Corona-Impfpflicht fix: "Einbindung der Hausärzte war noch nie so wichtig"
"Die Einbindung der Hausärztinnen und Hausärzte beim Impfen war noch nie so wichtig wie jetzt", sagt Erwin Rasinger, Allgemeinmediziner und ehemaliger ÖVP-Gesundheitssprecher, angesichts der von der Regierung angekündigten Impfpflicht ab Februar 2022. Bisher habe man beim Impfen viel Zeit vergeudet, kritisiert Rasinger. "Inzwischen ist es eins vor zwölf."
Nicht nur mangelnde Motivationsmaßnahmen – eine landesweite Impf-Lotterie etwa, oder fixe Terminzuteilungen per Post – hätten eine hohe Durchimpfungsrate quasi verunmöglicht, meint Rasinger. "Man hat auch den niedergelassenen Bereich viel zu spät miteinbezogen."
Impf-Hürden im Netz
Dem schließt sich Naghme Kamaleyan-Schmied, Obfrau der Sektion Allgemeinmedizin der Wiener Ärztekammer, an: "Dem Einsatz von Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmedizinern in dieser Pandemie muss endlich Rechnung getragen werden. Vor allem jetzt, wo jede Sekunde zählt." Der niedergelassene Bereich vereine einen niederschwelligen Impf-Zugang mit "dem so wichtigen medizinischen Vertrauensverhältnis".
Etliche Menschen seien laut Rasinger zudem keine echten Impfgegner, "die Politik hat sie mit bestehenden Angeboten nur nicht abholen können". Davon weiß auch Kamaleyan-Schmied zu berichten: "Viele tun sich schwer, ihren Impf-Termin über virtuelle Anmeldetools zu koordinieren." Vor allem ältere Patientinnen und Patienten empfinden das als Herausforderung.
Als die Corona-Impfungen Anfang 2020 ausgerollt wurden, sei wochenlang kein Impfstoff für die Hausärztinnen und Hausärzte im Land zur Verfügung gestanden, dabei würden sie in der medizinischen Versorgung am Land, aber auch in den Städten, eine zentrale Rolle spielen, sagt Rasinger. "Ohne sie geht es nicht. Schon gar nicht, wenn man so dringend wie jetzt 15 Prozent der Nicht-Geimpften erreichen will. Mit Impf-Zentren allein wird das nicht gelingen."
Potenzial in den Praxen
Dass Hausärzte lange außen vor gelassen wurden, hätte bei etlichen Patienten bis heute anhaltende Ängste geschürt, berichtet Kamaleyan-Schmied: "Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Viele haben sich gewundert, warum sie plötzlich in eine Impfstraße müssen und ob das etwas mit der Sicherheit der Impfung zu tun hat. Die Menschen fühlen sich beim Hausarzt gut aufgehoben, das sollte man für die Corona-Impfung nutzen." Im Wartezimmer entfalte sich nicht selten auch ein Mitnahmeeffekt: "Man sieht jemanden, der sich impfen hat lassen und dem es gut geht und gibt sich dann einen Ruck – wenn man schon mal da ist, sozusagen."
Mit der Impfpflicht rollt eine enorme Zusatzbelastung auf Hausärzte zu, sagt Rasinger. "Bis Ende Jänner müssen sechs Millionen Stiche erfolgen. Das muss dringend vergütet werden. Es geht schließlich nicht nur um die Motivation der Bevölkerung, sondern auch um die der Ärzteschaft."
"Wir machen das wirklich mit Herzblut", ergänzt Kamaleyan-Schmied. "Das Aufklären, das Beruhigen, das Besprechen einer Nadelphobie, das Händchenhalten beim Stich. In anonymen Impfstraßen ist das so nicht möglich."
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