Ein Zocker-Papier von der Republik Österreich
Mit dieser Frage halten Sie Finanzexperten auf Trab: Welches heimische Wertpapier hat in wenigen Monaten den Wert verdoppelt und sticht sogar die US-Highflyer wie Facebook und Co. aus?
Eine kleine, unbekannte Hightech-Aktie, vielleicht? Falsch, es ist die hundertjährige Staatsanleihe, welche die Republik Österreich im Herbst 2017 aufgelegt hat.
Verrückte Finanzwelt: Eigentlich sollte es kein faderes Papier geben, dabei zeigt die Anleihe Kursschwankungen wie ein hochspekulativer Titel. „Das ist eigentlich ein Optionsschein auf eine Deflationswette“, sagt Raiffeisen-Chefanalyst Peter Brezinschek.
Getrieben wurde die Kursexplosion des im fernen 2117 rückzahlbaren Papiers von der Erwartung noch tiefer in den Negativbereich fallender Zinsen. Deshalb geben sich Investoren unter Veranlagungszwang, die nicht alles in Aktien werfen dürfen, mit Mini-Renditen zufrieden. Am Tiefstand im August betrug diese nur 0,61 Prozent.
Zinsen verzerren
Die ultralockere Zinspolitik verzerre die Preise. „Wozu führt das? Man nimmt der jungen Generation die Möglichkeit des Vermögensaufbaus und der Altersvorsorge mit relativ risikoarmen Mitteln“, sagt Bernd Maurer, Chefanalyst bei Raiffeisen Centrobank: „Vom Sparbuch bis zum konservativen Anleihenfonds: Vergessen Sie’s.“ Den Zeitpunkt für Aktieninvestments sehen die Experten speziell ab 2020 positiv; die Industrie-Rezession vor allem in Deutschland sei schon weit fortgeschritten und weitgehend eingepreist.
Bei Österreichs Wachstum sind die Raiffeisen-Experten skeptischer als andere Ökonomen: Sie erwarten heuer 1,3 Prozent Plus und 0,8 Prozent für 2020. Im Jahr darauf sollte das Bruttoinlandsprodukt um 1,4 Prozent zulegen.
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