Coronavirus: Deutscher Minister sieht Malaria-Mittel als Hoffnungsträger

Die Universität von Minnesota in den USA ist eine von zahlreichen Forschungseinrichtungen, die jetzt Untersuchungen mit Chloroquin durchführen.
Es gibt Hinweise auf eine gewisse Wirkung, aber noch keine ausreichenden Daten über Nutzen und Risiken.

Das alte Malariamittel Chloroquin ist jetzt erneut als mögliche Therapie gegen Covid-19 im Gespräch. Der deutsche Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hofft, dass zur Behandlung der Lungenkrankheit Covid-19 bald auch zielgerichtete Medikamente eingesetzt werden können. "Es gibt erste Hinweise, dass bestimmte Medikamente zu helfen scheinen", sagte der CDU-Politiker in Bild live.

Dazu sollten Studien "schnellstmöglich möglich" gemacht werden. Allerdings müsse auch aufgepasst werden: Die Patienten müssten geschützt werden, da jedes Medikament auch Nebenwirkungen habe. Es gebe auch in Deutschland bereits eine Reihe von Studien, auch zu dem "alten Malaria-Mittel" Resochin (Wirkstoff Chloroquinphosphat) des Pharma- und Chemiekonzerns Bayer. Es gebe aber auch weitere Medikamente, die helfen könnten.

Die Gabe von Hydroxychloroquin kombiniert mit einem Antibiotikum führte zwar bei einer kleinen Patientengruppe in Marseille dazu, dass die Viruskonzentration im Rachen rascher sank als in einer Gruppe ohne dieser Therapie. Allerdings: Noch ist nicht klar, ob das auch einen Effekt auf die Viren in der Lunge hatte und den Krankheitsverlauf verbesserte. Weitere Studien dazu sind im Laufen.

Trotzdem gibt es eine gewisse Zuversicht: "Hydroxychloroquin scheint derzeit eine der vielversprechenden medikamentösen Therapien bei Covid-19 Erkrankungen zu sein", schreibt der Intensivmediziner Walter Hasibeder im dem Blog anaesthesie.news. "Studien dazu laufen unter anderem in Frankreich und China. Outcomedaten wurden, meines Wissens, noch nicht veröffentlicht."

"Therapieversuch gerechtfertigt"

Die Europäische Arzneimittel-Agentur ( EMA) stellte kürzlich fest, dass Covid-19-Patienten aufgrund des Nebenwirkungspotentials aber nur innerhalb von klinischen Tests oder Notfällen mit den Malaria-Mitteln Chloroquin und Hydroxychloroquin behandelt werden sollten.

Allerdings schreibt Hasibeder, dass Hydroxychloroquin (HQC) weniger Nebenwirkungen zu haben scheine als Chloroquin. "Da es sich bei HQC um eine gut verträgliche Substanz handelt kann ein Therapieversuch mit 2x200mg bis zu 2x400mg per Sonde, bei schwer an COVID-19 erkrankten Intensivpatienten, gerechtfertigt sein." 

Produktion auch in Europa

Der Pharma- und Chemiekonzern Bayer schafft jedenfalls nun auch in Europa Produktionsmöglichkeiten für Chloroquin im möglichen Kampf gegen Covid-19. Bayer-Chef Werner Baumann kündigte im Interview mit dem Handelsblatt an, dass Produktionsanlagen auch in Europa für die Herstellung des Medikaments Resochin mit dem Wirkstoff Chloroquin angepasst werden sollen.

Bisher wird das Mittel, das Bayer in der Krise kostenlos an Regierungen spenden will, nur an einem Standort in Pakistan hergestellt. Die Verlagerung eines Großteils der Produktion von Wirkstoffen durch die Pharmaindustrie nach Asien erfolgte in den vergangenen Jahren vor allem aus Kostengründen und hat auch zu Lieferengpässen geführt.

Das bereits in den 1930-Jahren entwickelte Medikament zur Malariaprophylaxe ist schon seit einigen Wochen im Gespräch, nachdem Tests an Zellkulturen eine Hemmung der Vermehrung von SARS-CoV-2 gezeigt hatten. Es seien aber weitere klinische Studien notwendig, um das Verhältnis von Nutzen und Risiko zu klären. Diese würden nun unter anderem von der Weltgesundheitsorganisation WHO gestartet. Auch der deutsche Virologe Christian Drosten betonte in den vergangenen Tagen mehrfach die Notwendigkeit weiterer Daten.

Neuerlich Warnung vor Engpässen

Angesichts der Diskussion über den Einsatz von Chloroquin und Hydroxychloroquin zur Behandlung von Corona-Patienten gibt es aber auch neuerlich Warnungen vor möglichen Engpässen. Dies könnte alle Hoffnungen auf einen flächendeckenden Einsatz gegen das Corona-Virus zunichte machen, schrieben italienische Ärzte in der Rheuma-Fachzeitschrift Annals of Rheumatic Diseases.

Außerdem warnen die Ärzte davor, dass Menschen, welche die Medikamente jetzt schon gegen andere Krankheiten nehmen müssen, plötzlich keinen Zugang mehr zu ihnen hätten. Das müsse unbedingt verhindert werden. „In manchen europäischen Ländern sind HCQ und CQ schon jetzt in Apotheken nur noch begrenzt verfügbar“, warnte Mitautorin Francesca Romana. Die Wirkstoffe werden auch zur Behandlung von Rheumapatienten und anderen Autoimmunerkrankungen eingesetzt.

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