Sollte man sich wegen der Affenpocken Sorgen machen?
Die Affenpocken sind in Österreich angekommen. Insgesamt meldete die WHO bisher mehr als 90 Fälle, sowie rund 30 Verdachtsfälle in Ländern, in denen das in West- und Zentralafrika heimische Virus normalerweise nicht auftritt. Wie gut sind wir geschützt? Der KURIER beantwortet die wichtigsten Fragen.
Sind die Affenpocken ein Grund zur Sorge?
Nein, meint Infektiologe Herwig Kollaritsch. "Man muss die allgemeine Aufregung beruhigen. Zum einen, weil es eine verlässliche Therapie gibt. Das seit heuer zugelassene Medikament Tecovirimat wirkt gegen alle Pockenviren sehr gut. Zum anderen gibt es mit Imvanex einen seit 2013 zugelassenen Impfstoff", betont Kollaritsch. Virologin Monika Redlberger-Fritz sieht ebenfalls keinen Grund zur Panik: "Ich glaube nicht, dass es zu einer Epidemie oder Pandemie kommen wird, da es für die Übertragung sehr engen Kontakt braucht und die Krankheit erst ansteckend ist, wenn man bereits Symptome hat."
Das Gesundheitsministerium betont auf KURIER-Anfrage, dass man in Österreich gut auf die aktuellen Gegebenheiten vorbereitet sei. "Eine steigende Dynamik hin zu einem breiten Infektionsgeschehen scheint aktuell äußerst unwahrscheinlich."
Wie werden Affenpocken übertragen?
Das Virus ist unter Nagetieren verbreitet, Affen können infiziert werden, sind aber Fehlwirte – das Virus kann sich in ihnen nicht weiterentwickeln. Menschen können sich bei infizierten Tieren und Menschen anstecken. Die Übertragung verläuft über Kontakt mit Körperflüssigkeiten, bei Berührung der Pusteln, über Tröpfchen aus der Atemluft bei engem Kontakt und durch kontaminierte Materialien wie z. B. Bettwäsche. Eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung gilt als selten, noch ist unklar, ob sich dies verändert hat. Dagegen spricht, dass Genomanalysen des jetzt auftretenden Virus identisch sind mit jenen früherer Fälle aus dem Jahr 2018. Die Frage ist allerdings noch nicht abschließend geklärt. Es ist jedenfalls das erste Mal, dass in Europa Infektionsketten ohne bekannte Verbindung nach West- oder Zentralafrika beobachtet wurden.
Symptome
Affenpocken verlaufen überwiegend mild. Die Krankheit beginnt meist mit Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen, gefolgt von einem typischen Hautausschlag, der sich am ganzen Körper ausbreiten kann. Die meisten Menschen erholen sich innerhalb von zwei bis drei Wochen und brauchen kein Medikament, da die Erkrankung von selbst ausheilt. Schwere Verläufe sind selten.
Unterschied
Anders als die klassischen Pocken verlaufen Affenpocken deutlich milder. Die mithilfe weltweiter Impfkampagnen seit 1979 ausgerotteten Pocken waren deutlich infektiöser und führten zu schweren Verläufen mit einer geschätzten Sterblichkeit von 30 Prozent.
Betrifft das Virus nur homosexuelle Männer?
Nein. Unter den bestätigten Fällen sind zwar laut WHO viele jüngere Männer, die nach eigenen Angaben sexuelle Kontakte mit Männern hatten – aber nicht ausschließlich. Einige nahmen an Sexpartys teil. "Das Virus macht keinen Geschlechtsunterschied, jeder kann sich mit Affenpocken infizieren", meint Redlberger-Fritz. Die sexuelle Übertragbarkeit sei nicht typisch, aber möglich. Dass von einer besonders betroffenen Gruppe – in diesem Fall Männer, die Sex mit Männern haben – berichtet wird, ist ein zweischneidiges Schwert, da es einerseits stigmatisierend wirkt und dazu führen kann, dass sich andere nicht gefährdet fühlen. Andererseits sollen gefährdete Personen auf die mögliche Ansteckung aufmerksam gemacht werden.
Wie lange sind Infizierte ansteckend?
Erkrankte Personen sind bei engem Kontakt so lange ansteckend bis die Pusteln vollständig ausgeheilt und die Krusten abgefallen sind. Dies dauert in der Regel zwei bis drei Wochen. In Großbritannien wird Kontaktpersonen empfohlen, sich bis zu 21 Tage zu isolieren – so lange kann es dauern, bis die Erkrankung ausbricht. Bisher gibt es allerdings keine internationalen Empfehlungen zur Impfung, zu Quarantäne oder dazu, ob Affenpocken meldepflichtig sind.
Soll ich mich impfen lassen? Wirkt die Pockenimpfung von früher noch?
"Zum jetzigen Zeitpunkt ist eine Impfung überhaupt nicht notwendig", betont Redlberger-Fritz. International wird über Impfempfehlungen, etwa für immungeschwächte Personen, beraten. Wer sich bis 1. Jänner 1981 gegen Pocken impfen ließ – so lange galt die Impfpflicht in Österreich – ist nach wie vor geschützt. Redlberger-Fritz: "Man weiß, dass alle, die pockengeimpft sind, auch einen guten Impfschutz vor Affenpocken haben. Es war damals eine Lebendimpfung, sodass von lebenslangem Schutz auszugehen ist." Der Impfstoff von damals wird heute aufgrund zu starker Nebenwirkungen übrigens nicht mehr verabreicht.
Enge Kontaktpersonen können nachträglich gegen Pocken geimpft werden. Diese sogenannte Abriegelungsimpfung soll ein Ausbrechen der Erkrankung bei potenziell Infizierten verhindern. Sie schützt, wenn sie innerhalb weniger Tage nach Kontakt verabreicht wird.
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