47.000 Frauen untersucht: Begünstigen Haarfärbemittel Brustkrebs?

Symbolbild
Inhaltsstoffe, die in den Produkten verwendet werden, könnten eine Rolle bei der Entstehung von Brustkrebs spielen.

Fast drei Viertel der österreichischen Frauen (73 Prozent) färben sich zumindest gelegentlich die Haare, wie eine repräsentative Marketagent-Umfrage aus dem vergangenen Jahr zeigt. Auch zehn Prozent der Männer greifen des Öfteren zu Haarfärbemitteln. Aufgrund ihrer chemischen Inhaltsstoffe stehen diese schon seit Längerem in der Kritik.

Forscher werfen bereits seit geraumer Zeit einen prüfenden Blick auf die diversen Produkte, bisher fehlen jedoch aussagekräftige Belege für deren gesundheitsschädliche Wirkung. "Die Ergebnisse waren stets widersprüchlich", sagt Epidemiologin Alexandra White, Mitautorin einer neuen Studie des National Institute of Environmental Health Sciences (NIEHS), eine staatliche Forschungseinrichtung in den USA. Veröffentlich wurde die Erhebung im International Journal of Cancer.

Für die aktuelle Erhebung wurden Probandinnen untersucht, die bezüglich Brustkrebs genetisch vorbelastet sind – die Krebsart bei ihnen also gehäuft in der Familie auftritt – und daher ein erhöhtes Erkrankungsrisiko haben.

Anstieg der Erkrankungshäufigkeit

Untersucht wurden in Summe fast 47.000 Frauen zwischen 35 und 74 Jahren, die eine Schwester hatten, bei der bereits Brustkrebs diagnostiziert wurde. Bei den Probandinnen, die ihre Haare häufig färbten oder chemisch (und damit dauerhaft) glätteten, stellten die Forscher einen signifikanten Anstieg der Erkrankungshäufigkeit fest.

Frühere Untersuchungen hatten einen derartigen Zusammenhang bereits nahegelegt. Die Korrelationseffekte, also die Stärke des Zusammenhangs, waren jedoch meist gering. Die Studie des NIEHS bot Wissenschaftern die Gelegenheit, sich der Fragestellung mit einer größeren Stichprobe zu nähern. Die Teilnehmerinnen kamen aus unterschiedlichen Teilen der USA und Puerto Rico. Fast jede zehnte Teilnehmerin war Afroamerikanerin. Die Frauen wurde gebeten, einen Fragebogen mit Informationen zu ihrem Lebensstil – unter anderem die Häufigkeit des Gebrauchs von Haarpflegemitteln – zu beantworten. Auch demografische Angaben wurde erhoben, der Gesundheitsstatus der Frauen wurde acht Jahre nach Start der Studie überprüft.

Mehr als die Hälfte der Frauen gab an, im Jahr vor Beginn der Studie dauerhaft Haarfärbemittel verwendet zu haben. Etwa zehn Prozent gaben an, chemische Haarglätter verwendet zu haben. Die Forscher stellten fest, dass diese Frauen eine höhere Wahrscheinlichkeit aufwiesen an Brustkrebs zu erkranken. Besonders stark war dieser Zusammenhang bei afroamerikanischen Teilnehmerinnen. Insgesamt wurde während des Untersuchungszeitraums bei 2.800 Studienteilnehmerinnen Brustkrebs diagnostiziert.

Risikogruppe Afroamerikanerinnen

Unter den weißen Teilnehmerinnen, die mindestens alle fünf bis acht Wochen Haarfärbemittel verwendeten, war das Risiko, später an Brustkrebs zu erkranken, um acht Prozent höher als bei denjenigen, die keine Haarfärbeprodukte verwendeten. Schwarze Frauen, die ihre Haare färbten, hatten ein um 45 Prozent höheres Brustkrebsrisiko als Nicht-Anwenderinnen. Frauen, die diese Produkte alle acht Wochen oder öfter verwendeten, hatten ein um 60 Prozent höheres Risiko.

Die Verwendung eines Glättungsmittels alle paar Monate erhöhte die Wahrscheinlichkeit, dass eine Teilnehmerin an Brustkrebs erkrankte, um 30 Prozent, unabhängig von ihrer Hautfarbe. Allerdings gaben afroamerikanische Teilnehmerinnen auch weitaus häufiger an, chemische Haarglätter zu verwenden (74 Prozent im Vergleich zu drei Prozent bei weißen Frauen).

Alexandra White vermutet, dass dies auf Unterschiede in den Formulierungen der Farbstoffe und Glätter zurückzuführen sein könnte, die von Frauen unterschiedlicher Hautfarbe verwendet werden. Mitautor und Epidemiologe Dale Sandler fügt hinzu, dass gröberes, dickeres Haar möglicherweise auch mehr Farbstoff absorbiert. Weitere Untersuchungen seien erforderlich, um diese Annahmen zu bestätigen. Sandler ist jedoch überzeugt, dass es für Ärzte wichtig ist, über die Unterschiede Bescheid zu wissen, insbesondere, da in den USA schwarze Frauen häufiger an Brustkrebs sterben als weiße Frauen und die meisten früheren Untersuchungen zu den gesundheitlichen Auswirkungen von Haarfärbemitteln mit weißen Probandinnen durchgeführt wurden.

Komplexes Problem

Eine schnelle Lösung des Problems – durch ein Verbot bestimmter krebserregender Inhaltsstoffe etwa – scheint schwierig: "Haarfärbemittel enthalten mehr als 5.000 verschiedene Verbindungen und die Formulierungen ändern sich ständig", sagt White. "Einige Verbindungen weisen mehr Hinweise auf eine mögliche Karzinogenität auf als andere." Einige der stärksten Hinweise betreffen aromatische Amine, farblose Chemikalien in Haarfärbemitteln, von denen gezeigt wurde, dass sie zu krebsbedingten DNA-Schäden führen können. Semipermanente Farbstoffe enthalten weniger aromatische Amine, was sie möglicherweise sicherer macht als permanente Mittel.

Obwohl es sich lohnt, sich der mit Kosmetika verbundenen Risiken bewusst zu sein, ist es laut White noch zu früh, Haarfärbemitteln abzuschwören. "Wir wissen, dass viele verschiedene Faktoren das Brustkrebsrisiko beeinflussen." Ob der Zusammenhang kausal ist, ob Haarefärben also wirklich Brustkrebs bedingt, konnte in der aktuellen Studie nicht eindeutig geklärt werden.

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