Coronavirus: Erste Daten zu Ebola-Mittel "ein Silberstreif am Horizont"
Für Aufregung sorgte Freitag ein Datenleck der Uni-Klinik in Chicago zur Therapie schwer kranker Covid-19-Patienten mit dem gegen Ebola entwickelten Wirkstoff Remdesivir: Ohne Genehmigung auf der US-Onlineplattform STAT veröffentlichte Zwischenergebnisse einer Studie sollen positive Ergebnisse gezeigt haben, die Symptome sollen sich rasch gebessert haben (siehe nachstehenden Teaser). Bestätigt ist das nicht.
Alexander Zoufaly ist einer der Spezialisten im Wiener Kaiser-Franz-Josef-Spital für die Covid-19-Patienten und Co-Autor einer anderen, dieser Tage im New England Journal of Medicine (NEJM) erschienenen ersten Studie zu Remdesivir: Er sieht angesichts ihrer Ergebnisse Remdesivir „als Silberstreif am Horizont“ – betont aber, dass ein Beweis für die Wirksamkeit noch aussteht.
Experte Zoufaly zu den wichtigsten Neuentwicklungen bei der Suche nach einer spezifischen medikamentösen Therapie und bei der allgemeinen unterstützenden Therapie:
Remdesivir
In der NEJM-Studie erhielten 53 Patienten die Substanz, zwei Drittel waren künstlich beatmet (intubiert). Bei mehr als der Hälfte dieser Gruppe zeigte sich eine deutliche Besserung, sie konnten wieder selbstständig atmen. 18 Prozent dieser schwer Kranken starben, aus ihrer Erfahrung wissen die Ärzte aber, dass es in solchen, schwer kranken Patientengruppen wesentlich mehr sein können. „Es war eine reine Patientenbeobachtung, und es fehlte der Vergleich mit Patienten, die dieses Medikament nicht zusätzlich zur Standardtherapie erhielten. Aber als Kliniker, der täglich sieht, wie krank viele der Covid-19-Patienten auf Intensivstationen sind, ist es ein vorläufiger Hoffnungsschimmer – derzeit wohl der größte.“
Chloroquin
In kleinen Studien in China und Frankreich sank die Virusmenge im Rachen bei der Verabreichung dieses Malariamittels rascher, auch in Zellkulturen zeigte sich eine gewisse Wirksamkeit. Für Aufsehen sorgt jetzt aber eine Studie in Brasilien, bei der hoch dosierte Therapie mit Chloroquin und dem Antibiotikum Azithromycin zu elf Todesfällen durch Herzrhythmusstörungen führte. „Es war aber schon vorher bekannt, dass eine hohe Dosierung in Kombination mit dem Antibiotikum und einer möglicherweise nicht optimalen Überwachung zu einer gefährlichen Situation führen kann. Wir setzen Chloroquin nur in Studien in geringerer Dosierung und nicht in Kombination mit Azithromycin ein, die Patienten sind sehr gut überwacht.“ Dann sei der Einsatz gerechtfertigt, um herauszufinden, ob eine Wirkung gegen Covid-19 besteht.
„Penninger-Wirkstoff“
Dieser Tage startet in Österreich auch eine Studie mit dem von Josef Penninger mitentwickelten Wirkstoff APN01. „Er fängt das Virus ab und verhindert, dass es an einen Rezeptor der Lungenzellen andocken kann: Ein vielversprechender Ansatz, es gibt Daten aus Zellkulturen, aber Patientendaten fehlen noch.“
Weitere Wirkstoffe
„Wir testen auch mehrere andere Substanzen, aber überall warten wir auf einen Nachweis der Wirksam- oder Unwirksamkeit.“
Unterstützende Therapie
„Bei allen Erwartungen ist wichtig zu betonen: Anti-Virus-Medikamente machen nur einen Teil des Behandlungserfolges aus. Mein Gefühl ist, dass wir alle in den vergangenen vier bis sechs Wochen deutlich bei der unterstützenden Therapie – von der Beatmung über die Kreislaufunterstützung bis zur Entzündungshemmung – viel besser geworden sind. Damit können wir den Krankheitsverlauf oft entscheidend beeinflussen.“
Beatmung
„Noch vor vier Wochen haben wir die Patienten bei einer starken Lungenentzündung und starker Virusvermehrung tendenziell etwas früher beatmet, weil wir den Eindruck hatten, die Lunge muss sich erholen. Heute sind wir zurückhaltender: Wir geben länger lediglich Sauerstoff zur Lungenunterstützung, lassen sie aber selbstständig weiteratmen. Viele schaffen das auch.“
Hemmung der Blutgerinnung
Das SARS-CoV2-Virus erhöhe offenbar stärker als andere Virusinfektionen das Risiko für die Bildung von Blutgerinnseln. „Bei der Gabe von Medikamenten zur ,Blutverdünnung‘ gehen wir heute viel aktiver vor und geben höhere Dosen als vor vier Wochen, wo das noch nicht so offensichtlich war.“
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