Klimawandel gab es schon immer: Was jetzt anders ist
Ehe es das Internet gab, war das, was Guy Stewart Callendar tat, eine Pionierleistung: Der Hobby-Meteorologe trug Temperaturen aus aller Welt zusammen, von 147 Messstationen, berechnete die globale Mitteltemperatur und einen Trend für die vorausgegangenen 50 Jahre. Heraus kam: Die Erde hatte sich um 0,3 Grad erwärmt. Der britische Kraftwerksingenieur hatte 1938 entdeckt, dass der Mensch das Klima verändert. In seiner Untersuchung („Über die künstliche Produktion von Kohlendioxid und ihren Einfluss auf die Temperatur“) beschrieb Callendar den Treibhauseffekt – und hielt ihn für einen Segen. Dadurch „wird die Rückkehr der tödlichen Eiszeit-Gletscher hinausgezögert“, schrieb er.
Heute wissen wir dank Callendar und anderen Pionieren der Klimawandel-Forschung (siehe Grafik unten), dass sich das Klima seit der Entstehung der Erde vor 4,6 Milliarden Jahren ständig verändert hat. Fest steht: Ein „normales“ Erd-Klima gibt es nicht. Während des größten Teils seiner 4,6 Milliarden dauernden Existenz war unser Planet unwirtlich heiß. Anfangs herrschten über 600 Millionen Jahre lang 100 Grad und mehr. Nur langsam kühlte die Erde ab. Vor 900 Millionen Jahren begann dann der Wechsel von Warm- und Eiszeiten: Nur siebenmal brachten Eiszeitalter, die im Schnitt 50 Millionen Jahre dauerten, niedrigere Temperaturen; die Menschheit fällt in das jüngste dieser Eiszeitalter.
„Was davor in Sachen Klima war, ist für unsere Entwicklung nicht relevant“, stellt der Klimaforscher Christoph Matulla von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik fest. „Schauen wir uns die Erde in den vergangenen 800.000 Jahren an, sieht man große Schwankungen zwischen zwei Extremen – Eiszeiten und Warmzeiten. Das sind die ganz starken Gegenpole, in denen sich das Klimasystem Erde befunden hat. Doch den Homo sapiens gibt es erst einige 100.00 Jahre.“ In den letzten 12.000 Jahren habe sich der Mensch unglaublich entwickelt – „die Temperaturschwankungen in dieser Zeit – von der Steinzeit bis zum Weltraumspaziergang – betrugen aber nur ein Grad plus/minus. Höchstens!“
Alles deutet darauf hin, dass der Treibhauseffekt ein Schlüsselfaktor im Klimawandel ist. Diese Erkenntnis ist Eisbohrkernen aus der Antarktis zu danken. In sie eingeschlossene Luftbläschen zeigen, dass der -Gehalt der Atmosphäre und die Temperatur seit 650.000 Jahren miteinander steigen und fallen. So war die -Konzentration in der warmen Zeit vor Beginn der Industrialisierung deutlich höher als am Kältemaximum der jüngsten Eiszeit vor 20.000 Jahren. Treibhausgase sind also für die großen Klima-Umschwünge zwischen den Kalt- und Warmzeiten mitverantwortlich.
10.000 Jahre 14 Grad
Heute haben wir den Höhepunkt der astrologischen – natürlichen – Erwärmung fast erreicht und befinden uns in einer außergewöhnlich stabilen Warmphase. Seit 10.000 Jahren herrschen beständig um die 14 Grad, die globale Durchschnittstemperatur schwankt nur um maximal 2 Grad. Seit 500 n. Chr. waren es gar nur 0,5 Grad. Eine ähnlich stabile Warmzeit gab es zuletzt vor 400.000 Jahren. Jetzt aber droht das moderate Klima durch immer mehr Klimagase aus den Fugen zu geraten. In nur 200 Jahren Industrialisierung stieg die globale Temperatur stärker als in den gesamten 1500 Jahren davor. Gegenwärtig ist die -Konzentration der Atmosphäre so hoch wie seit 650.000 Jahren nicht mehr.
Was die derzeitige Warmzeit von früheren aber unterscheidet: „Die Geschwindigkeit, mit der sich dieser Wandel vollzieht“, sagt Klimaforscher Matulla und hat einen Beschleunigungsfaktor 20 errechnet. Klimaforscher halten mittlerweile einen rapiden Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um bis zu 6,4 Grad für möglich.
Wenn sich die Erde in 20.000 oder 30.000 Jahren wieder weiter von der Sonne entfernt, werden die Temperaturen sicher wieder sinken. Der Planet wird das also überstehen. Er hat Dutzende großer Temperaturschwankungen hinter sich. Die Menschheit aber war bei einer so gravierenden Klimaveränderung noch nie dabei.
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