Corona: Experten sehen keinen Anhaltspunkt, dass Pfizer das Virus mutiert

Eine Zelle (violett) wird von SARS-CoV-2 angegriffen.
Auch die Pharmafirma weist Spekulationen in den sozialen Medien zurück. US-Experten erklären, welche Experimente die Firma tatsächlich mit dem Virus durchführt - und warum.

Die Pharmafirma Pfizer ist seit einigen Tagen in den sozialen Medien immer wieder mit einem Vorwurf konfrontiert: Sie hätte zugegeben, Forschungen durchzuführen, bei denen das Virus einerseits gezielt im Labor neue Eigenschaften erhalten soll (durch Mutationen, genetische Veränderungen, die bewusst und aktiv durch den Austausch genetischer Bausteine durchgeführt werden) oder natürliche Mutationsprozesse zumindest beschleunigt werden sollen. Dies werde gemacht, um schon vorab an neue Varianten angepasst Impfstoffe entwickeln zu können. Damit, so die Vorwürfe, solle das Geschäft mit dem Impfstoff neu angekurbelt werden. Doch was ist an diesen Behauptungen wirklich dran?

Ausgangspunkt war ein heimlich aufgenommenes Video mit einem angeblichen Pfizer-Direktor. Darin sagt dieser vage, dass seine Firma überlege, ob sie nicht selbst Mutationen am Coronavirus auslösen solle, um dann vorausschauend dagegen Impfstoffe entwickeln zu können. Ohne konkret auf dieses Video einzugehen, wies Pfizer in einer Aussendung zurück, dass derartige Forschungen durchgeführt werden.  Allerdings führte diese Stellungnahme zu neuen Spekulationen.

Die renommierte Presseagentur Associated Press hat einen Faktencheck durchgeführt. Demnach seien Behauptungen, Pfizer habe anerkannt,  „gain of function“-Forschung durchzuführen, falsch. „Nach Ansicht von Experten deute nichts in der Erklärung des Unternehmens darauf hin, dass es Forschungen durchführt, die darauf abzielen, Covid-19 gefährlicher zu machen, wie das von manchen Nutzern von sozialen Medien behauptet wird“, heißt es in dem Faktencheck.

Corona: Experten sehen keinen Anhaltspunkt, dass Pfizer das Virus mutiert

Ohne konkret auf dieses Video einzugehen weist Pfizer zurück, derartige Forschungen durchzuführen. „Im Rahmen der laufenden Entwicklung des Covid-19-Impfstoffs von Pfizer und Biontech hat Pfizer keine ,gain of function'-Forschung oder Forschung zur gerichteten Evolution durchgeführt“, heißt es in der Stellungnahme.

Mit „gain of function“ ist eine Forschung gemeint, die zu einem „Funktionsgewinn“ eines Erregers führt. Die also seine Übertragbarkeit (Infektiosität) oder seine krankmachenden Eigenschaften erhöht. 

„Um von 'gain of function' sprechen zu können, müsste der Forscher vorsätzlich eine Veränderung durchführen mit dem Wissen, dass das Virus dadurch gefährlicher wird“,  sagt der Virologe Benjamin Neuman von der Texas A&M University zur Agentur AP.  Es würde also im Labor gezielt versucht werden, Veränderungen des Erregers herbeizuführen, die in der Natur noch nicht aufgetreten sind. Davon ist in dem Pfizer-Statement aber keine Rede.

Aber was macht dann Pfizer tatsächlich genau?
Die Firma betont, nur mit dem Ursprungscoronavirus und  von öffentlichen Gesundheitsbehörden bestätigten „neuen besorgniserregenden Varianten“ (variants of concern) zu arbeiten – also nicht selbst zu versuchen, neue Varianten herzustellen. Dabei geht es dann darum festzustellen, wie gut ein Impfstoff oder das Medikament Paxlovid gegen neue Varianten wirkt.

In den mRNA-Impfstoffen gegen Covid-19 ist die Bauanleitung für einen einzigen Baustein des Virus – das sogenannte Spike-Protein – enthalten. Dagegen bildet der Körper Abwehrstoffe (Antikörper). Pfizer nimmt die Bauanleitung für das Spikeprotein einer neuen Variante und fügt diese in das Erbgut eines ursprünglichen Coronavirus ein. Mit diesem Virus kann dann getestet werden, ob die alten Antikörper auch das neue Spikeprotein erkennen - und bekämpfen.

„Die Forschung wird durchgeführt, um die Wirksamkeit des Impfstoffs und des antiviralen Medikaments Paxlovid gegen neue COVID-Varianten zu bewerten“, stellt denn auch Pfizer in seiner Aussendung fest.

„Diese Forschung bietet uns eine Möglichkeit, rasch die Fähigkeit eines bestehenden Impfstoffes zu bewerten, die Bildung von Antikörpern auszulösen, die eine neue besorgniserregende Variante neutralisieren (in ihrer Vermehrung hemmen, Anm.) können.“

Virologe Neuman erklärt es auch so: Pfizer führt die Experimente als Antwort auf Veränderungen durch, die das Virus selbst ausgelöst hat – und die nicht durch Forscher an dem Virus ausgelöst wurden.

Fazit: Der Faktencheck der Associated Press bewertet die Behauptungen, dass Pfizer eine "gain-of-function"-Forschung durchführe, als falsch.

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