantwort ausgebildet haben - und bei vielen ist mittlerweile die Immunantwort auch abgeschwächt, so sie sich nicht impfen haben lassen. Etwa neun Prozent der Gesamtbevölkerung hatten Anfang November ihre Immunität ausschließlich aufgrund einer überstandenen Covid-Erkrankung, heißt es in der "Modellbasierten Schätzung des Immunisierungsgrades in Österreich" des Unternehmens dwh, einem Spin-off der Technischen Universität Wien.
"Wir brauchen noch eine Million Impfwillige in den nächsten Wochen für einen guten Herbst", hatte Niki Popper Anfang September auf Twitter geschrieben. "Vor kurzem haben wir seit diesem Datum die Marke von 600.000 zusätzlich Geimpften erreicht. Da kann man jetzt noch die seither Genesenen dazu rechnen, aber trotzdem reicht es noch nicht", betont der Simulationsforscher: "Das Traurige ist: Das sind ja gar nicht so viele, die uns fehlen. Es hätte halt einer gewissen Anstrengung bedurft, das zu erreichen. Dass wir das nicht geschafft haben, kommt uns jetzt halt teuer zu stehen."
Derzeit zeige sich, dass der Unterschied zwischen einer Impfrate von knapp über 60 Prozent (Oberösterreich) und 72 Prozent (Burgenland) "einen gewaltigen Unterschied in der Dynamik des Infektionsgeschehens" ausmache, betont Popper. "Im Moment sind wir in der Pandemie in einer Phase, in der die Intensivkapazitäten weitgehend ausgeschöpft sind und wir mit einer Zeitverzögerung einen Anstieg in der Hospitalisierung sehen. Da müssen sich die Politiker die Frage stellen, ob sie sich das weiter anschauen wollen. Wir können sie nur darauf hinweisen, wie die Situation derzeit ist."
Wie lange der Anstieg bei den Infektionszahlen noch andauern werde, hänge von zwei Faktoren ab: "Wie schnell kommen wir mit den Impfungen voran - und mit welchen Maßnahmen drücken wir gegen die Virusausbreitung."
Derzeit sind 65,5 Prozent der Gesamtbevölkerung doppelt geimpft.
Auch in Deutschland geht man von einer großen Dunkelziffer bei den Infektionszahlen aus. Laut einer deutschen Studie wurde zwischen Oktober 2020 und Februar 2021 jede zweite mit SARS-CoV-2 infizierte Person nicht getestet und blieb damit für die Statistik unerkannt. In einem aktuellen Interview mit der deutschen Welle sagt der Epidemiologe Hajo Zeeb, dass derzeit in Deutschland "die uns bekannten Fälle zwischen der Hälfte und einem Drittel der tatsächlichen Zahlen ausmachen".
"Es ist davon auszugehen, dass Deutschland eine noch viel höhere Dunkelziffer hat", sagt Popper, "weil sie viel weniger testen als wir in Österreich".
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