Coronavirus: Was wir über Langzeitschäden wissen

CT-Bild der Lunge eines Covid-19-Patienten: Wolkigweiße Verschattungen in beiden Lungenflügeln als Folge einer starken Entzündungsreaktion.
Wie groß bei schweren Krankheitsverläufen das Risiko für Beeinträchtigungen der Lunge ist, lässt sich derzeit noch nicht abschließend sagen.

Es kann schnell gehen: „Wenn ich zum Beispiel um sechs Uhr abends bei einem Patienten die Visite mache und dieser stabil ist, kann es durchaus sein, dass er eine Stunde später plötzlich instabil ist und beatmet werden muss. Bei Covid-19 tritt das häufiger auf“, sagt Josef Eckmayr, Leiter der Abteilung für Lungenkrankheiten am Klinikum Wels-Grieskirchen, OÖ. „Jeder der Atemnot hat, sollte deshalb unbedingt einen Arzt kontaktieren.“

Coronavirus: Was wir über Langzeitschäden wissen

Josef Eckmayr: „Bei Atemnot sofort einen Arzt aufsuchen.“

Ist eine maschinelle Beatmung notwendig, dauert diese lange, zeigen die bisherigen Daten: „14 Tage sind es im Durchschnitt“, sagt Michael Joannidis, Leiter der Internistischen Intensivstation der Unikliniken Innsbruck.

„20 bis 25 Prozent der Covid-19-Infizierten bekommen Atemnot“, erklärt Eckmayr: „15 bis 20 Prozent von diesen haben einen schweren Verlauf, ein Teil davon muss beatmet werden. Eine Beatmung, die länger als acht Tage dauert, ist Standard. Der kürzeste Beatmungszeitraum bisher ist aus den USA bekannt: Es waren acht Tage.“

Diskussion um Folgen

Die Schwere mancher Lungenentzündungen und die lange Beatmungsdauer haben jetzt auch eine Diskussion um mögliche Langzeitfolgen ausgelöst: In einer kleinen Studie in Hongkong hatten einige Intensivpatienten nach ihrer durchgemachten Infektion Lungenfunktionseinschränkungen in der Größenordnung von 20 bis 30 Prozent. Doch diese Daten aus China sind wenig aussagekräftig: Die Patientenzahl ist noch zu gering und Langzeitergebnisse über mehrere Monate fehlen noch.

„Eine SARS-CoV-2-Infektion kann aber zu einer schweren Entzündungsreaktion in der Lunge führen“, erklärt Joannidis (siehe auch Factbox). In Computertomografie-Aufnahmen zeigen sich häufig Verdichtungen und weiße Verschattungen in beiden Lungenflügeln – als „crazy paving“ und „Mattglas“ bezeichnen das die Radiologen. „Ungewöhnlich ist die Häufigkeit dieser schweren Ausprägung der Lungenentzündung, die zu einem akuten Lungenversagen führen kann. “ In der Folge – die dann nichts mehr speziell mit dem Coronavirus zu tun hat – kann es zu Veränderungen des Lungengewebes kommen. „Das Gewebe verhärtet sich und es können Narben entstehen“, sagt Eckmayr. „Jede schwere Lungenentzündung kann Folgeschäden des Gewebes mit sich tragen. Eine leichte heilt in der Regel jedoch aus.“

Coronavirus: Was wir über Langzeitschäden wissen

Michael Joannidis: "14 Tage Beatmung im Durchschnitt."

Generell wisse man, dass es nach einem akuten Lungenversagen unter langer Beatmung „unter Umständen zu einer eingeschränkten Lungenfunktion“ kommen könne, betonen die Mediziner. „Ob und wie viele Patienten eine dauerhafte Beeinträchtigung ihrer Lunge durch eine Covid-19-Infektion haben werden, ist aber noch unklar“, sagt Eckmayr. Und man wisse von durch andere Erreger ausgelösten Lungenentzündungen, dass sich das Gewebe auch regenerieren könne. Wie gut hängt auch vom Ausmaß und der Ausprägung der Gewebeveränderungen ab. Auch beim deutschen Robert Koch-Institut heißt es: „Bislang liegen keine belastbaren Informationen zu Langzeitfolgen von Covid-19 vor.“

Auf den Intensivstationen wird alles unternommen, um das Risiko für Langzeitschäden der Lunge zu senken: „Angesichts der langen Beatmungszeit ist es besonders wichtig, dies so schonend wie möglich zu machen“, sagen die Mediziner unisono. Für die Beatmung werden die Patienten in künstlichen Tiefschlaf versetzt und meist in die atmungstechnisch günstige Bauchlage gedreht.

Was noch getan wird

Das Risiko von Folgeschäden versuchen die Mediziner auch mit dafür noch nicht zugelassenen Medikamenten zu senken – wie groß die Effekte sind, wird man erst in zwei bis drei Monaten wissen. Bei akutem Lungenversagen könnte hoch dosiertes Vitamin C helfen, den Flüssigkeitsaustritt aus den Gefäßen zu senken und das Sterblichkeitsrisiko zu verringern. Antibiotika werden eingesetzt, wenn es Anzeichen für eine zweite, bakterielle Infektion gibt.

Dass die Beatmungsdauer so lange ist und derartige Fälle doch recht oft vorkommen, könne damit zu tun haben, „dass unser Immunsystem noch nie zuvor mit diesem Virus Kontakt hatte“, erklärt Intensivmediziner Joannidis. „Wir haben jedes Jahr auch sehr schwere Grippe-Fälle, auch bei jüngeren Patienten. Aber nicht in der Häufigkeit.“ Hinzu kommt, dass dieses Corona-Virus als Eintrittspforte den im Lungengewebe weit verbreiteten ACE-2 Rezeptor verwendet. Verharmlosen darf man eine Infektion also auf keinen Fall.

300 Millionen
Lungenbläschen nehmen Kohlendioxid aus  dem Blut auf und geben Sauerstoff ab. Bei einer Covid-19-Infektion  kann es zu einer starken Entzündungsreaktion kommen: „Die Lungenbläschen füllen sich mit Flüssigkeit und können nicht mehr an diesem Gasaustausch teilnehmen“, sagt Joannidis.

Die Folge
„Das Lungengewebe schwillt an, es kommt zu einer „Shuntdurchblutung“: „Die  Lunge wird zwar durchblutet, das Blut jedoch mit weniger Sauerstoff angereichert, weshalb  Atemprobleme die Folge sind“, erklärt Eckmayr. In der Folge kann sich das Lungengewebe durch die Entzündung krankhaft verändern.

 

 

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