Wirtschaftsminister Kocher bald Nationalbank-Gouverneur?
Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) hat sich für den im nächsten Jahr frei werdenden Posten des Nationalbank-Gouverneurs beworben. "Währungspolitik und Finanzmarktstabilität werden in Zukunft aus meiner Sicht eine noch viel wichtigere Rolle einnehmen. Es ist eine Aufgabe, im Rahmen derer man wichtige Möglichkeiten zur positiven Gestaltung Österreichs, Europas und des Standorts hat", sagte Kocher zur Kronen Zeitung.
Auf der ÖVP-Bundesliste für die Nationalratswahl im Herbst wird er demnach nicht stehen. "Nicht, weil ich das nicht spannend fände, sondern weil ich einfach für mich im Moment, in einer exekutiven Funktion mehr Gestaltungsspielraum sehe", so der Ökonom, der vor seinem Ministerjob Chef des Institutes für Höhere Studien (IHS) war.
Kritik der Opposition wegen zu früher Ausschreibung
Nationalbank-Gouverneur ist aktuell Robert Holzmann, sein Vertrag läuft bis Ende August 2025. Dass der Job bereits jetzt ausgeschrieben wurde, hatte zu Kritik der Opposition geführt, sie wirft der Regierung vor, vor der heurigen Nationalratswahl noch Fakten schaffen zu wollen. Prominentestes Mitglied der Führung der Nationalbank ist Präsident Harald Mahrer, der in seinem Brotberuf Präsident der Wirtschaftskammer Österreich ist.
Kochers Statement zur 41-Stunden-Woche
Zur aktuellen Diskussion über eine eventuelle Ausweiterung der Normarbeitszeit auf 41 Stunden stellte der Arbeitsminister klar: "Wogegen ich mich immer ausgesprochen habe, ist eine gesetzliche Änderung für die Normarbeitszeit. Die soll aus meiner Sicht so bleiben, wie sie ist. 32 Stunden sind aus meiner Sicht nicht darstellbar. Es macht aber, finde ich, auch keinen Sinn mehr Normarbeitszeit vorzusehen."
Die Österreicherinnen und Österreicher seien "sehr fleißig", betonte der Minister und rechnete vor: "Wir haben eine hohe Zahl an Überstunden. Auch die tatsächlich geleisteten Wochenstunden, gerade in Vollzeit, sind hoch. Andererseits haben wir im internationalen Vergleich auch relativ viele Feiertage und freie Tage."
Der Fokus müsse auf jenen liegen, "die Vollzeit arbeiten wollen, aber nicht Vollzeit arbeiten können". So soll der Ausbau von Kindergarten- oder Kinderbetreuungsplätzen für die Ein- bis Dreijährigen vorangetrieben werden, weil hier die Notwendigkeit am größten sei. Grundsätzlich meinte Kocher: "Diese aktuelle Regierung ist einer der arbeitnehmerfreundlichsten Regierungen seit sehr Langem."
Preistransparenz in Supermärkten gefordert
Zur besseren Transparenz bei den hohen Supermarktpreisen meinte Kocher, dass die Handelsketten über eine Schnittstelle Daten für Online-Preisvergleichsplattformen bereitstellen sollen. Dies sei aktuell in "politischer Koordinierung", es müsse jedenfalls sichergestellt sein, dass neben dem Preis auch die Qualität, die Herkunft des Produktes und die Menge angegeben wird. "Ich hoffe sehr, dass er noch beschlossen wird, aber wir brauchen eine Mehrheit dafür", so der Minister zur "Krone".
Aktuelle Herausforderungen am Arbeitsmarkt
In einer Presseaussendung nahm Kocher am Dienstag auch zur Rot-Weiß-Rot-Karte für Arbeitskräfte aus Nicht-EU-Staaten Stellung. "Junge Menschen über 18 Jahre aus Drittstaaten, die ein Angebot von einem österreichischen Ausbildungsbetrieb haben, sollen zukünftig eine Lehrausbildung in Österreich absolvieren können." Denn zu den Herausforderungen am Arbeitsmarkt zählt Kocher den demografischen Wandel. "Laut Prognosen der Statistik Austria sinkt die Anzahl von Personen im Haupterwerbsalter bis 2050 um rund 270.000 Personen. Gleichzeitig soll die Personengruppe der über 65-Jährigen um rund 940.000 Personen ansteigen", gibt der gelernte Ökonom zu bedenken.
Weiters rechnete er heute vor: Im Jahr 2023 kam auf eine über 65 Jahre alte Person ungefähr eine Person unter 20 Jahren, bis zum Jahr 2050 werde dieses Verhältnis um 50 Prozent auf 1,5 ansteigen. Von 2013 auf 2023 hat sich die Zahl der offenen Lehrstellen von ursprünglich durchschnittlich 3.420 auf rund 9.000 beinahe verdreifacht. 2023 befanden sich 108.266 Jugendliche in einer Lehrausbildung, 9.253 davon mit Drittstaatsangehörigkeit, also aus einem Land außerhalb der EU kommend.
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