Wohin mit dem Geld? Wege aus dem Zinsdesaster
Manche Gewohnheiten ändern sich nur sehr langsam – für Österreich gilt das ganz besonders. So ist das Sparbuch hierzulande weiterhin die mit Abstand beliebteste Anlageform, obwohl die Zinsen seit Jahren im Keller sind.
Eine Besserung ist für Sparer nicht in Sicht, im Gegenteil. Aufgrund der beginnenden Konjunkturflaute werden, da sind sich die Experten einig, noch einige Jahre die Zinsen für ungebundene Sparvermögen nahe der Nulllinie liegen.
Das Dilemma in Zahlen:
0,08 Prozent
So wenig Zinsen erhalten die heimischen Privathaushalte laut Nationalbank-Statistik auf ihre täglich fälligen Bankeinlagen. Zum Vergleich: Vor der Krise 2008 waren hier mehr als 2 Prozent zu lukrieren – so konnte zumindest der Inflation ein Schnippchen geschlagen werden. Heute helfen nicht einmal längere Bindungsfristen – auch damit ist nicht viel mehr zu holen.
Früher – vor der Krise – war es für Privatanleger vergleichsweise einfach. Wer sich etwa auf die stabile Finanzlage der Republik Österreich verlassen wollte, konnte zu sogenannten „Bundesschätzen“ greifen. Diese werfen jetzt durch die Bank 0,0 Prozent ab. Seit Juli 2019 ist nicht einmal mit einer Laufzeit von zehn Jahren mehr zu holen.
25,3 Milliarden Euro
So viel Kaufkraft haben die Konten und Spareinlagen der Österreicher seit Ausbruch der Krise – also von 2008 bis Ende 2018 – kumuliert verloren, wie die Berechnung von EcoAustria für den KURIER ergibt. Der Grund: Das tägliche Leben wird teurer, die Bankeinlagen werfen aber (so gut wie) keine Zinsen ab. Die Differenz ist das, was der „Inflationsteufel“ auffrisst. Zwar wird der Geldbetrag als solcher nicht kleiner (Negativzinsen hat der OGH in Österreich ausgeschlossen). Der Sparer kann sich aber am Ende des Tages weniger um sein Erspartes kaufen.
5,4 Prozent Aktionäre
Eine Alternative wären Wertpapiere aller Art wie Aktien oder Anleihen. Doch diese sind in Österreich generell unbeliebt. Sie haben zwar weitaus höhere Chancen auf Gewinne, doch ist zugleich auch das Risiko höher. Laut Nationalbank-Umfrage besitzen 5,4 Prozent der Österreicher direkt Aktien – das ist einer der niedrigsten Werte in Westeuropa. In Deutschland sind es fast 10 Prozent.
75.884 Euro
So hoch ist laut jüngstem Allianz Vermögensbericht das durchschnittliche Brutto-Geldvermögen von Herr und Frau Österreicher. Unter die Definition fallen Bares, Spareinlagen, Wertpapiere und Ansprüche, die in Lebensversicherungen oder Pensionsfonds stecken – Immobilienbesitz ist nicht erfasst. (Beim Brutto-Geldvermögen werden die Schulden nicht abgezogen).
Der Wert klingt imposant, könnte aber höher sein. Die Österreich haben jedoch mit ihrer ultrakonservativen Anlagetaktik höhere Ertragschancen links liegen gelassen.
Einzige Ausnahme: 2018 war ein sehr schlechtes Jahr für Aktien und Anleihen, da war die Übervorsicht - wie berichtet, siehe Link oben - ausnahmsweise ein Vorteil. Das wiegt aber die in den Jahren davor entgangenen Gewinne nicht einmal annähernd auf, wie die Tabelle zeigt.
Seit 2008 verzeichneten die Finanzwerte der Österreicher laut Allianz rund 40 Prozent Zuwachs. Das liegt unter dem Durchschnitt Westeuropas. Nur die Euro-Krisenländer (Irland, Spanien, Portugal, Italien, Griechenland) schnitten noch schwächer ab.
Wenn die Österreicher ihr Erspartes nicht langsam, aber sicher dahinschwinden sehen wollen, müssen sie sich aktiv um eine einträglichere Geldanlage bemühen. Denn auf ein Ende der jahrelangen Zinsmisere zu hoffen, hat wenig Aussicht auf Erfolg.
Konstanter EZB-Kurs
Christine Lagarde, die ab November Mario Draghi als Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) beerbt, hat bereits angekündigt, an seiner Null- und Negativzins-Politik festzuhalten. Und die EZB ist in den Euroländern für die Zinspolitik verantwortlich. Selbst in den USA, wo 2015 die Trendumkehr zu höheren Zinsen eingeläutet wurde, werden diese jetzt, wo es weltweit wirtschaftlich bergab geht, wieder gesenkt (siehe Grafik oben).
Fazit: Statt wie früher „Rendite ohne Risiko“ gibt es in der aktuellen Landschaft eher „Risiko ohne Rendite“.
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