Sie ist 82 Jahre alt und Millionärin. Das allein wäre nicht allzu bemerkenswert. Was an der Deutschen Beate Sander aber wirklich bemerkenswert ist: Sie hat ihr Vermögen erst aufgebaut, als sie im Rentenalter mit Aktien zu handeln begann. Heute ist sie gefragter Gast auf Finanzkongressen und die bekannteste Börsen-Oma Mitteleuropas.
Mit 75 hatte sie ihre erste Million beisammen. Seither will sie vor allem Frauen überzeugen, sich in Aktien-Veranlagung zu wagen. „Ich möchte, dass das auch Leute mit Kleingeld machen. Ich will, dass das die Frauen machen, die viel ängstlicher sind als Männer, aber viel weniger Pension bekommen“, sagt sie im Gespräch mit dem KURIER anlässlich des Besuchs des Börsianer-Festivals in Wien.
Bis sie mit Aktien zu handeln begann, war sie eine einfache Frau: Lehrerin an einer Schule in Ulm, verheiratet, zwei Kinder. Der „Kick“ kam Mitte der 1990er-Jahre, als ihr Schuldirektor meinte, sie solle mit den Schülern ein Börsenspiel kreieren. „Das war die Zeit, als der Neue Markt an der Deutschen Börse gegründet wurde. Das war ein Hype. Da konnte man rasch mal 100 Prozent machen“, erzählt Sander.
„Das geht nicht mit einer braven, sicheren Anlage. Da muss man etwas riskieren“, sagt Sander. Und so begann sie, kurz vor ihrer Pensionierung, selber Aktien zu kaufen. 30.000 Euro, die sie in Nebenjobs mit Schreibmaschinen-Arbeiten verdient hatte, steckte sie in ihre ersten Börsen-Investments. Gesetzt hatte sie hauptsächlich auf die Deutsche Telekom.
Gefährliche Gier
„Diese Aktie war natürlich volatil. Aber verloren haben damit nur die Gierigen. Sie haben nämlich bei der zweiten Emission mit 60 Euro nochmals investiert und beim Höchst von 104 nachgekauft“, betont Sander. Nicht sie. Denn Gier ist nicht ihre Triebfeder. Sander ist eine unermüdliche Arbeiterin, die Herausforderungen sucht, Bücher schreibt und von früh bis spät Aktienkurse verfolgt.
Das große Geld aber stammt nicht von Telekom-Aktien. Denn: Deutsche Telekom halte sie nicht, weil sie eine Kursrakete erwarte, sondern wegen der hohen Dividenden.
Glück mit „Einhörnern“
Um Millionärin zu werden, hat die Börsen-Oma auf „Einhörner“ gesetzt. Das sind für Sander Firmen, die so „tolle Geschäftsmodelle haben, dass sie nach oben kommen“. „So etwas entdecke ich“, sagt sie. Denn sie habe ein „Entdecker- und Erfindergen“. So habe sie sehr früh die Firma Nemetschek entdeckt, deren Aktien im TecDax notieren. Die Firma mache genau das Richtige, nämlich Software für Architekten und die Bauindustrie. „Ich habe die Nemetschek-Aktie mit 1,28 Euro gekauft und für 55 Euro verkauft.“
Ähnlich viel, nämlich ein paar 1.000 Prozent, hat sie mit Sartorius-Aktien verdient oder auch mit Samsung. Nie verkaufe sie alle Aktien eines Unternehmens, auch bei Höchstkursen mache sie nur Teilverkäufe. Das Geld aus dem Teilverkauf lege sie dann wieder in billige Aktien an.
Ihre Grundsätze: Erstens breit streuen. Zweitens: meide Euphorie, Panik, Angst und Gier. Drittens: Niemals Aktien auf Kredit kaufen. Im Tech-Sektor glaubt Sander, neue Kursraketen gefunden zu haben – etwa in Varta, Carl Zeiss Meditech oder Eckart Ziegler. Aber sind Aktien aktuell nicht zu teuer? „Nein. Einsteigen soll man immer“, so Sanders Überzeugung. Aber: Börse verlangt Übung. Daher rät sie zum Einstieg in Fonds oder ETFs. Erst wenn man etwas mehr Geld hat, soll man Aktien kaufen.
Kommentare