Die neuen Omikron-Subvarianten könnten noch ansteckender sein
Die Omikron-Subvarianten BA.4 und BA.5 bestimmen in Österreich das Infektionsgeschehen deutlich langsamer als ihre Verwandten Omikron-BA.1 und Omikron-BA.2. Hierzulande ist noch immer die Omikron-Schwester BA.2 dominant: Mit Stand 22. Mai verzeichnete die AGES bisher in Summe erst 463 Infektionen mit den neuen Omikron-Sublinien BA.4 und BA.5.
Doch in anderen Ländern nimmt der Anteil von BA.4 und BA.5 bereits deutlich zu. Jetzt zeigen neue Daten, dass dies möglicherweise auch auf Krankheitsverlauf eine Auswirkung haben könnte.
Die Varianten BA.4 und BA.5 stammen nicht direkt von den in Österreich dominierenden Varianten Omikron BA.1 und BA.2 ab: Alle Subvarianten haben jedoch einen gemeinsamen Omikron-Urahnen.
Die beiden Sublinien von Omikron wurden von der Europäischen Union und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als besorgniserregend eingestuft: Gesundheitsbehörden wie die Europäische ECDC gehen davon aus, dass sich BA.4 und BA.5 dem Immunschutz durch vorhergehende Infektion und Impfung besser entziehen als bisherige Varianten – insbesondere, wenn dieser im Lauf der Zeit nachgelassen hat.
Aus diesem Grund warnte der österreichische Virologe Andreas Bergthaler schon vor zwei Wochen: "Wenn eine neue Variante kommt, beginnt das mit sehr niedrigen Infektionszahlen. Da denken sich alle, wir haben ja eh kein Problem, die Spitäler sind leer. Aber epidemiologisch wäre das genau der richtige Zeitpunkt, um wieder Maske zu tragen und Vorkehrungen zu treffen", mahnte der Virologe.
Bisher sorgten beide Varianten in Südafrika, wo sie erstmals beschrieben wurden, und in Portugal für neue Wellen: Ein Grund könnte darin liegen, weil diese Länder eine große Omikron-BA.1-Welle hatten und sich beide Varianten von Omikron BA.1 deutlich unterscheiden. Im Vergleich dazu ist die Lage in Österreich anders: Da beide Sublinien zu BA.2 näher verwandt sind, könnten Österreicher nach der großen BA.2-Welle besser geschützt sein, weil sich die Varianten eben ähneln.
Wie verhält sich BA.4/BA.5 im Labor?
Schon bei der Variante BA.2 ging man nach Studienlage davon aus, dass ihr schneller Aufstieg wahrscheinlich darauf zurückzuführen ist, dass sie übertragbarer ist als BA.1. Und BA.2 kann Antikörper ebenso gut umgehen wie BA.1.
Entgegen der Wahrnehmung, dass BA.2 milder als ihre Vorgänger geworden sei, zeigt eine aktuelle Studie, dass eine Infektion mit BA.2 mit der Meldung von mehr Symptomen und größeren Beeinträchtigungen der täglichen Aktivitäten verbunden ist als Omikron BA.1. (Sie können die Studie hier auf Englisch nachlesen).
Die große Frage war bisher, wie sich die neuen Sublinien BA.4/BA.5 verhalten:
Die Real-World-Daten aus Südafrika und Portugal zeigten bisher keinen Unterschied hinsichtlich des Schweregrades einer Erkrankung mit BA.4 und BA.5 im Vergleich zu früheren Omikron-Linien. Allerdings kommt der aktuelle Preprint des japanischen Sato Labs in Tokio zu einem anderen Schluss: Die Daten deuten darauf hin, dass die Subvarianten möglicherweise virulenter sind als BA.2. (Sie können die Studie auf Englisch hier nachlesen.)
Infzierte Hamster verloren mehr Gewicht, wenn sie mit den neuen Sublinien infiziert waren als wenn sie mit BA.2 infiziert waren. Der Gewichtsverlust ist ein Indikator für die Schwere eines Infekts.
Generell zeigte sich in Neutralisations-Experimenten, dass BA.4/5 die Antikörper in Seren von geimpften Infzierten (Omikron BA.1 oder BA.2) etwa 2-mal besser umgehen konnte als BA.2. Ungeimpfte hatten nach einer Infektion mit BA.1 oder BA.2 keine funktionelle Immunität gegenüber den beiden neuen Varianten. Zudem war die effektive Reproduktionszahl 1,2 mal höher als jene von BA.2, dieser Wert bezeichnet die Anzahl der Personen, die im Durchschnitt von einem Fall angesteckt werden.
"Insgesamt deuten unsere Untersuchungen darauf hin, dass das Risiko von BA.4/5 für die globale Gesundheit potenziell höher sein kann als das von BA.2", so die Forscher abschließend.
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