Brisanter Bericht: Wie uns der Klimwandel krank macht
Vierzig Tropennächte, in denen die Temperatur auch um vier Uhr in der Früh nicht unter 20 Grad abgesunken ist. Gleichzeitig eine 32 Tage andauernde Hitzewelle: Der Sommer 2018 hat in Wien wenig erfreuliche Rekorde gebrochen.
"Am heurigen Sommer sehen wir, wie schnell der Klimawandel Fahrt aufnimmt", erklärt Ingmar Höbarth vom Klima- und Energiefonds. Der Fonds hat bei namhaften österreichischen Forschungseinrichtungen eine umfassende Studie über den Zusammenhang zwischen Klimawandel, Gesundheit und Demografie in Auftrag gegeben. Der am Donnerstag präsentierte Special Report ist laut Studienleiter Willi Haas von der Universität für Bodenkultur Wien mehr als nur besorgniserregend.
3000 Hitzetote pro Jahr
Die Zahl der Tropennächte und Hitzetage wird in den nächsten Jahren weiter ansteigen, erklärt Ökologe Haas. So wird die Hitze und Trockenheit bis 2050 vom Seewinkel hinauf ins Waldviertel und in Lagen bis zu 2000 Höhenmeter über dem Meeresspiegel wandern. "Das hat unmittelbare Auswirkungen auf die Gesundheit der Österreicher."
Die Zahl der Hitzetoten wird sich in den nächsten fünfzig Jahren von derzeit 1200 fast verdreifachen. Schon heute besonders betroffen: Jene 14 Prozent Menschen in Österreich, die von Armut und Ausgrenzung bedroht sind, sowie Ältere und chronisch Kranke. Sie können es sich nicht leisten, dem dicht verbauten, tagsüber wenig Schatten und in der Nacht kaum Abkühlungen bietenden Wohngebieten in den Städten zu entfliehen. Ihre Gefährdung ist mit Zahlen belegt: Pflichtschulabgänger leben in Österreich 6,2 Jahre kürzer als Akademiker.
So betrachtet befeuert die Erderwärmung auch die soziale Ungleichheit. Betonen die Studienautoren. Und: Neben dem Klima- wird uns der demografische Wandel zunehmend zusetzen. Willi Haas: "Wird die Bevölkerung älter, steigt auch ihre Verwundbarkeit."
Volkskrankheit Allergie
Mit der Hitze steigt auch die Belastung durch Allergene dramatisch an. Beispiel Ragweed: Die Pollenmenge wird intensiver, sich weiter verbreiten, länger anhalten und mehr Menschen leiden lassen. Die österreichischen Forscher lehnen sich diesbezüglich an internationalen Berechnungen an: Diese gehen davon aus, dass bereits in zehn Jahren jeder zweite Europäer an Allergien leiden wird. Durch den Klimawandel ansteigen wird darüber hinaus die Belastung durch neue Krankheitserreger sowie die Zahl der Atemwegserkrankungen.
Am Ende des Berichts, der von 60 anerkannten österreichischen Umweltforschern und Medizinern verfasst wurde, gibt es auch zahlreiche Handlungsanweisungen an die Politik. Umweltministerin Elisabeth Köstinger erklärte nach Vorlage der umfangreichen Studie, dass es nun konkrete Lösungen braucht: "Von der Mission 2030 bis hin zum Hitzeschutzplan des Bundes gibt es bereits jetzt zahlreiche Maßnahmen und Strategien." Eine Aussage, die Forscher, die am Special Report mitgewirkt haben, mit Interesse registrierten. Kritisiert wurden von einigen die medienwirksame Inszenierung von Verkehrsminister Norbert Hofer für Tempo 140 auf zwei Autobahnteststrecken sowie die Einschnitte bei der Mindestsicherung, die vor allem jene treffen, die besonders am Klimawandel leiden.
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