Bioethikerin Druml: "Wer sich nicht impfen lässt, gefährdet andere"

CORONAVIRUS: PK "PRO UND CONTRA ZUR ÖFFNUNGSSTRATEGIE": DRUML
Die Vorsitzende der Bioethikkommission, Christiane Druml, findet angesicht der aktuellen Corona-Lage im KURIER-Gespräch klare Worte.

"Eine Pandemie ist keine Privatsache, das Freiwilligkeitsmantra sticht in so einer Situation nicht", schickt Christiane Druml, Vorsitzende der im Bundeskanzleramt angesiedelten Bioethikkommission, voraus.

Angesichts der aktuellen Lage bekräftigt die Juristin und Bioethikerin im KURIER-Interview einmal mehr, "dass das Prinzip der Freiwilligkeit" in der derzeitigen Gesundheitskrise "irreführend" sei: "Es kommt auf jeden einzelnen an und wir als Bioethikkommission haben eine verpflichtende Covid-Impfung schon immer als etwas Diskussionswürdiges gesehen."

"Jeder, der sich nicht impfen lässt, gefährdet im Moment andere Menschen", präzisiert Druml. Direkt, also über den Weg der Ansteckung, aber auch indirekt, weil durch steigende Infektionszahlen das Gesundheitssystem zu kollabieren drohe, Operationen und Therapien schon jetzt verschoben werden müssten. "Insofern ist jeder, der sich nicht impfen lässt, mitschuld daran, wenn andere nicht die Behandlungen bekommen, die sie brauchen."

"Dramatische Situation"

Eine aktuelle Umfrage aus Deutschland zeigt, dass dort zwei Drittel der Bevölkerung für eine berufsgruppenspezifische, 44 Prozent für eine allgemeine Impfpflicht wären. In Österreich steht man dieser traditionell skeptisch gegenüber. Druml hält es aber für möglich, dass sich dieses Stimmungsbild ändert: "Es würde mich nicht wundern, wenn angesichts der Lage früher oder später lauter nach einer Impfpflicht gerufen werden wird. Wir befinden uns in einer dramatischen Situation. Es bedürfen beinahe täglich so viele neue und ungeimpfte Covid-19-Patienten ein Bett auf einer Intensivstation, dass damit eine oder zwei Intensivstationen vollständig belegt sind und für andere Patienten und Patientinnen ausfallen. Und das geht momentan exponentiell so weiter."

Dabei seien weder Betten noch qualifiziertes Betreuungspersonal für diese "bis ins Unendliche verfügbar".

In Österreich will die Regierung nun jedenfalls eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen ernsthaft diskutieren. Druml zufolge sei das längst überfällig. Menschen in Gesundheitsberufen, aber etwa auch Pädagoginnen und Pädagogen, "haben eine besondere Fürsorge- und Solidaritätspflicht für jene – meist vulnerablen – Menschen, die sie betreuen, und sollten sich unbedingt impfen. Um sich selbst und andere zu schützen".

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