Coronavirus: Offenbar viele Infektionen durch Menschen ohne Symptome

Coronavirus: Offenbar viele Infektionen durch Menschen ohne Symptome
Neue Studie zeigt: Die Häufigkeit der Übertragungen durch Menschen ohne Symptome ist größer als bisher angenommen.

Viele Infektionen mit dem Coronavirus werden offenbar von Menschen ausgelöst, die zwar den Erreger bereits in sich tragen, aber noch keine Symptome zeigen: Das zeigt eine Analyse von Infektionsketten in Singapur und in Tianjin in China, über die jetzt die britische Tageszeitung The Guardian berichtete.

Nach dieser Auswertung könnten zwei Drittel bis drei Viertel der Ansteckungen durch symptomlose Menschen in der Inkubationszeit erfolgt sein, die sich also gerade in dem Zeitraum zwischen Infektion und ersten Symptomen befanden.

Durchgeführt wurde die Untersuchung von Wissenschaftern in Belgien und den Niederlanden. Sie betonen, dass es in den Daten zwar einige Unsicherheiten gibt, weil sie Infektionsketten nicht ganz exakt nachvollziehen konnten. Aber auch ihre günstigsten Annahmen belegen, dass es einen beachtlichen Anteil an Infektionen durch Personen gibt, die noch keine Krankheitszeichen aufweisen:

  • In der untersuchten Patientengruppe aus Singapur waren es zwischen 45 und 84 Prozent.
  • In der untersuchten Patientengruppe aus China waren es zwischen 65 und 87 Prozent.

"Diese Daten zeigen, dass es nicht ausreicht, nur bereits Erkrankte zu isolieren", sagt Tapiwa Ganyani, einer der beteiligten Forscher. "Sie zeigen, dass zusätzliche Maßnahmen wie die soziale Distanz notwendig sind."

Diese Untersuchung bestätigt auch andere vorläufige Daten, über die WHO-Expertin Maria Van Kerkhove kürzlich berichtete: Demnach scheiden Patienten in den frühen Krankheitsstadien, einschließlich der Phase ohne Symptome, mehr Viren aus als im späteren Krankheitsverlauf. Laut einer deutschen Untersuchung gibt es sogar Hinweise, dass die ausgeschiedene Virusmenge bereis zurückgeht, wenn sich die ersten Symptome zeigen.

Für Infektionsspezialist Rowland Kao von der Universität Edinburgh liegt in diesen Erkenntnissen auch der große Unterschied zur SARS-Epidemie 2003: "Ein mit SARS-Infizierter war nur ansteckend, wenn er bereits klinisch erkennbare Symptome entwickelt hatte. Das machte es einfacher, die Epidemie zu kontrollieren."

"Über Infektionen durch Menschen ohne Symptome haben wir uns von Anfang an Sorgen gemacht", sagt Steven Riley, Spezialist für die Ausbreitungsdynamik infektiöser Krankheiten, am Imperial College London. "Das ist das, was wir absolut nicht wollten."

 

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