Wer die Packung der Farbstoffe aufmerksam liest, findet mitunter den Warnhinweis "Kann Aktivität und Aufmerksamkeit von Kindern beeinträchtigen".
Diese Kennzeichnung muss laut der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) auf Produkten angebracht werden, die mit bestimmten Farbstoffen gefärbt wurden. Bei der Zutatenliste von Lebensmitteln sind die Farbstoffe an ihren E-Nummern erkennbar. Das sind:
Tartrazin (E102)
Chinolingelb (E104)
Gelborange S (E110)
Azorubin (E122)
Cochenillerot A (E124)
Allurarot (E129)
Studie zeigt Zusammenhang mit hyperaktivem Verhalten von Kindern
Der Warnhinweis zur Aufmerksamkeit von Kindern basiert auf einer Lancet-Studie aus dem Jahr 2007, in der ein Zusammenhang zwischen hyperaktivem Verhalten und Lebensmittelfarbstoffen gefunden wurde. Dazu erhielten 153 Dreijährige sowie 144 Acht- und Neunjährige Getränkemischungen, die zum Teil Farbstoffe enthielten. Anschließend wurde ihr Verhalten von Eltern und Lehrern bewertet und sie absolvierten einen computergestützten Aufmerksamkeitstest. Ein Teil der Kinder erhielt ein Placebo-Getränk ohne Farbstoffe.
Die Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass die getesteten künstlichen Farbstoffe zu erhöhter Hyperaktivität bei Kindern führten. Die EFSA prüfte diese Ergebnisse und führte 2010 eine Verordnung ein, wonach die genannten sechs Azo-Farbstoffe mit dem Warnhinweis gekennzeichnet werden müssen.
Für Regine Schönlechner vom Institut für Lebensmitteltechnologie der Universität für Bodenkultur Wien sind die Farben in Maßen dennoch unbedenklich. "Die Studie ist sehr umstritten, etwa, weil es sehr viele Einflussfaktoren auf die Aufmerksamkeit von Kindern gibt. Allgemein sind Zusatzstoffe für Lebensmittel nur nach toxikologischer Prüfung zugelassen, wenn sie unbedenklich sind. Hält man Höchstmengenbeschränkungen ein, sind die Farbstoffe sicher", meint Schönlechner.
Handelsübliche Mengen haben keinen schädlichen Effekt
Gesundheitsgefährdende Wirkungen könnten dann auftreten, wenn man die Farben pur und in großer Menge esse. Handelsübliche Mengen, die man zum Färben von Kuchenteig verwendet, hätten keinen schädlichen Effekt. Allerdings sollte man auf Mengenangaben achten und nicht zu viel Farbstoff verwenden. "Während sich Lebensmittelhersteller an konkrete Grenzwerte halten müssen, ist das beim privaten Kochen und Backen nicht der Fall. Selbst gemacht, heißt nicht automatisch gesünder – man kann Lebensmittelfarbe auch überdosieren", sagt Schönlechner.
Sie rät zu pflanzenbasierten Farbstoffen, die zum Beispiel aus roten Rüben oder Spinat gewonnen werden. Viele Hersteller etwa von Fruchtgummi bevorzugen seit Jahren pflanzliche Farbstoffe und verzichten auf Azo-Farben, um die Kennzeichnung hinsichtlich der Hyperaktivität von Kindern zu vermeiden. Wer Farbstoffe, beispielsweise Sets für Regenbogenfarben, kauft, findet jedoch häufig die genannten Azo-Farbstoffe unter den Zutaten. Schönlechner: "Man sieht, dass vor 20 Jahren Gummibärchen und andere Süßigkeiten viel intensiver in ihren Farben waren. Pflanzenbasierte Farben sind nicht so intensiv. Mit dem Konzentrat vom Saft roter Rüben bekommt man zwar ein schönes Rosa, aber kein Neonpink. Die Frage ist: Brauche ich wirklich eine neonpinke Torte?"
Farbstoffe in Aperol Spritz krebserregend?
Neben bunt gefärbten Produkten für Kinder, finden sich auch in Lebensmitteln für Erwachsene Azo-Farbstoffe. Bekanntes Beispiel ist der Aperol Spritz. Der dafür verwendete italienische Likör verdankt seine auffällige orange-rote Farbe den beiden künstlichen Farbstoffen Gelborange S (E 110) und Cochenillerot A (E 124). Anlässlich eines Gerüchts, das sich in sozialen Netzwerken verbreitet, Aperol Spritz sei aufgrund der enthaltenen Farbstoff krebserregend, veröffentlichte die deutsche Presseagentur DPA einen Faktencheck. Demnach gelten die Azo-Farbstoffe als "sehr umstritten" und könnten bei Menschen, die allergisch auf Aspirin sind oder generell anfällige für Allergien, zu sogenannten pseudoallergischen Reaktionen wie Hautrötungen führen.
Die in Lebensmitteln verwendenten geringen Mengen gelten jedoch - wie auch bei den Lebensmittelfarben zum Backen - als unbedenklich. Die Grenzewerte liegen bei E 110 bei vier Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht, bei E 124 bie 0,7 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht. Eine Person mit einem Körpergewicht von 70 kg könnte laut deutscher Verbraucherzentrale täglich bis zu 490 ml Aperol konsumieren ohne die empfohlenen Grenzwerte zu überschreiten. Das entspricht etwa acht Gläsern des Sommer-Getränks Aperol-Spritz.
Ob die im Aperol enthaltenen Farbstoffe krebserregend sind, dazu gibt es wenig Daten. Zwar gibt es Hinweise aus Tierstudien, allerdings bei langer Gabe in hoher Konzentration. Für den Menschen sei in Studien bisher kein solcher Zusammenhang festgestellt worden. Bekannt ist allerdings ein Zusammenhang zwischen dem Krebsrisiko und Alkoholkonsum.
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