Corona: Warum heuer anders als 2022 keine Sommerwelle in Sicht ist

Coronaviren (blau) verlassen im Labor infizierte Zellen. Derzeit ist das Infektionsniveau extrem niedrig, der Sommer wird ruhig bleiben.
Die derzeitige Ruhephase mit extrem niedrigen Infektionszahlen dürfte auch die kommenden Wochen anhalten. Warum die Situation heuer anders als 2022 ist.

Es ist ein Trend, der seit Wochen anhält: „Wir sehen in allen Ländern – mit ganz wenigen Ausnahmen – eine eindeutige Abwärtsbewegung bei den Spitalsaufnahmen wegen Covid-19“, sagt der Komplexitätsforscher Peter Klimek: „Es handelt sich derzeit um das niedrigste Niveau seit dem Frühjahr 2020 nach dem ersten Lockdown. Damals wurde ja mit harten Maßnahmen das Infektionsniveau fast gegen null gedrückt.“

Österreichweit lagen am Dienstag 46 Patientinnen und Patienten mit einer Covid-Erkrankung auf einer Normalstation, sechs waren es auf einer Intensivstation. Bei etwas mehr als 80 Prozent dieser Spitalspatienten war laut Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) Covid die Nebendiagnose.

„Über die Abwasseranalysen wurden per 21.6. rund 6.500 fiktive Personen geschätzt, die das Virus in nachweisbarer Konzentration ausscheiden“, sagt GÖG-Gesundheitswissenschafter Florian Bachner. Das sind 127 pro 100.000 Personen.

Mai und Juni waren auch in den Vorjahren die ruhigsten Monate. Allerdings: 2022 zeichnete sich zu diesem Zeitpunkt bereits ab, dass eine neue Variante – BA. 5 – das Infektionsgeschehen übernehmen wird: „Damals war abzusehen, dass uns eine veritable Sommerwelle ins Haus steht“, sagte Klimek kürzlich im Rahmen der Reihe „Giftiger Live-Stream“.

XBB-Familie dominiert

Heuer zeichnet sich keine Sommerwelle ab. „Mehr als 95 Prozent der Infektionen gehen auf eine der Varianten der XBB-Familie zurück – das ist die Variantenfamilie, die eigentlich bereits das gesamte Jahr dominant ist.“

Zwar gebe es in dieser Familie aktuell zwei Subvarianten, „die ein bisschen eine Dynamik nach oben zeigen“, aber das sei derzeit ein langsamer Prozess. Fazit: „Momentan beobachten wir keine Varianten, die einen starken Wachstumsvorteil zeigen. Die Ruhephase setzt sich vermutlich auch in den nächsten Wochen fort.“ Zumal derzeit auch noch die Immunisierung durch Impfungen bzw. Infektionen im Winter relativ hoch sei.

„Aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir wieder in Phasen mit einer höheren Inzidenz kommen.“ Das sieht auch die Virologin Judith Aberle von der MedUni Wien so: „Die Infektionszahlen werden im Herbst sicher wieder ansteigen.“ Wie stark, lasse sich nicht abschätzen: Das werde davon abhängen, ob weiterhin eine XBB-Untervariante dominant bleibt „oder etwas ganz anderes kommt“, wie es Klimek formuliert.

Nach Letzterem sieht es derzeit aber nicht aus. Aus jetziger Sicht spreche deshalb nichts dafür, dass eine künftige Infektionswelle zu einer höheren Belastung des Gesundheitssystems und zu mehr schweren Erkrankungen führen werde, als dies bei den letzten Wellen der Fall war, erklärt Klimek. Und Bachner betont: „Wenn es bei der derzeitigen Pathogenität, also den krankheitserzeugenden Eigenschaften des Virus bleibt, dann können wir vorläufig Entwarnung geben.“

Auffrischung im Herbst

Die Impfempfehlungen für den Herbst wird das Nationale Impfgremium im Juli veröffentlichen. Die US-Arzneimittelbehörde hat empfohlen, die Auffrischung wenn möglich mit einem an die XBB-Varianten angepassten Impfstoff durchzuführen – noch ist aber unklar, wann dieser in welcher Menge zur Verfügung stehen werden. In Deutschland hat die ständige Impfkommission Risikogruppen (Menschen ab 60 Jahren, bestimmte Vorerkrankungen) eine jährliche Auffrischung empfohlen.

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