Coronavirus: Impfstoff-Kandidaten schützen Versuchstiere

FILE PHOTO: A woman holds a small bottle labeled with a "Vaccine COVID-19" sticker and a medical syringe in this illustration
Experimentelle Infektionen wurden nach einer Immunisierung abgewehrt. Das zeigen Daten zu zwei Versuchsimpfstoffen aus Tests an Affen.

Die Frage, ob SARS-CoV-2-Impfstoffe Menschen gegen eine Infektion mit den Covid-19-Erregern schützen, wird derzeit bereits in mehreren großen Wirksamkeitsstudien mit Placebo-Kontrolle untersucht. Die Ergebnisse stehen noch aus.

Das US-Biotech-Unternehmen Moderna und der Pharmakonzern Janssen-Cilag (Johnson & Johnson) konnten einen protektiven Effekt ihrer Kandidat-Vakzine jetzt bei Affen nachweisen.

Im New England Journal of Medicine wurde eine erste Studie über einen schützenden Effekt der potenziellen Vakzine von Moderna publiziert. Das Unternehmen treibt die Entwicklung eines mRNA-Impfstoffes gegen Covid-19 gemeinsam mit dem nationalen US-Institut für Allergien und Infektionskrankheiten (NIAID; Leiter: Anthony Fauci) voran. Die Wirksamkeitsstudie mit 30.000 Probanden wurde erst vor wenigen Tagen gestartet.

Universität Oxford/Astra Zeneca
Der Wirkstoff "AZD1222" gilt als größter Hoffnungsträger. Er wird aktuell an 30.000 Freiwilligen (Phase III der Impfstoff-Entwicklung, inklusive Placebo-Gruppe) getestet. Die EU hat sich Kontingente an dem Impfstoff gesichert, der Ende 2020 in Produktion gehen soll.

Sinovac
Der Impfstoffkandidat "Picovacc" des chinesischen Unternehmens wird ebenso in einer finalen Phase-III-Studie in Brasilien getestet.

Biontech/Pfizer
Das Mainzer Biopharma-Unternehmen und sein US-Partner Pfizer sind vor wenigen Tagen  in die entscheidende Testphase eingestiegen.

Moderna
Der US-Konzern testet eine vielversprechende Vakzine an 30.000 Menschen. Zuletzt wurde bekannt, dass die Firma um die 60 US-Dollar pro Impfdosis veranschlagen will. Damit liegt man über dem Niveau der Konkurrenz.

Aussagekräftige Tiermodelle

Über Tiermodelle lassen sich aber auch schon vor solchen Untersuchungen Hinweise dafür sammeln, ob ein potenzieller Impfstoff wirkt oder nicht. Das erfolgt über eine Immunisierung mit einer Kandidat-Vakzine mit anschließender experimenteller Belastung der Tiere mit den Erregern. Geprüft wird dann, ob die versuchte Infektion "angeht". In den USA wurde in den vergangenen Wochen sogar die Frage diskutiert, ob man nicht SARS-CoV-2-Vakzine bei Menschen als Probanden mit nachher künstlich herbeigeführter versuchter Infektion organisieren könnte. Ethisch wäre das wohl höchst problematisch, weil es ja keine erfolgreiche ursächliche Behandlung gegen Covid-19 gibt.

NIAID-Wissenschafter haben im Grunde genau das mit dem Moderna-Impfstoff bei 24 Rhesus-Makaken durchgeführt. Acht bekamen im Abstand von vier Wochen jeweils zehn Mikrogramm der Vakzine, acht jeweils hundert Mikrogramm, das dritte Drittel bloß zweimal Kochsalzlösung als Placebo. "Vier Wochen nach der zweiten Impfung wurden die oberen und unteren Atemwege mit einer hohen Dosis an SARS-CoV-2 belastet", heißt es im New England Journal of Medicine.

Wirkung nachgewiesen

Die Ergebnisse: Zwei Tage wurden die Covid-19-Erreger jeweils bei nur einem der mit den unterschiedlichen Impfstoff-Dosen immunisierten Tiere entdeckt. In der Placebo-Gruppe war das bei allen acht Tieren der Fall. Die Konzentration an von den wirklich geimpften Tieren gebildeten neutralisierenden und somit schützenden Antikörpern gegen SARS-CoV-2 lag um das Zwölf- bis 84-Fache höher als bei den Tieren, welche ohne wirksame Impfung die Infektion überstanden.

Die Autoren schrieben: "Die Fähigkeit, die Virusvermehrung sowohl in den oberen als auch in den unteren Atemwegen zu reduzieren, hat bedeutende Folgen für eine durch eine Vakzine herbeigeführte Prävention von SARS-CoV-2-Erkrankungen und deren Übertragung."

Bei dem Moderna-Kandidatimpfstoff handelt es sich um eine sogenannte mRNA-Vakzine, bei welcher Personen die Erbsubstanz für Virusbestandteile injiziert bekommen. Die Zellen des Immunisierten sollen dann diese Virusproteine produzieren. Diese entstehenden Antigene wiederum sollen schließlich zu einer Immunantwort führen. Weltweit wurde bisher allerdings noch kein Impfstoff auf dieser Basis zugelassen.

Vielversprechende Kandidaten

Von ganz ähnlichen Ergebnissen - ebenfalls an nicht-humanen Primaten - berichtete am Freitag mit Hinweis auf eine Publikation in Nature der Pharmakonzern Janssen-Cilag (Pharma- und Impfstoffunternehmen des US-Mischkonzerns Johnson & Johnson).

"Johnson & Johnson gab heute bekannt, dass sein führender Impfstoffkandidat in präklinischen Studien vor einer Infektion mit SARS-CoV-2, dem Virus, das Covid-19 verursacht, geschützt hat. Neutralisierende Antikörper zeigten, dass der vektorbasierte Impfstoff Adenovirus Serotyp 26 (Ad26) bei nichtmenschlichen Primaten (NHPs) eine zuverlässige Immunantwort hervorrief, so dass eine Infektion verhindert und die Lungen vollständig vor dem Virus geschützt wurden", hieß es in einer Aussendung.

Diese Kandidat-Vakzine besteht aus künstlich abgewandelten ungefährlichen und nicht krank machenden Adenoviren-Partikeln, auf welche quasi die für eine Immunreaktion gegen SARS-CoV-2 notwendigen Antigene aufgepfropft sind. Wissenschafter weltweit gehen schon seit dem vorübergehenden Auftauchen der SARS-Infektionen- bzw. SARS-Erkrankungen ab dem Jahr 2002 davon aus, dass eine schützende Immunantwort gegen solche Coronaviren am wirksamsten nach der Konfrontation des Immunsystems mit dem Spike-Oberflächenprotein (S-Protein) der Erreger bzw. Teilen davon entsteht. Das erscheint auch plausibel, weil das Immunsystem ja bei Krankheitserregern jeglicher Art zunächst nur deren Oberflächen als fremd registriert.

"Auf Basis der überzeugenden präklinischen Daten wurde in der vergangenen Woche die erste klinische Studie der Phase 1/2a am Menschen mit dem Impfstoffkandidaten Ad26.COV2.S an gesunden Freiwilligen in den USA und Belgien gestartet", teilte Janssen-Cilag mit. Bereits im September wolle man mit einer Wirksamkeitsstudie der Phase III beginnen.

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