Geld anlegen - so gehen Sie es am besten an
Wie soll man in Zeiten von Null- und Negativzinsen sein Erspartes noch sinnvoll anlegen: Bereitet Ihnen das auch Kopfzerbrechen? Dann zunächst einmal Glückwunsch. Für 32 Prozent der Österreicherinnen und 23 Prozent der Österreicher stellt sich diese Frage nämlich nicht. Sie verfügen über keine Ersparnisse, ergab eine ING-Umfrage.
Im Durchschnitt verfügt ein österreichischer Haushalt laut OeNB-Daten über 39.000 Euro Finanzvermögen in unterschiedlicher Form. Drei Viertel der Haushalte liegen allerdings darunter, nur ein Viertel darüber. Der typische Haushalt – also jener, der in der Verteilungskurve genau in der Mitte liegt (Median) – besitzt Finanzwerte in Höhe von 15.000 Euro. Da stellt sich die Frage: Wohin damit?
Wie viel von meinem Geld soll ich denn überhaupt veranlagen?
Wer einen Haushaltsplan mit den monatlichen Einnahmen und Ausgaben aufstellt, kann am besten abschätzen, wie viel Geld er problemlos zur Veranlagung vorsehen kann.
Wenn es bereits Erspartes gibt, sollten zwei bis drei Monats-Haushaltseinkommen (netto) zur Seite gelegt werden. Dieses Geld dient dazu, falls die Waschmaschine oder der Kühlschrank kaputt gehen oder eine dringende Reparatur beim Auto fällig wird.
Diese „eiserne Reserve“ sollte nicht nur sicher verwahrt, sondern jederzeit verfügbar sein: ein Fall fürs Konto, Taggeld oder Sparbuch ohne Bindungsfrist. Dass es hier so gut wie keine Zinsen gibt, muss man in Kauf nehmen.
Gibt es für mich womöglich schlauere Alternativen zur Geldanlage?
Das betrifft Haushalte, die gleichzeitig Erspartes, aber auch Schulden haben. Womöglich ist es für Sie rentabel, mit dem Sparbuchgeld ihren Kredit (zumindest teilweise) zu tilgen. Das gilt insbesondere dann, wenn es sich dabei um einen älteren, noch höher verzinsten Kredit handelt. „Die Zinsersparnis beim Kredit schafft eine indirekte Rendite“, erklärt Finanzexperte Christian Prantner von der Arbeiterkammer Wien. Und das wird oftmals mehr sein, als sich ohne allzu großes Risiko mit einer Geldanlage erwirtschaften ließe.
Was sollte ich vorab noch berücksichtigen?
Überlegen Sie sich gut, welches Ziel Sie verfolgen: Haben Sie den Kapitalerhalt im Blick, wollen Sie also nur verhindern, dass die Inflation die Kaufkraft ihres Ersparten wegfrisst? Geht es Ihnen darum, in der Pension einen Finanzpolster auf der Seite zu haben? Oder haben Sie eine konkrete Anschaffung im Auge, für die Sie in absehbarer Zukunft Geld brauchen werden? Je nachdem unterscheidet sich nämlich Ihr zeitlicher Veranlagungshorizont – das beeinflusst auch die Anlageentscheidungen und das Risiko, das sie eingehen können.
Okay, das ist alles geklärt. Wie und wo soll ich denn nun investieren?
Der wichtigste Tipp ist von zeitloser Gültigkeit und lautet: „Nie alle Eier in denselben Korb legen“. Logisch, denn wenn der runterfällt, sind alle Eier kaputt. Das gilt auch für die Geldanlage. Wer diese breit streut und in mehre Anlageklassen, Risikokategorien und geografisch unterschiedliche Märkte investiert (also im Fachjargon „diversifiziert“), der ist besser geschützt, wenn eine sogenannte „Assetklasse“ kracht.
Es mag schmerzhaft bleiben, aber zumindest droht dann kein Totalverlust. Deshalb nie alles auf eine Karte setzen – auch wenn man noch so überzeugt ist, dass diese oder jene Aktie ein Geheimtipp sei oder ein Crowdinvestment sich rechnen werde.
Breit streuen: Was heißt das konkret?
Traditionell ist die Anlagepyramide eine gute Orientierungshilfe. Sie wurde zwar für „normale“ Zeiten aufgestellt, hat aber auch in der Nullzinsphase noch Gültigkeit. Nur kann man sich leider nicht so sicher sein, dass diese Strategie jedenfalls Gewinne abwirft (siehe oben). Das Kurz-Fazit: An Aktien-Investments kommt man momentan schwerlich vorbei.
Ist jetzt nicht ein denkbar schlechter Zeitpunkt zum Geldanlegen?
Ja, es stimmt: Die globale Wirtschaft befindet sich in einer Abwärtsphase und es lauern viele Risiken – ob Brexit, Handelsstreit oder mögliche Kosten der Klimakrise. Nur: Wer den perfekten Zeitpunkt erwischen will, wird ewig warten: Der kommt nie.
Von der Idee, den idealen Moment erwischen zu können, sollte man sich tunlichst verabschieden, raten sogar die Veranlagungsprofis. „Die Leute fragen uns oft: Kann man jetzt noch einsteigen?“, sagt Robert Karas, oberster Veranlagungsstratege der Privatbank Gutmann. Sein Tipp: „Statt Ein und Aus wie bei alten Telefonen sollte man in den modernen Smartphone-Modus wechseln: Always on.“ Der Idealfall sei, „lebenslang in produktive Vermögenswerte investiert“ zu bleiben, sagt Karas – „und dazu gehören für mich Aktien“. Dann sitzt man nicht nur Schwächephasen aus, sondern vermeidet eine alte Börsianerweisheit: „Hin und her macht Taschen leer.“ Am ständigen Kaufen und Verkaufen verdient nur einer – die Depotbank, die sich über die Gebühren freut.
„Die besprochenen Wertpapiere und Investments dienen ausschließlich der unverbindlichen Information und ersetzen keine professionelle Beratung. Weder stellen diese Angaben ein Angebot, eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes zum Kauf oder Verkauf der erörterten Finanzprodukte, noch eine Erbringung von Anlageberatung dar. Der KURIER übernimmt insbesondere keine Haftung für künftige Kursentwicklungen.“
Die Pyramide steht Kopf
Sichere Basis
Die Veranlagungs-Pyramide besagt, dass der Großteil des Geldes sicher geparkt werden sollte; das ist das breite Fundament. Je nach dem, wie viel „Spielgeld“ darüber hinaus zur Verfügung ist, kann man höher klettern und mehr Ertrag anpeilen (und dementsprechend mehr Risiko eingehen).
Die hochspekulativen Instrumente ganz an der Spitze der Pyramide sind vor allem für Spezialisten gedacht. Wenn Sie dabei die hohen Ertragschancen reizen, sollten Sie auf jeden Fall nur so viel Geld einsetzen, wie Sie auch ohne Bedenken ins Kasino tragen würden. Sogar ein möglicher Totalverlust muss für Sie problemlos verkraftbar sein.
Die Nullzinsen verzerren
Traditionell war die Anlage-Pyramide immer ein guter Startpunkt, um die Geldanlage zu streuen. Das aktuelle Problem ist jedoch, dass die alten Gewissheiten nicht mehr gelten.
Bestes Beispiel: Früher gab es Ertrag praktisch ohne Risiko, jetzt gibt es in erster Linie Risiko ohne Ertrag. Das heißt: Mit sicheren Anlageklassen wie Sparbuch, Lebensversicherung, Bausparer, soliden Staatsanleihen ist nichts zu holen.
Durch die Wertpapierkäufe und lockere Geldpolitik der Notenbanken sei „die Risiko-Ertrags-Relation irritiert oder sogar außer Kraft“, erklärt Raiffeisen-Chefökonom Peter Brezinschek. Auf lange Laufzeiten, etwa zehn Jahre, halte er den Anleihensektor schon für riskanter als Aktien. Was der herkömmlichen, tradierten Anlagephilosophie widerspricht. Es bleibe somit abzuwarten, ob die Risikopyramide auch künftig noch so aussieht oder nicht doch eher wie ein Quadrat. Oder ob sie sogar auf den Kopf gestellt wird.
Die Ebenen der Pyramide - mit aufsteigendem Risiko
Geringes Risiko, sicherer aber geringer Ertrag
1. Sichere und flexible Finanzreserve: Girokonto, Tagesgeld, Sparbuch ohne Bindung
2. Sicherheitsorientiert (aber aktuell wenig/kein Ertrag): Festgeld, gebundene Spareinlage, Bausparen, Lebensversicherung, bestbewertete Staatsanleihen
3. Fokus auf mehr Ertrag, konservativ veranlagt: Mischfonds, Anleihenfonds, Immobilienfonds, bestbewertete Unternehmensanleihen
4. Noch höheres Wachstum und größere Kursschwankungen wie Risiken: Aktien, Aktienfonds, Anleihen geringer Bonität
5. Spekulativ: Optionen, Rohstoffe, Crowdinvesting, Kryptowährungen
Hohes Risiko, hoher möglicher Ertrag/Verlust
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