Rechtliche Hürden
Der Experte versteht zwar die Ungeduld Peschorns, „aber wir haben in Österreich kein Konzern-Insolvenzrecht, das einen Gesamtüberblick ermöglichen würde“, sagt Weinhofer. „Peschorn meint, jeder Insolvenzverwalter schaut nur auf sein eigenes Verfahren. Das ist grundsätzlich richtig, es geht aber gar nicht anders.“ Denn es gibt datenschutz- und gesellschaftsrechtliche Hürden, die einen Informationsaustausch untereinander behindern. Die Vielzahl der Signa-Pleiten zeigt auf, dass Österreich ein Konzerninsolvenzrecht dringend benötigen würde. „Zugleich muss man aber bedenken, dass die Signa-Insolvenzverfahren erst im November 2023 eröffnet wurden und somit noch sehr jung sind“, sagt Weinhofer. „Bei Insolvenzen mit Milliarden-Forderungen wie im Fall Signa Prime und Signa Development braucht man einfach Zeit.“ So habe man bei weit weniger komplexen Verfahren wie der Libro AG insgesamt 14 Jahre für die Abwicklung gebraucht.
„Wir fühlen uns als Gläubigerschutzverband voll informiert und auf dem Laufenden gehalten. Es gibt immer wieder sehr aufschlussreiche Berichte der Insolvenzverwalter, die aber nicht immer für die Öffentlichkeit bestimmt sind“, sagt der Creditreform-Chef. „Herr Peschorn ist selbst Mitglied in mehreren Gläubigerausschüssen und müsste ebenfalls über diese Informationen verfügen.“
Mutmaßliche Vermögensverschiebungen
So hat der Sanierungsverwalter der Signa Prime Selection AG in seinem fünften Bericht aufgezählt, dass er bei 450 Geschäftsfällen zum Beispiel Anfechtungs- und Schadenersatzansprüche identifiziert habe, die mehr als 400 Millionen Euro in den Insolvenztopf einspielen sollen. „Die Insolvenzverwalter können ja nicht ins Blaue klagen, das muss alles geprüft und von den Gläubigerausschüssen genehmigt werden“, sagt Weinhofer. „Klagen sind ja auch mit hohen Kosten verbunden.“
Geht es nach Peschorn, dann sollen mutmaßliche Vermögensverschiebungen des mittlerweile insolventen René Benko lokalisiert werden. „Verschiebungen von Vermögen innerhalb der Familie Benko können bis zu zehn Jahre zurück angefochten werden“, sagt Weinhofer.
Indes soll Benko den Großteil des Familienvermögens in zwei, drei Stiftungen gebunkert haben. „Bei Privatstiftungen ist es komplizierter. Das Stiftungsrecht schützt das Stiftungsvermögen“, sagt der Experte. „Herr Benko musste in seinem Firmen-Konkursverfahren ein Vermögensverzeichnis abgeben, hat er etwas verschwiegen, macht er sich strafbar.“ Fakt ist: Der Masseverwalter hat die Oberhoheit über das gesamte geschäftliche Gebaren.
Zahlungsplan oder Tilgungsplan
René Benko lebt derzeit von rund 3.000 Euro unpfändbarem Gehalt von der familiären Immo-Gruppe und von Zuwendungen seiner Familie.
„Im Firmen-Konkursverfahren erhält er aber keine Restschuld-Befreiung. Er bleibt persönlich haftend auf den Verbindlichkeiten sitzen“, sagt Weinhofer. Das könnten bis zu zwei Milliarden Euro sein. Nach dem Abschluss des Firmen-Konkurses wird ihm daher nichts anderes übrig bleiben, als einen Privatkonkurs anzumelden. Laut Weinhofer hat er dabei zwei Möglichkeiten: Er kann den Gläubigern einen Zahlungsplan mit einer fixen Quote anbieten oder einen Tilgungsplan, bei dem das pfändbare Vermögen drei Jahre lang unter Aufsicht eines Treuhänders abgeschöpft wird.
Kommentare