Covid-19: Bei wem Remdesivir einen "beträchtlichen Zusatznutzen" hat

Remdesivir (Handelsname: Veklury) muss frühzeitig eingesetzt werden.
Neue unabhängige Untersuchung zeigt höhere Überlebenschance durch Verabreichung dieses Wirkstoffes bei einem Teil der Covid-Erkrankten.

Das Medikament Remdesivir galt zu Beginn der Coronapandemie als einer der ganz großen Hoffnungsträger. Diese Erwartungen konnte der Wirkstoff, der ursprünglich zur Behandlung von Infektionen mit dem Ebolavirus entwickelt wurde, aber nicht erfüllen.

Jetzt zeigt eine frühe Nutzenbewertung des deutschen Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) bei einer Patientengruppe sogar einen "beträchtlichen Zusatznutzen": Moderat erkrankte Covid-19-Patienten, die "nur" eine leicht unterstützende Sauerstofftherapie erhalten (Low-Flow-Sauerstofftherapie), erholen sich schneller und auch ihr Sterberisiko sinkt. Das IQWIG ist in seinen wissenschaftlichen Bewertungen unabhängig.

Remdesivr ist seit Juli 2020 in der EU bedingt zugelassen. Und zwar zur Behandlung von Covid-19 bei Erwachsenen und Jugendlichen ab zwölf Jahren mit einer Lungenentzündung,  die zusätzlich Sauerstoff, aber keine invasive Beatmung benötigen. Basis für diese Zulassung war eine Studie, die gezeigt hatte, dass Remdesivir bei Covid-19-Patienten die Zeit bis zu einer Genesung im Schnitt um vier Tage verkürzen kann - von 15 auf 11 Tage. Uneinheitlich waren bisher die Daten, ob auch die Zahl der Todesfälle gesenkt werden kann.

"Selten stand ein neuer Wirkstoff so sehr im Fokus der weltweiten Öffentlichkeit wie Remdesivir zu Beginn der Covid-19-Pandemie", wird Thomas Kaiser, Leiter des IQWIG-Ressorts Arzneimittelbewertung, in einer Aussendung zitiert. "Heute, ziemlich exakt ein Jahr nachdem die Europäische Kommission eine bedingte Marktzulassung erteilt hat, wissen wir: Covid-19-Erkrankte mit Lungenentzündung, die zu Therapiebeginn lediglich eine Low-Flow-Sauerstofftherapie benötigen, profitieren beträchtlich von der Behandlung mit Remdesivir."

Sind die Patientinnen und Patienten bereits schwerer erkrankt und benötigen eine intensivere High-Flow-Sauerstofftherapie, profitieren sie hingegen nicht. Kaiser: "Entscheidend ist, die richtigen Patienten zum richtigen Zeitpunkt mit dem Wirkstoff zu therapieren."

Die deutschen Experten haben die Daten aus drei Studien mit insgesamt 1895 Covid-19-Erkrankten analysiert. Für die Gruppe der Erwachsenen mit Lungenentzündung und nur leichter Atemunterstützung  "zeigen sich in der Gesamtschau ganz überwiegend positive Effekte von Remdesivir im Vergleich zur Standardtherapie": Neben der rascheren Erholung konnte auch eine höhere Überlebenschance nachgewiesen werden.

Zu Nebenwirkungen gab es zwar keine verwertbaren Daten, allerdings werden anhand der vorliegenden Informationen "keine negativen Effekte in einem Ausmaß vermutet, welches einen Zusatznutzen in Frage stellt".

Die Ergebnisse sind auch insoferne von Bedeutung, als frühere Bewertungen in der Frage der höheren Überlebenschance zu keinem eindeutigen Urteil kamen. So fiel  vor kurzem eine Analyse durch das Austrian Institute for Health Technology Assessment (AIHTA) zu Remdesivir noch deutlich zurückhaltender aus: "Die derzeit verfügbaren Daten zeigen, dass das Mittel zwar eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes etwas verzögern kann, eine Behandlung mit Remdesivir verhindert aber wahrscheinlich keine Todesfälle durch Covid-19."

Laut AIHTA zeigten sich die besten Ergebnisse in der Therapie von Covid-19 bisher bei dem Kortisonpräparat Dexamethason: Damit konnte bei Patientinnen und Patinenten, die eine Sauerstofftherapie benötigten, die Sterblichkeit signifkant gesenkt werden.

Erst vor wenigen Tagen hat die EU-Kommission fünf Medikamente gegen Covid-19 vorgestellt, die möglicherweise schon im Oktober zugelassen werden könnten. Vier davon sind sogenannte monoklonale Antikörper. Diese werden im Labor hergestellt und sollen das Virus nach einer Infektion angreifen - bisher zeigten sich gewisse Effekte aber nur in einem frühen Krankheitsstadium. Und diese Antikörper müssen intravenös verabreicht werden.

Experten sehen deshalb nur eine sehr beschränkte Einsatzmöglichkeit für diese, auch recht teuren, Präparate. Ein weiteres Medikament (Olumiant) wird bei entzündlichem Rheuma eingesetzt und könnte auch bei schweren Covid-19-Verläufen eine entzündungshemmende Wirkung zeigen.

 

 

 

 

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