Wo Kleinanleger 10 Prozent Zinsen erhalten
Eine Verzinsung von zehn Prozent für zwei bis drei Jahre Bindung. Das klingt angesichts ebenso hoher Inflationsraten für viele Kleinanleger äußerst verlockend. Diese Rendite ist derzeit aber klarerweise weder auf Sparbüchern noch auf den Finanzmärkten drin. Es gibt aber eine seriöse Investmentform, die aktuell diese Zinsen bietet. Und zwar das sogenannte Crowdfunding.
Dabei unterstützt eine größere Gruppe von Investoren, also die Crowd, ein Projekt. Oft handelt es sich dabei um Immobilien, es gibt aber auch Investmentmöglichkeiten in neue Produkte oder Start-ups. Auf speziellen Internet-Plattformen präsentieren die Projektwerber ihre Pläne. Dort sind auch alle Details zur Finanzierung abrufbar. Crowdfunding ist ein weiterer Baustein der Finanzierung. Wobei das Geld der Crowd als Eigenmittel zählt. Und das macht es für die Kapitalnehmer interessant, weil sie so leichter an Fremdmittel kommen.
1 bis 2 Prozent mehr
Schon bisher zahlten diese der Crowd gute Zinsen von im Durchschnitt 6 bis 7 Prozent. Allerdings stieg in den vergangenen Monaten nicht nur die Inflationsrate, sondern auch das Zinsniveau. „Emittenten müssen nun um rund 1 bis 2 Prozent mehr Zinsen anbieten“, sagt Wolfgang Deutschmann, Sprecher der Plattform Rockets.
Und die Zinsen dürften noch weiter steigen. „Es gibt eine markante Entwicklung hin zu höheren Zinsen“, bestätigt dagobertinvest-Vorstand Andreas Zederbauer gegenüber dem KURIER. „Bei uns gehen neue Projekte momentan mit Zinssätzen von um die 10 Prozent an den Start.“ Bei Immobilien seien bereits acht Prozent üblich, sagt Tobias Leodolter, Chief Investment Officer von der Plattform Rendity.
Nachrangdarlehen
Die höheren Zinsen und Preise spüren aber auch die Darlehensnehmer. „Bei Immobilienprojekten gibt es steigende Bau-, Lohn- und Finanzierungskosten“, sagt Leodolter. Somit steigt auch das Risiko, dass sich die Fertigstellung von Projekten verzögert oder es sogar zu Totalausfällen kommt. Bei verspäteten Rückzahlungen fallen zusätzliche Zinsen an. Bei einem Ausfall sind Crowd-Investoren gegenüber Banken schlechter gestellt, da es sich um ein Nachrangdarlehen handelt. Kleinanleger können daher bei einer Pleite auch völlig leer ausgehen.
„Es wird mehr Fälle geben, in denen Zahlungen verspätet erfolgen“, so Zederbauer. Dafür gebe es zwei wesentliche Gründe: „Erstens führen Probleme bei den Lieferketten häufiger zu Verspätungen bei der Fertigstellung von Immobilien. Zweitens schlagen sich die erschwerten Bedingungen für Immobilienfinanzierungen bei Privatkunden auf den Verkauf von Immobilien bzw. einzelner Wohneinheiten nieder.“ Allerdings sei nicht jede Verspätung automatisch ein Problemfall. „Und die Unternehmen sind resilienter als man oftmals denkt“, ergänzt Daniel Horak, Managing Partner der Plattform Conda.
Genauere Prüfung
„In Projekte wird vorsichtiger investiert und auf eine zumindest teilweise gesicherte Verwertung geachtet“, nennt Deutschmann eine Folge des gestiegenen Risikos. Die Anbieter betonen, die beworbenen Projekte noch genauer zu prüfen und selektieren. Rendity ist laut eigenen Angaben stark in Wien und anderen Städten vertreten, wo es eine nachhaltige und natürliche Nachfrage nach Wohnraum gebe.
Und als Folge der hohen Inflation würden sich Kleinanleger beim Investieren etwas zurückhalten (müssen). „Allerdings investiert nur ein kleiner Teil weniger“, sagt Deutschmann. Es werde jedoch genauer überlegt, worin das Geld investiert wird. Die leichte Zurückhaltung spürt auch dagobertinvest. Daher wurde die Mindestinvestmentsumme je Projekt vorübergehend von 250 auf 100 Euro gesenkt. Zugleich gebe es aber verstärktes Interesse von vermögenden Privatanlegern und institutionellen Investoren, um ihr Portfolio zu diversifizieren.
Rekordjahr
Rund drei Viertel der in Österreich über die Crowd gesammelten Gelder (mehr als 100 Millionen Euro im Jahr) fließt in Immobilienprojekte. Bei Conda ortet man einen verstärkten Bedarf bei Start-ups und KMU, vor allem im Nachhaltigkeits- und Mobilitätsbereich. Rendity konnte im Vorjahr mit einem Finanzierungsvolumen von rund 35 Millionen Euro das Rekordjahr von 2021 wiederholen.
"Gerade im aktuellen Umfeld wird Crowdfunding eine wichtige Rolle spielen, weil Projektfinanzierungen mit mehr Eigenkapital unterlegt werden müssen", sagt Leodolter. "Das Wachstum ist in unserer Branche derzeit nicht mehr so exponentiell wie in den Anfangsjahren, aber es besteht kein zweifel, dass es sich nur um eine vorübergehende Zurückhaltung handelt", ist Zederbauer optimistisch.
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