Zurück zum AMS? Wie es mit Tausenden Corona-Jobs weitergeht
Die Pandemie schaffte zusätzliche Stellen in Teststraßen, Labors oder bei Zustelldiensten. Jetzt landen viele Kurzzeit-Kräfte wieder beim AMS. Die Bilanz ist dennoch positiv.
Die Corona-Pandemie kostete viele Arbeitsplätze, aber sie hat auch welche geschaffen: Allein im Gesundheits- und Sozialbereich gab es laut AMS im Vorjahr 24.000 Jobs (plus 9 Prozent) mehr als 2019. Dazu kommen Hilfs- und Fachkräfte für Testlabore und Impfstraßen, Contact-Tracing, 2-G- und 3-G-Kontrollen oder bei Zustelldiensten. Allein beim Jobportal karriere.at wurde im Vorjahr von mehr als 100.000 Jobsuchenden nach dem Begriff "Corona" gesucht, davon 22.000 mal nach "Corona-Tester".
Mit Auslaufen der Covid-Maßnahmen im März wackeln viele dieser „Corona-Jobs“. Allein beim „Alles Gurgelt“-Testlabor Lifebrain in Wien könnten bald 1.200 Stellen überflüssig sein. „Das Testgeschehen hatte zweifellos einen Beschäftigungseffekt“, sagt AMS-Vorstand Johannes Kopf zum KURIER.
Wie viele Corona-Jobs insgesamt entstanden sind und welche durch die Lockerungen der Covid-Maßnahmen jetzt wieder enden, lasse sich aber nicht beziffern. Auch deshalb, weil darunter viele Studenten, Pensionisten oder geringfügig Nebenbeschäftigte seien.
Aber wie geht es mit diesen Arbeitskräften jetzt weiter? Der KURIER fragte in jenen Branchen nach, die besonders viel zusätzliches Personal rekrutiert haben.
1. Testlabors
Sind die PCR-Tests künftig nicht mehr gratis, muss der Wiener Laborbetreiber Lifebrain, der die „Alles Gurgelt“-Tests abwickelt, womöglich drei Viertel seines Personals kündigen. Das sind die oben erwähnten 1.200 Jobs. „Die Entscheidung der Politik, alle Maßnahmen auf dem Höhepunkt der Pandemie einzustellen, sind nicht rational nachvollziehbar“, sagt Lifebrain-Chef Michael Havel. Er rechnet aber damit, dass es eine Zwischenlösung geben wird und für vulnerable Gruppen, Geimpfte und Leute der kritischen Infrastruktur die PCR-Tests künftig weiterhin gratis sein werden.
„Will man im Herbst Testkapazitäten haben, weil eine maligne Virus-Variante kommt, dann muss uns die Politik ein eindeutiges Signal geben. Dann werden wir versuchen, alle Mitarbeiter durch den Sommer durchzutragen und die Gehälter zu bezahlen“, so Havel. Beim Salzburger Labor Novogenia hingegen ist man noch zuversichtlich, keine Stellen streichen zu müssen.
2. Sicherheitsbranche
Hunderte Security-Mitarbeiter sind derzeit im Handel tätig und führen dort 2-G-Zutrittskontrollen durch. Ihre Jobs werden künftig nicht mehr benötigt. „Es ist nicht so, dass 100 Mitarbeiter schlagartig auf der Straße stehen, die Mitarbeiter werden in andere Bereiche umgeschichtet. Es bleiben uns auch die Zutrittskontrollen in Krankenhäusern und Seniorenheimen“, sagt Michael Kessler, Geschäftsführer von G4S und Berufsgruppensprecher der Bewacher.
„Auch die Universitäten halten die Zutrittskontrollen aufrecht, und wir haben einen Mehrbedarf an Mitarbeitern bei Veranstaltungen, die jetzt mehr stattfinden werden.“ Der Österreichische Wachdienst (ÖWD) hat rund 400 Mitarbeiter, die Kontrollen im Handel durchführen. „Wir werden niemanden abbauen, weil wir froh sind, dass wir diese Leute haben“, sagt ÖWD-Direktor Alexander Kiss. Die Mitarbeiter werden woanders eingesetzt.
3. Apotheken
Die Essenz-Apotheke in Wien-Mariahilf und Neubau hat in beiden Filialen 30 Personen (hauptsächlich Studenten, die geringfügig arbeiten; Anm.) angestellt, um Covid-Testungen durchzuführen, sagt Filialleiterin Eva Haas: „Es ist eine große Herausforderung, kurzfristig geeignetes Personal anzustellen oder zu kündigen. Derzeit halten wir Bewerbungen in Evidenz und warten ab, welche Maßnahmen in Wien kommen werden.“
Für Karin Simonitsch, Inhaberin der Marien-Apotheke, wenige Straßen weiter, ist die Situation ähnlich. Auch dort wurden hauptsächlich Studenten beschäftigt. Dass es auf Zeit ist, sei klar gewesen, dennoch müsse man sich von 90 Personen verabschieden. Ein größeres Problem stelle derzeit die Unklarheit rund um den 30. Juni dar. Bis dahin dürfen Apotheken auf Grundlage des Epidemiegesetzes Testungen durchführen. Simonitsch appelliert an die Politik, diese Frist zu verlängern und auch das Apothekergesetz entsprechend anzupassen, Verhandlungen dazu laufen gerade.
4. Gesundheitsdienste
Während das Rote Kreuz die Auswirkungen noch nicht abschätzen kann, rechnet man beim Samariterbund durchaus mit einem Personalabbau. „In welchem Umfang können wir noch nicht sagen. Das hängt von der Vorgehensweise der Stadt Wien ab“, so Sprecherin Karola Binder.
5. Lieferservice
Wird wieder weniger ins Homeoffice bestellt, werden viele Essenszusteller nicht mehr gebraucht. Stimmt so nicht, heißt es bei Lieferando. Zwar rechnet der Lieferdienst mit einem Rückgang an Bestellungen, doch dies sei eher saisonal bedingt. Je wärmer, desto weniger wird bestellt. „Der Trend zur Essenszustellung hat durch die Lockdowns erst richtig begonnen. Das Potenzial in Österreich ist noch lange nicht ausgeschöpft“, sagt Lieferando-Sprecherin Nora Walraph. Der Personalstand sei auf mehr als 2.000 Beschäftigte angewachsen und werde auch nicht sinken. Neue Mitarbeiter würden laufend gesucht – auch weil die Fluktuation in der Branche hoch ist.
Auch wenn für den Einzelnen der Jobverlust nach der Pandemie bitter sein möge, in Summe „war es gut, dass es während der Pandemie zusätzliche Beschäftigung gegeben hat“, resümiert AMS-Chef Kopf. Insbesondere weniger Qualifizierte hätten davon profitiert und dadurch ihre Vermittlungschancen am Arbeitsmarkt deutlich verbessert. Für den März rechnet der AMS-Chef ob der beginnenden Frühjahrsbelebung wieder mit einer starken Personalnachfrage.
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