Seit wann ist die Variante Eris bekannt?
Eris breitet sich seit Mai 2023 weltweit aus. Anfang August wurde sie von der Weltgesundheitsorganisation WHO als "Virusvariante von Interesse" eingestuft – sie wird also vermehrt beobachtet. Seither nimmt ihre Verbreitung in vielen Ländern zu. Laut WHO erfordert Eris, benannt nach der griechischen Göttin des Chaos und der Zwietracht, trotz seines unheilvollen Namens, derzeit keine gesonderten Maßnahmen der öffentlichen Gesundheit.
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Wie sehr ist sie in Österreich und anderen Ländern verbreitet?
In vielen Ländern, darunter Großbritannien, China und den USA, nimmt der Anteil von Eris am Infektionsgeschehen stetig zu. Auch in Deutschland weisen Daten des Abwassermonitorings darauf hin, dass sich eine Eris-Welle aufbaut. In britischen Boulevard-Medien ist die Rede von einer "Barbenheimer-Welle" – in Anspielung auf die beiden aktuellen Kino-Blockbuster "Barbie" und "Oppenheimer", die Menschen in die Kinos ziehen, wo sie sich potenziell anstecken können.
Für Österreich liegen keine aktuellen Zahlen vor, lediglich die Daten zur Spitalssituation werden veröffentlicht (siehe oben). Im Abwassermonitoring zeigt sich aber auch hierzulande, dass der Anteil von Eris zunimmt.
Vor wenigen Tagen wandten sich Medizinerinnen und Mediziner in einem offenen Brief an die Österreichische Ärztekammer. Darin warnten sie vor einem "ungehinderten" Corona-Infektionsrisiko in Österreich, da derzeit Schutzmaßnahmen fehlen. Laut den Ärztinnen und Ärzten sei Covid-19 nicht "vorbei" und auch keine "harmlose Infektion ohne Folgen". Sie setzen sich für Präventionsmaßnahmen, darunter etwa FFP2-Masken sowie die Wiedereinführung der Covid-Meldepflicht und die Veröffentlichung der Infektionszahlen, ein. Insbesondere mit Blick auf die bevorstehende kalte Jahreszeit, in der es typischerweise zu Anstiegen bei viralen Atemwegserkrankungen kommt.
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Wie unterscheidet sich Eris von bisherigen Varianten?
Bisherige Varianten, die von der WHO als bedenklich oder als von Interesse eingestuft wurden, waren überwiegend dadurch gekennzeichnet, dass sie infektiöser als vorhergehende Varianten waren. Das ist bei Eris nicht der Fall, wie eine aktuelle deutsche Studie zeigt. Wissenschafter und Wissenschafterinnen des Deutschen Leibniz-Institut für Primatenforschung in Göttingen stellten fest, dass die Variante nicht infektiöser ist als ihre Vorgänger. Das heißt, sie kann Wirtszellen nicht effektiver befallen.
Allerdings kann Eris neutralisierenden Antikörpern besser entkommen als andere derzeit zirkulierende SARS-CoV-2-Linien und hat somit einen Vorteil bei der Infektion von Personen, deren Immunsystem nach Impfung oder Infektion neutralisierende Antikörper gebildet hat.
Wie gut sind wir vor Eris geschützt?
Ein Teil unseres Immunschutzes beruht auf neutralisierenden Antikörpern, die nach Impfung oder Infektion von den Zellen unseres Immunsystems gebildet werden. Neutralisierende Antikörper heften sich an das Spike-Protein von SARS-CoV-2 an und verhindern, dass das Virus in unsere Zellen eindringen kann – dies wird als Neutralisation bezeichnet.
Dennoch: Ein 100-prozentiger Schutz vor einer SARS-CoV-2-Infektion ist nicht gegeben, da auch das Virus sich verändern kann. Neuen Virusvarianten gelingt es meist, den neutralisierenden Antikörpern zumindest teilweise auszuweichen. Dieser Prozess wird auch als Antikörperflucht bezeichnet und beruht darauf, dass Mutationen im Spike-Protein bewirken, dass die neutralisierenden Antiköper nicht mehr optimal binden können.
Eris ist zwar nicht infektiöser als seine Vorgänger, allerdings entdeckte das Forscherteam, dass sich die Variante dem Immunsystem besser entziehen kann. "Wir haben Hinweise darauf gefunden, dass eine erhöhte Fähigkeit zur Antikörperflucht die wahrscheinliche Ursache für die verstärkte Ausbreitung von Eris ist", sagt Markus Hoffmann, Leiter der Studie. Eris werde weniger gut von Antikörpern neutralisiert, welche im Blut von geimpften bzw. infizierten Personen vorhanden waren.
Dieser Anstieg der Antikörperflucht sei aber moderat und "mitnichten ausreichend, um unsere Basisimmunität komplett zu unterwandern".
Braucht es einen angepassten Impfstoff oder wirken bestehende?
Im Herbst dieses Jahres werden neue angepasste Impfstoffe zum Einsatz kommen, die auf Basis der weitverbreiteten XBB.1.5-Linie von SARS-CoV-2 hergestellt wurden. Laut den deutschen Forscherinnen und Forschern sei davon auszugehen, dass diese Impfstoffe auch gegen Eris und seine Unterlinien wirksam sein werden. Die adaptierten Impfstoffe wurden auf Basis der weitverbreiteten XBB.1.5-Linie hergestellt – Eris ist ein Abkömmling der XBB.1.9-Linie und dadurch nahverwandt. Die verschiedenen XBB-Unterlinien weisen untereinander nur geringfügige Unterschiede auf.
Mehrere Hersteller entwickeln dennoch bereits einen gegen die Sublinie aktualisierten Impfstoff. Der US-Pharmakonzern Moderna teilte am Donnerstag mit, dass sein Serum in einer ersten Studie wirksam gegen Eris gewesen sei. Es soll rechtzeitig für die Saison im Herbst verfügbar sein – eine Zulassung gibt es dafür aber noch nicht. Auch Pfizer vermeldete, dass ein überarbeiteter Impfstoff in einer Studie mit Mäusen wirksam gegen Eris gewesen sei.
Eine Erst- beziehungsweise Auffrischungsimpfung, insbesondere für Risikogruppen und ihre Angehörigen, sei ratsam, heißt es auch vonseiten der Göttinger Forscherinnen und Forscher.
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