Wie die Robinhood-Rebellen die Börse erobern wollen
Bald Multi-Milliardär statt „Rächer der Armen“: Mit der Legende des Helden in Strumpfhosen hat Robinhood-Gründer Vlad Tenev nur noch wenig gemeinsam. Der noch für Juni angekündigte Börsegang seines 2013 mitbegründeten FinTechs ist wohl der bisher größte in diesem Jahr an der US-Technologiebörse Nasdaq – und wird in der Finanzwelt mit Spannung erwartet. Der Börsenwert des Börse-Rebells wird von Analysten auf 30 Milliarden Dollar geschätzt.
Wie erklärt sich dieser horrende Wert für eine Smartphone-App? Kurzum, diese App revolutionierte den Wertpapierhandel. „Wir wollen mit Robinhood die Finanzwelt für alle demokratisieren“, so die Gründungsidee des 34-Jährigen, gebürtigen Bulgaren. Die Trading-App will Privatanlegern den Zugang zu Märkten ermöglichen, die sonst von Investment-Profis beherrscht werden
Weil selbst Laien ohne viel Geld und Finanzwissen Aktien, Optionen oder Krypto-Assets wie Bitcoin so simpel wie in einem Videospiel kaufen und verkaufen können, löste die Handelsplattform eine Zockerwelle unter jungen Menschen aus und Robinhood wuchs zum Schrecken der alten, etwas verstaubten, Brokerwelt heran.
Umstrittene Deals
Weltweit bekannt wie berüchtigt wurde das in der Fachwelt „Neobroker“ genannte Unternehmen wegen enormer Kursturbulenzen der über die App spekulativ gehandelten Titel des Videospielhändlers Gamestop und des Kinobetreibers AMC. So hat sich nach einer Finanzierungsrunde Mitte Mai der AMC-Aktienkurs gut verdreifacht. Ein riesiges Geschäft während der Pandemie ist der Handel – oder besser gesagt die Spekulation – mit Krypto-Assets, darunter auch die umstrittene Phantasiewährung Dogecoin.
Die Kursturbulenzen lassen sich mit dem innovativen Geschäftsmodell des Neobrokers erklären: Die Handelsplattform verzichtet auf Trading-Gebühren, sondern kassiert stattdessen Geld für Kundenaufträge, so genannte „Payments for Order flow“. Dabei werden Kauf- und Verkaufsorder für Aktien oder Optionen an spezielle Highspeed-Trader weitergeleitet, die der App eine Gebühr zahlen, dass sie die Trades ausführen können. Sie kaufen sich quasi die Option auf Orders.
Allein im ersten Quartal 2021 nahm Robinhood 331 Mio. Euro aus diesen Rückvergütungen ein. Das Modell stößt jedoch auf Kritik, weil es eine Vermischung von Handel und Spekulation ist und zu Verwerfungen am Kapitalmarkt führen kann. Die Regulierungsbehörden sind alarmiert.
Prominente Kontrollore
Um die Auflagen für den Börsengang zu erfüllen, ließ Robinhood kürzlich mit prominenten Neuzugängen im Aufsichtsrat aufhorchen. Der frühere Weltbank-Chef Robert Zoellick wird ebenso Teil des Kontrollgremiums wie iPod-Entwickler und Ex-Bridgewater-Chef Jon Rubinstein. Ab 17. Juni sitzt mit PwC-Partnerin Paula Loop auch eine Frau im Aufsichtsrat.
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