Ärztin über ihre Covid-Erkrankung: "Dass ich lebe, ist ein Wunder"

Ärztin über ihre Covid-Erkrankung: "Dass ich lebe, ist ein Wunder"
150 Tage musste eine Britin im Krankenhaus behandelt werden. Ihr selbst verfasster Fallbericht erschien nun in einem Fachjournal.

Sie ist Ärztin, Ehefrau und Mutter einer kleinen Tochter – und sie hat nach einem langen Kampf eine Infektion mit Covid-19 überlebt. Anushua Gupta verbrachte 150 Tage im Krankenhaus und musste anschließend erst wieder lernen, aufrecht zu sitzen, zu stehen und zu gehen. Sie war eine der ersten Patienten, die über eine ECMO - eine Maschine, die für Patienten teilweise oder vollständig die Atemfunktionsleistungen außerhalb des Körpers übernimmt - beatmet wurde. Diese „künstliche Lunge“ versorgt das Blut außerhalb des Körpers mit Sauerstoff und befreit es von Kohlendioxid. In der Covid-Behandlung ist die ECMO der letzte Ausweg.

Hoffnung geben

„Ich blieb 150 Tage im Krankenhaus, 34 davon verbrachte ich mit ECMO. Ich kann mich nicht an meine Zeit mit ECMO erinnern, aber die Befreiung davon war nicht das Ende meiner Geschichte. Ich musste zahlreiche körperliche und psychische Probleme überwinden“, berichtet Anushua Gupta in ihrem selbst verfassten Fallbericht, der in der Fachzeitschrift Anesthesia Reports erschienen ist. Gupta ist Allgemeinmedizinerin in Großbritannien und möchte mit dem Erzählen ihrer Geschichte anderen Hoffnung geben. Hoffnung, dass man zu „einer normalen Lebensweise zurückkehren und die Herausforderungen der Rehabilitation überwinden kann“, so Gupta.

Ärztin über ihre Covid-Erkrankung: "Dass ich lebe, ist ein Wunder"

Atemnot und Halluzinationen

Die Britin wurde in der ersten Welle der Pandemie, irgendwann im März und kurz nach ihrem 40. Geburtstag, infiziert. Am 1. April wurde sie ins Krankenhaus eingeliefert, drei Tage später verschlechterte sich plötzlich ihr Zustand. Sie litt unter schwerer Atemnot und bekam aufgrund des niedrigen Sauerstoffgehalts „visuelle Halluzinationen einer schwarzflügeligen Figur“, wie sie schreibt. "Meine schlimmsten Befürchtungen wurden wahr. Ich rief zuvor meinen Mann Ankur an und bat darum, unsere Tochter Ariana - damals erst 18 Monate alt - auf einem Videoanruf zu sehen, da ich dachte, ich würde sie nie wieder sehen", erinnert sie sich .

"Ich befürchtete, dass ich niemals den Traum erfüllen könnte, den mein Mann und ich hatten, zusammen bis ins hohe Alter zu leben. Ich musste jedoch für meinen Mann gelassen bleiben, der ebenfalls stark für unsere Tochter sein musste." Sie wurde später in dieser Nacht sediert, ohne zu wissen, dass sie die nächsten zwei Monate im künstlichen Koma bleiben würde.

34 Tage mit "künstlicher Lunge"

Am 13. April beschlossen die Ärzte, sie an eine ECMO anzuschließen, um ihre Überlebenschancen zu erhöhen. 34 Tage lang war sie auf die „künstliche Lunge“ angewiesen. Ein Monat später begann sich ihr Zustand zu verbessern, sodass sie langsam von der ECMO entwöhnt werden konnte. Auch die Beruhigungsmittel wurden langsam reduziert.

"Wie ein Baby im ersten Jahr"

"Meine Tochter war meine treibende Kraft und untermauerte meine Entschlossenheit, gesund zu werden. Mein Mann hat mich in jeder Hinsicht unterstützt ", erklärt sie. Die heute 41-Jährige litt unter mehreren Lungenkomplikationen, Schluckbeschwerden und verlor ihre Stimme aufgrund der langen Zeit auf der Intensivstation, von der sie sich dank der umfassenden Unterstützung durch Sprach- und Sprachtherapeuten allmählich erholt hat. Nur manchmal ist die Stimme nach wie vor heiser.

„Nach dem Absetzen der Beruhigungsmittel konnte ich zunächst nicht ohne Unterstützung aufrecht sitzen, nicht essen, meine Zähne putzen oder meine Haare frisieren – wie ein Baby im ersten Jahr. Obwohl ich völlig wach war, musste ich zwei Monate lang mit dem Hebezeug bewegt werden. In dieser Zeit sammelte ich mit immensem Input des Physiotherapie-Teams die körperliche und geistige Kraft, um mich langsam mithilfe eines speziellen Geräts zum Aufstehen zu bewegen. Es dauerte weitere Wochen, bis ich meine ersten Schritte unternommen hatte. Ich habe gelernt, dass man die entscheidende Rolle der Rehabilitation nach der Intensivpflege mit Sicherheit nicht unterschätzen kann", berichtet die Allgemeinmedizinerin aus dem Raum Manchester.

Psychologische Unterstützung

Sie erhielt auch umfassende psychologische Unterstützung, um mit der Angst vor der Trennung von ihrer Tochter und ihrer Familie sowie dem Trauma ihrer körperlichen Genesung fertig zu werden und verschiedene Bewältigungsstrategien einschließlich Meditation zu erlernen. Erst am 1. September 2020 konnte sie entlassen werden. Ihr Genesungsweg ist aber noch nicht abgeschlossen.

Langer Weg

"Meine Genesung ist keineswegs vollständig. Die Krankenpfleger haben mir gesagt, dass ich lebe, ist ein Wunder. Ich habe signifikante Veränderungen in meiner Lunge. Es ist nicht bekannt, ob diese Veränderungen reversibel sind. Ich bin immer noch kurzatmig, aber das verbessert sich und meine Belastungstoleranz wird auch besser. Ich habe das Gefühl, dass dies möglicherweise das ist, was andere als ,Long-COVID' beschrieben haben. Aber ich werde fitter und aktiver. Meine Leberfunktion hat sich verbessert, ist aber nicht ganz normal. Meine geistige Gesundheit ist viel besser. Ich versuche, eine sehr positive Lebenseinstellung zu behalten, und ich habe das Gefühl, eine zweite Chance erhalten zu haben", so Gupta.

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