Coronavirus: Wenn Ärzte selbst Patienten sind
Drei Tage, nachdem er in seiner Ordination einen langjährigen Patienten behandelt hatte, traten beim Wiener Orthopäden und Unfallchirurgen Georg Mair schwere Kopfschmerzen auf. Was er nicht wusste: Sein Patient war in der Woche davor, der ersten Märzwoche, auf Skiurlaub in Ischgl gewesen, wurde tatsächlich positiv getestet. "Als ich das erfuhr, war ich bereits krank."
Aus Vorsicht hatte sich der 47-Jährige schon bei den ersten Symptomen in freiwillige Quarantäne begeben. Bis er positiv getestet wurde, vergingen einige Tage. Einige Tage fieberte er leicht, eine Woche lang litt er zudem an Geruchs- und Geschmacksstörungen. "Vor allem meine Kondition war am Boden. Der Körper war vollauf damit beschäftigt, das Virus zu bekämpfen. Da spielt sich offenbar einiges ab im Körper."
Während seiner Heimquarantäne ließ ihn das Virus auch fachlich nicht los. "Ich wollte wissen, ob ich selbst Antikörper gegen das Virus habe und ob sie fähig sind, das Virus an der Vermehrung zu hindern." Das kann man mit einem Neutralisationstest nach einer Plasmaspende überprüfen, etwa beim Roten Kreuz. Das Ergebnis erhielt Mair dieser Tage: Sein Körper hat die betreffenden neutralisierenden Antikörper gebildet. „Scheinbar schützen diese. Wie lange es anhält, weiß man natürlich nicht.“ Das möchte er mit weiteren Tests beobachten. "Ich hoffe, damit etwas beitragen zu können."
"Zu allem anderen auch ein schlechtes Gewissen"
Die Arbeit mit Covid-19-Patienten in einem Krankenhaus in Bayern hat die Niederösterreicherin Lisa Pfligl, 28, nicht beunruhigt. „Die Situation wurde täglich angepasst und wir hatten ausreichend Schutzkleidung“, erzählt die Assistenzärztin für Innere Medizin. Ende März fühlte sich die Hobbysportlerin nach 16 Tagen durchgehendem Dienst schlapp.
Anfangs schob sie die Gliederschmerzen auf das Arbeitspensum. „Ich habe mir aber vorgenommen, bei Fieber sofort zu reagieren.“ Das stellte sich am nächsten Tag mit 40 Grad ein, vom Spital wurde ein Abstrich organisiert: positiv. Unangenehm hat Pfligl das Informieren ihrer Kontakte in Erinnerung. „Zu allem anderen kommt auch noch ein schlechtes Gewissen, dass man Kollegen angesteckt haben könnte.“
Das war nicht der Fall. Auch ihr Freund war nicht infiziert, blieb aber in Heimquarantäne. Das Fieber verschwand zwar nach drei Tagen, doch dann kamen die Atembeschwerden dazu. Das beunruhigte nun doch: „Ich wusste ja aus dem Krankenhaus, wie schnell es zu einer Verschlechterung kommen kann.“ Nach einer Woche Bettruhe verbesserte sich aber ihr Zustand langsam. Negativ war dann erst der zweite Test nach drei Wochen. Etwas Positives kann die junge Ärztin ihrer Erkrankung abgewinnen: Ihr wurde Blut für eine Antikörper-Studie abgenommen. „Vielleicht kann man davon profitieren.“
"Gewohnt, den Menschen zu helfen – und nicht, sie anzustecken"
Rund vier Wochen waren Isabella Fladerer, 36, und Bernd Hermann, 41, während ihrer Erkrankung an Covid-19 nicht fit. „Bei leichten Anstrengungen wie Stiegensteigen war ich außer Atem, das hat längere Zeit gedauert“, erinnert sich der Unfallchirurg des KH Schärding (OÖ) im KURIER-Gespräch.
Wo er und seine Lebensgefährtin sich angesteckt haben, ließ sich im Nachhinein nicht mehr eruieren. Isabella Fladerer, Allgemeinmedizinerin, vermutet aber, dass es in der Praxis passiert ist. „Wir waren weder im Ausland noch in einem Skigebiet und in unserem Umfeld sowie in der Familie sind alle gesund geblieben.“ Das war während ihrer Erkrankung eine Beruhigung: „Als Arzt ist man ja gewohnt, den Menschen zu helfen, und nicht, sie anzustecken“, sagt Hermann.
Die ersten Symptome zeigten sich bei Fladerer an einem Morgen Ende März: „Ich habe mich krank gefühlt.“ Ihr Lebensgefährte verspürte einige Stunden später Kopfschmerzen und Müdigkeit. An die Möglichkeit einer Infektion mit dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 dachten beide gleich. „Es war naheliegend, weil die Symptome in dieser Art nirgends dazu passen, das man kennt“, sagt Hermann.
Isabella Fladerer informierte bereits morgens nach Auftreten der ersten Symptome die Bezirkshauptmannschaft als zuständige Behörde, bei ihr und Hermann wurden Abstriche genommen. Das Ergebnis erhielten sie rasch: positiv. Das war aber keine Überraschung mehr, denn Fladerers Krankheitsgefühl hatte sich inzwischen verstärkt.
Zwei Wochen verbrachten die beiden in Heimquarantäne. „Mich hat gewundert, dass es so lange gedauert hat und der Verlauf stärker ist, obwohl wir beide gesund waren.“ Bei Bernd Hermann waren in der zweiten Woche auch Atembeschwerden aufgetreten. Mittlerweile arbeiten beide wieder. Hermann: „Im Krankenhaus gehen wir momentan ohnehin alle mehr auf Distanz und Masken haben wir vor der Erkrankung auch schon getragen.“
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