Wo der Fiskus die Firmen so richtig aussackelt

Kassiert Argentinien mehr Steuern als Firmen verdienen? Fan von Noch-Präsidentin Fernández de Kirchner.
Skurril: In zwei Ländern zahlen Firmen mehr Steuer, als sie Gewinn einfahren. Österreich landet auf Platz 74.

Mehr als jeden zweiten verdienten Euro müssen Firmen in Österreich über Steuern und Abgaben an den Fiskus abliefern. Klingt furchtbar? Mancherorts muss auf jeden verdienten Euro sogar was draufgelegt werden: Der KURIER hat skurrile Auswüchse in der Studie "Paying Taxes 2016" der Weltbank und der Unternehmensberatung PwC unter die Lupe genommen.

Die Gewinnfresser

Unternehmer sein fällt in Argentinien offenbar unter Liebhaberei. Die Steuerlast soll dort zuletzt 137,4 Prozent des Gewinns betragen haben. Im Klartext: Die Firma musste den ganzen Jahresgewinn abliefern und noch gut ein Drittel drauflegen. Wie soll das gehen?

Laut Studie kassiert allein die Stadt Buenos Aires fünf Prozent vom Umsatz, was 88 Prozent des Gewinns auffrisst. Dazu kommen Sozial- und Unfallversicherungsbeiträge, die sich an den Löhnen bemessen, eine Steuer auf Banküberweisungen und Vermögenssteuern auf Grundstücke, Gebäude und Fuhrpark. Immerhin: Versteuerbarer Gewinn fällt dann gar keiner mehr an.

"Das muss ein Blödsinn sein", sagen Steuer-Experten: Warum nämlich die argentinische Umsatzsteuer (anders als die Mehrwertsteuer) den Gewinn schmälert, wisse wohl nur die Weltbank. Noch ärger wären demnach die Komoren, eine Inselgruppe bei Ostafrika: Dort ist die Steuerrate angeblich 216,5 Prozent (Österreich: 51,7 Prozent, Durchschnitt: 40,8 Prozent).

Die Bürokratie-Burgen

Ganze 2600 Stunden gehen in Brasilien für die Steuererklärungen drauf. Verwendet ein Mitarbeiter acht Stunden pro Tag dafür, wäre er 1,3 Arbeitsjahre beschäftigt – für ein einziges Steuerjahr. Und das nicht für einen Großkonzern, sondern für ein mittelgroßes Unternehmen mit 60 Mitarbeitern. Wenig besser ist Bolivien mit 1025 Stunden. Ratzfatz geht es dafür in den Vereinigten Arabischen Emiraten mit 12 Stunden, aber auch in Luxemburg mit 55 Stunden. Böse Zungen sagen: Wo keine Steuer, dort kein Aufwand (Österreich: 166 Stunden, Durchschnitt: 261 Stunden).

Paradies und Fegefeuer

Wer den Fiskus zum Davonlaufen findet, sollte gut abwägen. Laut der "Paying Taxes"-Rangliste wären die steuerlich attraktivsten Ziele nämlich Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate (ex aequo Platz 1) oder Saudi-Arabien (Platz 3). Ob diese Standorte heimischen Mittelständlern anzuraten wären? Die südpazifische Inselgruppe Vanuatu, die mit 8,5 Prozent effektiver Steuerrate lockt, könnte geografisch herausfordernd sein. Keine Option ist Bolivien, das auf dem letzten und 189. Platz liegt. In die Rangliste fließen neben der Steuersumme auch der Zeitaufwand und die Anzahl der Steuer-Transaktionen ein.

Die Österreich-Wertung

In der Studie hat Österreich gegenüber dem Vorjahr zwei Plätze eingebüßt und reiht sich auf Platz 74 von 189 Ländern ein, in guter Nachbarschaft zu Deutschland (Platz 72). Die Gesamtsteuerlast ist gegenüber dem Vorjahr von 52 auf 51,7 Prozent leicht gesunken.

Sie liegt aber höher als in 80 Prozent der Länder: EU-weit wird Österreich nur von Belgien (58,4), Frankreich (62,7) und Italien (64,8 Prozent) übertroffen. Ob die Unternehmen wirklich lieber in Griechenland Steuern zahlen würden (Platz 66 mit 49,6 Prozent)?

"Österreich verliert im internationalen Steuerwettbewerb weiter Plätze", kommentiert jedenfalls PwC-Steuerexperte Rudolf Krickl. Die Gesetze würden immer komplexer, auch mit der Steuerreform.

Die Daten basieren auf dem entsprechenden Kapitel der Weltbank-Publikation "Doing Business", das die Weltbank gemeinsam mit der Beratungsgesellschaft PwC erstellt. Zur Ermittlung der Steuerlast werden die Steuerkosten und der administrative Aufwand für ein (fiktives) regionales, mittelgroßes Unternehmen im zweiten Geschäftsjahr erfasst. Die Annahmen sind, dass es sich um ein Unternehmen handelt, das in der größten Stadt des Landes ansässig ist, Blumentöpfe herstellt und verkauft, zu 100 Prozent im inländischen Besitz ist und fünf Personen gehört.

Im Unternehmen sind 60 Mitarbeiter tätig, davon vier Manager, acht Assistenten und 48 Arbeiter. Der Umsatz beläuft sich auf das 1050-fache des Pro-Kopf-Einkommens, die Vorsteuer-Marge wird mit 20 Prozent angenommen. Es ist rein national tätig (keine Importe oder Exporte), besitzt zwei Grundstücke, von denen eines verkauft wird, ein Firmengebäude samt Maschinen und Anlagen sowie einen Mini-Fuhrpark (ein Lkw in Firmenbesitz, einer via Leasing).

Erfasst werden alle Pflichtsteuern und -beiträge, darunter fallen Gewinn- oder Körperschaftssteuern, vom Arbeitgeber zu zahlende Sozialversicherungsbeiträge und Steuern auf Arbeit, Vermögenssteuern, Grunderwerbsteuern, Dividendensteuern, Kapitalertragsteuern, Finanztransaktionssteuern, Müllgebühren, Kfz-Steuern und Straßenabgaben sowie weitere eher unbedeutende Steuern und Gebühren. So werden in Österreich unter anderem auch die Kammerabgabe und die Werbesteuer inkludiert.

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