Coronakrise und Psychotherapie: Rufe nach Neuregelung
Die Rahmenbedingungen für Psychotherapie seien "ein Flickwerk", kritisierte das Hilfswerk und forderte eine Neuregelung. Es brauche einen Gesamtvertrag, sagte Elisabeth Anselm, Geschäftsführerin des Hilfswerk Österreich. "Es kann doch nicht sein, dass Versicherte der Österreichischen Gesundheitskasse je nach Wohnort unterschiedliche Bedingungen vorfinden", was Zugang und Eigenbeteiligung angeht.
Psychotherapie "auf neue Beine stellen"
Dasselbe gelte für die Angebotsseite. Bewährte und kompetente Anbieter müssten unabhängig davon, ob sie als Einzeltherapeutinnen und -therapeuten agieren oder als Dienstleister mit Angestellten, Zugang zu Verträgen mit den Kassen haben, urgierte Anselm. Die Kostensätze gehörten angepasst. Die Coronakrise mit Isolation und Einschränkung sozialer Kontakte bei Risikogruppen, familiären Konflikten, Arbeitslosigkeit und wirtschaftlichen Problemen sei eine enorme Herausforderung. Es sei die richtige Zeit, um die Psychotherapie auf neue Beine zu stellen.
Für den Berufsverband Österreichischer PsychologInnen (BÖP) gehen die Pläne von Andreas Huss, Vizeobmann der Gesundheitskasse ÖGK, in die richtige Richtung. Es sollten aber "unbedingt alle PSY-Berufsgruppen (PsychiaterInnen, PsychotherapeutInnen und PsychologInnen)" eingebunden werden. "Für eine grundlegende Verbesserung der Versorgungsstruktur ist uns sehr an einer gemeinsamen Lösung aller diesbezüglichen Berufsgruppen - und somit einer notwendigen gesetzlichen Änderung - gelegen", betonte BÖP-Präsidentin Beate Wimmer-Puchinger. In Österreich gibt es rund 11.000 Psychologinnen und Psychologen mit eigenen Praxen, die mangels eines Vertrages mit der Sozialversicherung aber privat zu bezahlen sind.
Unterversorgung psychisch Erkrankter
Erst kürzlich hatte auch der Österreichische Bundesverband für Psychotherapie (ÖBVP) die Unterversorgung psychisch Erkrankter kritisiert: "Wir nehmen an, dass es momentan gerade mal für 0,8 Prozent der Bevölkerung krankenkassenfinanzierte Psychotherapie gibt. Der Rest muss entweder lange warten oder in die eigene Tasche greifen. Die Hälfte der Betroffenen bezahlt die Psychotherapie selbst und bekommt nur ein Drittel der Behandlungskosten ersetzt. Diese Mangelversorgung wird die Corona-Krise zu einer psychischen Krise machen. Es ist jetzt der richtige Zeitpunkt, die Kontingente aufzuheben und ausreichend Plätze durch die Krankenkasse zu finanzieren", fordert ÖBVP-Präsident Peter Stippl.
Den großen Bedarf durch die Coronakrise zeige auch die Nachfrage bei telefonischen Helplines von PsychologInnen zur Ersthilfe . "Allein bei der Helpline des BÖP ist die Zahl der Anrufe um mehr als 1.000 Prozent in die Höhe geschnellt", wurde berichtet.
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