Covid, Influenza, RSV: Wer soll wann womit geimpft werden?
Mitte Juli waren 38 Personen wegen Covid-19 stationär in einem Spital in Österreich aufgenommen, in der Woche bis 10.9. waren es 183 - allerdings sind die Daten noch nicht vollständig. Eine neue Covid-Welle baut sich also auf, das zeigen auch die Daten des Abwassermonitorings. Die im Abwasser von Kläranlagen gemessene Virenfracht entspricht jener von April. Seit Montag ist auch bei den ersten Impfstellen der neue Covid-19-Impfstoff verfügbar. Im Laufe der kommenden Tage bzw. Anfang kommender Woche sollten dann alle Ärztinnen und Ärzte, die impfen werden, beliefert sein. Gleichzeitig startet im Oktober die jährliche Influenza-Impfkampagne. Und erstmals gibt es auch zwei Impfstoffe gegen RSV, einen Erreger von Atemwegserkrankungen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu den Herbstimpfungen.
Wem wird jetzt die Covid-19-Impfung empfohlen?
"Bevorzugt empfohlen" wird die Impfung Personen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf, dazu zählen:
- Personen, die 60 Jahre und älter sind (auch ohne zusätzliche Risikofaktoren)
- Schwangere
- Personen mit Trisomie 21
- Personen mit chronischen Grunderkrankungen (z. B. der Atemwege, des Herz-Kreislauf-Systems, der Nieren, des Stoffwechsels, neurologische und psychiatrische Erkrankungen, chronisch-entzündlichen Erkrankungen)
- Personen mit Krebserkrankungen
- Personen mit Immundefekten
- Stark übergewichtige Personen (BMI 30 oder mehr)
- Generell in Alten- und Pflegeeinrichtungen betreute Personen sowie Personen mit intellektuellen oder körperlichen Beeinträchtigungen
Weiters empfohlen wird die Impfung dem Personal im Gesundheitswesen und generell allen Personen ab dem vollendeten 12. Lebensjahr.
In Deutschland wird eine Auffrischung erst ab 60 Jahren empfohlen, in Österreich aber bereits ab 12 Jahren. Warum?
Die deutsche Ständige Impfkommission (Stiko) sieht für gesunde jüngere Menschen derzeit keine Notwendigkeit zur Auffrischimpfung. Ihre Begründung: "Der Großteil der Bevölkerung ist bereits mehrfach geimpft und hat aufgrund zusätzlich durchgemachter SARS-CoV-2-Infektion(en) eine gute Basisimmunität erworben."
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Impfexperte Herwig Kollaritsch, Mitglied des Nationalen Impfgremiums, betont, dass auch in Österreich die Altersgrenze intensiv diskutiert wurde, dann aber für die Empfehlung die Altersgrenze bei 12 Jahren angesetzt wurde: „Wir wissen bei den derzeitigen XBB-Varianten wie EG.5 aber nicht, wie lange mit der bisherigen Immunität ein Schutz vor schweren Erkrankungen besteht. Auch gegen andere virale Infektionen ist schließlich eine regelmäßige Auffrischung sinnvoll.“ Und damit werden – in den ersten Monaten danach – auch symptomatische Infektionen reduziert und so auch das Long-Covid-Risiko gesenkt - weil es einfach weniger Infektionen gibt, lautet die Argumentation für die Empfehlung ab 12 Jahren.
Was ist an dem neuen Covid-Impfstoff anders?
Der Impfstoff wurde an derzeit zirkulierende Virusvarianten angepasst. Dabei handelt es sich um eine Unterlinie von Omikron (XBB.1.5.) Durch einen Booster mit dieser angepassten Impfung verbreitere sich die Antikörper-Antwort, „und es werden auch Antikörper gebildet, die diese Variante wieder besser neutralisieren können“, sagte der Leiter der Abteilung für Infektiologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin, Leif-Erik Sander, dem deutschen Science Media Center. Das bedeutet: Der Schutz steigt. Dies gelte generell für alle zirkulierenden Varianten.
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Für Aufsehen sorgte in den vergangenen Wochen die genetisch stark veränderte Subvariante Pirola (BA.2.86). Labordaten zeigen, dass der neue Impfstoff auch bei dieser Subvariante die Infektion von Zellen durch das Virus bremsen bzw. stoppen kann. Der Schutz vor schweren Krankheitsverläufen wird erhöht. Eine Schweizer Studie ergab, dass Covid-Impfungen die Zahl der Ansteckungen zumindest für einen gewissen Zeitraum reduzieren, aber nicht komplett verhindern.
Wie groß sollte der Abstand zur letzten vorangegangenen Impfung oder Infektion sein?
- Bei Gesunden wird ein Mindestabstand von mindestens 6, idealerweise 12 Monaten empfohlen.
- Bestimmte Risikopersonen (Personen ab 60 Jahren, Personen mit geschwächtem Immunsystem) können auch schon früher, nach 4 Monaten, geimpft werden. "Ein Mindestabstand von 4 Monaten zur vorangegangenen Exposition sollte aber auch bei diesen Personen nicht unterschritten werden", heißt es im Impfplan.
Wo wird jetzt geimpft?
In erster Linie bei niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten, wobei es regional auch noch einige andere Impfstellen gibt, etwa die Gesundheitszentren der ÖGK oder in Wien beim Impfservice Town Town. Auf den Internet-Angeboten der Landesärztekammern finden sich teilweise Listen von speziellen Covid-19- und Influenza-Impfärzten, etwa in Wien oder in Niederösterreich. Aber Achtung: Ist die eigene Hausärztin oder der eigene Hausarzt nicht auf dieser Liste, so heißt das nicht, dass er nicht ebenfalls impft.
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"Die Ärztinnen und Ärzte auf unserer Liste sind jene, die auch Fremdpatientinnen und Fremdpatienten impfen", heißt es bei der niederösterreichischen Ärztekammer zur Erklärung.
Sascha Bunda von der Österreichischen Ärztekammer: "Für die Influenza-Impfung und für die Covid-Impfung wird zunächst auf den behandelnden Hausarzt verwiesen. Bei der Covid-Impfung bieten einige Bundesländer eine Liste mit Ärzten an, die Covid-Impfungen anbieten (Wien, Stmk) oder eine Liste mit Ärzten, die auch 'Fremdpatienten' impfen (NÖ, OÖ). Vorarlberg überarbeitet seine Liste aktuell, das Burgenland bearbeitet seine Liste."
Ab wann wird geimpft?
In den Gesundheitszentren der ÖGK zum Beispiel bereits seit Montag. "Ärztinnen und Ärzte, die in der vergangenen Woche bereits bei uns Impfstoff bestellt haben, bekommen ihn im Laufe dieser Woche geliefert", sagt Kathrin McEwen von der Wiener Ärztekammer. "Wer diese Woche bis Donnerstag bestellt, erhält die bestellte Menge dann kommende Woche, in der Regel immer bis Dienstag."
"Die Covid-19-Impfstoffe werden auch für diese Impfsaison durch das Gesundheitsministerium beschafft und den Bundesländern zur Verfügung gestellt. Die Auslieferung der an die XBB-Varianten angepassten Impfstoffe hat bereits letzte Woche begonnen", heißt es im Gesundheitsministerium.
In Deutschland werden organisatorische Probleme befürchtet, weil zumindest vorerst der Impfstoff nicht in Einzeldosen geliefert werden kann. Wie ist das in Österreich?
Den Biontech-Impfstoff gibt es anwendungsfertig derzeit nur in Durchstechflaschen mit jeweils sechs Einzeldosen, die innerhalb von zwölf Stunden verabreicht werden müssen. Gibt es in diesem Zeitraum nicht genug Imfpwillige, muss der restliche Impfstoff verworfen werden. "Wir sind damit nicht zufrieden, organisatorisch wären Einzeldosen viel besser", sagt auch Kathrin McEwen von der Wiener Kammer.
Wie ist das heuer mit der Influenza-Impfung?
Erstmals wird es ein österreichweites Influenza-Impfprogramm der öffentlichen Hand geben. Österreichweit ist die Influenza-Impfung heuer zu einem Selbstbehalt von sieben Euro erhältlich. Und zwar direkt beim Arzt, man muss sie sich nicht mehr selbst in der Apotheke besorgen. Möglich wurde dies aufgrund einer Vereinbarung zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherung. Für Personen unter 18 Jahren sowie von der Rezeptgebühr befreite Personen ist die Impfung gratis. Auch bei Impfaktionen in Betrieben sowie Alten- und Pflegeheimen entfällt der Selbstbehalt für Impfwillige.
Diese österreichweite Vereinheitlichung des Impfprogramms für Influenza bedeutet aber gleichzeitig das Ende der Gratis-Impfaktionen in Wien. Seit 2020 hatte die Stadt Wien jährlich zu Beginn der Grippesaison im Herbst gratis Impfungen bei Impfstellen angeboten.
Die sieben Euro sind übrigens ein Teil des Honorars für den Arzt, heißt es auf der Website der ÖGK: "Sie (gemeint sind die Ärztin bzw. der Arzt) erhalten pro Impfstich 15,00 Euro. Der Selbstbehalt von 7,00 Euro ist Teil des Honorars und verbleibt bei der Ärztin bzw. beim Arzt. Eine private Abrechnung des Impfstichs bzw. eine Zuzahlung sind nicht zulässig."
Wem wird die Influenza-Impfung empfohlen?
Die Impfung ist ab dem vollendeten 6. Lebensmonat allgemein empfohlen. Vorrangig empfohlen ist sie Personen ab dem vollendeten 60. Lebensjahr, Personen mit bestimmten chronischen Erkrankungen (z. B. chronische Lungen-, Herz-, Kreislauf-, Nieren- oder neurologischen Erkrankungen sowie auch Stoffwechselerkrankungen) sowie Personal im Gesundheitswesen und in der Altenpflege.
Ab wann sollte man sich gegen Influenza impfen lassen?
"Idealerweise wird die Influenza-Impfung Ende Oktober bzw. im November verabreicht", heißt es im Österreichischen Impfplan. Damit ist in der Regel noch Zeit genug, um bis zur ersten Grippewelle einen guten Impfschutz aufzubauen, gleichzeitig hat man aber auch noch Ende des Winters einen guten Schutz. Der Start für die Impfaktion gegen die echte Virusgrippe ist Anfang Oktober, in den Impfzentren der ÖGK etwa am 2.10. Für die Koordination der Impfaktion ist die Österreichische Gesundheitskasse zuständig.
Kann man sich gleichzeitig gegen Covid-19 und Influenza impfen lassen?
Ja, da spricht grundsätzlich nichts dagegen. Studien zeigten, dass dies keinen für den Schutz wirklich relevanten Einfluss auf die Bildung der Antikörper hat. Allerdings: Kommt es zu einer Impfreaktion, weiß man nicht, welche Impfung sie verursacht hat.
Wie ist das mit den neuen Impfungen gegen RSV?
Gegen den Erreger von Atemwegserkrankungen, RSV (respiratorisches Synzytial-Virus), wurden heuer zwei Impfstoffe zugelassen. Sie sind für Menschen ab 60 Jahre gedacht und einer der beiden auch für Schwangere mit dem Ziel, den Immunschutz an das Baby weiterzugeben. Das Nationale Impfgremium empfiehlt die Impfung ab dem vollendeten 60. Lebensjahr. Denn bei älteren Personen werde die Bedeutung der RSV-Infektion unterschätzt, weil routinemäßig kein Virusnachweis erfolge. Laut einer neuen Studie betrage die Rate an akuten RSV-Erkrankungen der unteren Atemwege bei Personen im Alter von 60 Jahren und älter 1,6 Prozent pro Saison.
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Eine direkte Empfehlung für Schwangere gibt es nicht. Im Impfplan heißt es lediglich: "Schwangere können auf Wunsch entsprechend der Zulassung einmalig ... geimpft werden." Hintergrund der Zurückhaltung von Experten sowohl in Österreich als auch in Deutschland, was die Impfung von Schwangeren betrifft: In einer der Studien zeigten sich etwas mehr Frühgeburten bei den geimpften Frauen. Das könnten auch zufällige Beobachtungen sein, zumal die Unterschied zu den Ungeimpften statistisch nicht signifikant waren. Aber diese gewisse Unsicherheit mache eine generelle Impfempfehlung für alle Schwangeren vorerst schwierig.
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