Es ist ein sehr seltener, aber aufmerksamkeitserregender Fall: Bei einer 73-jährigen Unternehmerin aus Kärnten wurde ein 10,2 Kilogramm schwerer Tumor mit einem Durchmesser von 30 Zentimetern entfernt. Auch für den Chirurgen Reinhard Mittermair, der die Operation leitete, war es das erste Mal, dass er einen solch großen Tumor operierte. „In der Literatur sind derartige Fälle beschrieben, aber auch sehr selten. Es gibt schon immer wieder größere Tumore, aber eine solche Größe habe ich in meiner Zeit am Klinikum Klagenfurt noch nicht erlebt“, sagt Mittermair, Abteilungsvorstand der Allgemein- und Viszeralchirurgie am Klinikum Klagenfurt.
Keinerlei Beschwerden
Die 73-jährige Villacherin, die namentlich nicht genannt werden möchte, habe zwar gemerkt, dass ihr Bauch größer wird, sie dachte aber, dass sie Gewicht zugelegt hätte. „Sie hatte keinerlei Beschwerden, weder Schmerzen noch Probleme bei der Verdauung oder beim Harnlassen. Eine ihrer Töchter hat gemeint, es könnte sich um Wasseransammlungen handeln und erst auf ihren Druck hin ist sie zum Arzt gegangen“, erzählt Mittermair. Die Patientin gab an, dass sie zuvor noch nie Ärzte aufsuchte, auch nicht wegen anderen Dingen, da sie von sich meinte, dass sie gesund lebe und daher keine Mediziner brauche. „Auch in der Ambulanz, als der Tumor als Eierstockkrebs im Frühstadium diagnostiziert war, wollte sie mit der Operation noch zuwarten. Sie hat viel verdrängt, auch weil sie keine Schmerzen hatte“, sagt Chirurg Mittermair.
Achtung, die nachfolgenden Bilder von Tumor und Operation könnten verstörend wirken.
Glück im Unglück
Er schätzt, dass der Tumor über einen Zeitraum von zwei Jahren zu dieser Größe angewachsen ist. In dieser Zeit trug die eigentlich schlanke Patientin – sie wiegt 60 Kilogramm – oft wallende Kleider, um den Bauch zu kaschieren. „Sie hatte Glück im Unglück, da es sich um einen Eierstockkrebs im Frühstadium handelte und der Tumor gut abgekapselt war. Er war kaum bis gar nicht mit anderen Organen verwachsen“, so Mittermair, der das Gewächs in einer zweieinhalbstündigen Operation entfernte. Die Patientin benötigt nach der Operation weder eine Chemotherapie noch eine Strahlentherapie. Sie konnte das Klinikum Klagenfurt nach fünf Tagen bereits wieder verlassen.
Erste Kontrolltermine zeigen, dass sie keine Folgeschäden entwickelt hat. „Als man nach einer CT-Untersuchung in meinem Bauchraum einen größeren Bauchtumor diagnostizierte, war ich vorerst geschockt, plötzlich verändert sich alles, was macht man in einer solchen Situation?“, sagte die Unternehmerin laut Aussendung des Klinikums Klagenfurt. Sie lobte das Behandlungsteam, das ihr während des Aufenthalts ein Gefühl der Sicherheit vermittelt habe. „Für mich war es die wahrhaft richtige Entscheidung. Nochmals vielen herzlichen Dank an das gesamte Team.“
Später wäre Tumor "explodiert"
Viel später hätte der Tumor nicht entdeckt werden dürfen – innerhalb des nächsten halben Jahres wäre er wahrscheinlich nach innen „explodiert“, was die Patientin nicht überlebt hätte, meint Mittermair. Oder er hätte auf den Darm gedrückt und zu einem Darmverschluss führen können, wodurch eine Notoperation notwendig geworden wäre. Die Patientin hat jedenfalls ihre Einstellung geändert: "Bitte gehen Sie zum Arzt, wenn sie Beschwerden haben und scheuen sie nicht, das Krankenhaus aufzusuchen!“, rät sie allen, die von ihrem Fall lesen.
Folgen der Pandemie
Chirurg Mittermair geht davon aus, dass die Pandemie dazu beiträgt, dass Menschen zurückhaltender mit Arztbesuchen sind. Auch die 73-jährige Patientin gab an, dass sie – auch als ihr klar wurde, dass es wahrscheinlich keine normale Gewichtszunahme ist – wegen der Angst vor einer Ansteckung den Besuch beim Arzt hinauszögerte. „Wir haben bereits voriges Jahr im Herbst gemerkt, dass weniger Vorsorgeuntersuchungen stattfinden. Es gab beispielsweise viel weniger Dickdarmspiegelungen zur Vorsorge – im Frühjahr waren dann vermehrt Dickdarm-Karzinome zu sehen“, berichtet Mittermair. Ähnliches zeigte sich bei Schilddrüsenkarzinomen. „Alles, was nicht wehtut, ist früh nur durch Vorsorgeuntersuchungen feststellbar. Mein Appell ist, auch trotz Pandemie Vorsorge ernst zu nehmen.“
Mittermair spricht sich auch dafür aus, sich impfen zu lassen. Patienten wie die 73-jährige Villacherin könnten im Ernstfall überfüllter Intensivstationen nicht operiert werden, da kein Intensivbett frei wäre. „Stellen Sie sich vor, es wäre Ihre Mutter, um die es geht, und ich kann die Operation nicht durchführen, weil die Intensivstationen voll sind. Sie würde versterben.“
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