Boostern für die Herbstwelle: Für wen und wann Auffrischen Sinn macht
Österreich ist das bisher einzige Land in der EU, das eine dritte Covid-Impfung für Kinder von fünf bis elf Jahren empfiehlt. Am Montag gab das Nationale Impfgremium (NIG) bekannt, dass die Auffrischung spätestens vor Schulbeginn, also vor den voraussichtlich nächsten Infektionswellen im Spätsommer und Herbst erfolgen soll.
Kinderärztin Daniela Kasparek ist derzeit mit einer großen Nachfrage von Eltern konfrontiert, deren Kinder bereits zweimal geimpft sind. "Bei einigen ist der empfohlene Abstand von sechs Monaten zur Zweitimpfung bereits erreicht. Die Eltern wollen ihre Kinder nun rechtzeitig impfen – wir empfehlen aber bis August, September zu warten, um einen guten Schutz für den Herbst aufzubauen", sagt Kasparek. Auch wenn die sechs Monate zur Zweitimpfung erreicht sind, sollte also noch zugewartet werden.
Dass die dritte Impfung für Kinder von fünf bis elf Jahren noch nicht zugelassen ist – sie erfolgt Off-Label –, sei für die meisten Eltern kein Thema. "Viele sind dankbar, dass wir schon vergangenes Jahr ohne Zulassung geimpft haben. Alle anderen informiere ich darüber – die Aufklärung ist sehr wichtig", betont Kasparek.
Antikörper steigen an
Die Zulassung für die Auffrischung wird bald erwartet – in den USA haben die Impfstoffhersteller Biontech/Pfizer den Antrag darauf bereits gestellt, auch in der EU ist die Einreichung geplant. Kürzlich veröffentlichten die Unternehmen, dass die dritte Impfung in dieser Altersgruppe zu einer robusten Stärkung der Immunantwort führen soll.
Etwa vier Wochen danach stiegen die neutralisierenden Antikörper der Kinder um das 36-fache an. Und: Die Antikörperwerte waren ein Monat nach der dritten Impfung sechsmal höher als einen Monat nach der zweiten Impfung. Kinder, die genesen sind, sollen ebenso wie Erwachsene eine Auffrischungsimpfung erhalten. Durchgemachte Infektionen führen lediglich zu einer zeitlichen Verschiebung der Impfungen und zu einer verbesserten Immunitätslage, ersetzen aber laut NIG keineswegs einzelne Impfungen.
Booster-Effekt für den Herbst
"Die Empfehlung zur dritten Impfung heißt nicht, dass alle Kinder sie sofort erhalten sollen, sondern so, dass wir für die Herbst-/Wintersaison gerüstet sind. Den Booster-Effekt brauchen wir, wenn die Schule anfängt und alle aus den Ferien zurückkommen", sagt NIG-Mitglied Herwig Kollaritsch.
Auf einen an Omikron angepassten Impfstoff würde Kollaritsch nicht warten. "Es ist schwer kalkulierbar, ob wir wirklich variantenangepasste Impfstoffe im Herbst haben werden. Bei den mRNA-Impfstoffen habe ich starke Zweifel, ob sich das ausgeht. Ich denke, dass wir mit den vorhandenen Impfstoffen gut durchkommen", so Kollaritsch.
Vierter Stich für Ältere
Nicht warten sollten hingegen über 80-Jährige mit ihrer zweiten Auffrischung. Ihnen empfiehlt das NIG und auch die EU-Gesundheitsbehörde ECDC den vierten Stich vier bis sechs Monate nach der dritten Impfung, da sie ein hohes Risiko für schwere Verläufe haben. "Auch Jüngere können sich ein viertes Mal impfen lassen, wenn sie Risikopersonen sind. Dies sollte eine Einzelfallentscheidung zwischen Arzt und Patient sein", sagt Kollaritsch.
Die vierte Impfung für Risikopersonen ist derzeit ebenso wie die dritte Impfung für Kinder unter zwölf Jahren noch nicht zugelassen, dies wird bald erwartet. Viele Patienten seien aber verunsichert, ob sie sich überhaupt ein viertes Mal impfen lassen sollen, beobachtet Lungenfacharzt Arschang Valipour von der Klinik Floridsdorf in Wien: "Vor allem ältere, vulnerable Personen fragen mich regelmäßig danach und auch aus anderen Gesprächen merke ich, dass Unsicherheit und Unklarheiten bezüglich der Auffrischung bestehen."
Einer der Gründe dafür sei das Hin und Her bei der Impfpflicht, aber auch die sinkenden Zahlen, die das Impfen aus dem Fokus rücken lassen. Bis jetzt habe von seinen Patienten im Krankenhaus, die überwiegend Lungenkrebspatienten und immungeschwächt sind, kaum jemand eine vierte Impfung. "Ich kann die vierfach geimpfte Patienten an einer Hand abzählen. Seit kurzem gibt es aber verwertbare Daten zur vierten Impfung, die vorher gefehlt haben", so Valipour. Sie zeigen, dass die zweite Auffrischung bei Risikopersonen schwere Verläufe und die Sterblichkeit reduziert.
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