Warnung vor Streiks: ÖGB-Chef Katzian appelliert an Arbeitgeber
ÖGB-Chef Wolfgang Katzian hat heute an die Arbeitgeber appelliert eine Kollektivvertragseinigung auf Basis der rollierenden Inflation zu finden - sonst könnte es zu Protestmaßnahmen von Handel, Metallindustrie und den Sozialberufen kommen, die bis zu 900.000 Arbeitnehmer umfassen. Der ÖGB-Chef bekräftigte heute, Freitag, vor streikenden Mitarbeitern des EVVA-Werkes in Wien die Solidarität sämtlicher Gewerkschaften für den Arbeitskampf der Beschäftigen der Metallindustrie.
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Der Betrieb des Sicherheitstechnik-Herstellers EVVA wurde deshalb als öffentlichkeitswirksamer Ort des Protestes gewählt, weil dessen Firmenchef Stefan Ehrlich-Adám KV-Chefverhandler der Arbeitgeber des Fachverbandes der Metalltechnischen Industrie (FMTI) mit seinen 135.000 Mitarbeitern ist. Insgesamt hätten sich zuletzt mehr als 100.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Metallindustrie direkt an den Streiks wegen der ausstehenden Einigung auf den Kollektivvertrag 2024 (gültig ab November 2023) beteiligt, hieß es gestern von den Gewerkschaften zur APA.
Babler sprach Solidarität aus
Die Firma EVVA betonte am Freitag gegenüber der APA: "Hier waren streikende Personen aus anderen Betrieben, sowie Funktionär:innen der PRO-GE, der GPA, der AK und von der SPÖ beteiligt.". Weiters hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme des Unternehmens: "Die EVVA-Mitarbeiter:innen haben heute alle einen Tag Sonderurlaub erhalten um sie zu schützen."
SPÖ-Vorsitzender Andreas Babler sprach den Beschäftigten heute seine "volle Solidarität" aus: "Seit über einem Jahr leiden die Österreicher*innen unter der höchsten Inflation in Westeuropa. Die Preise für Lebensmittel, Energie und Wohnen steigen immer weiter - da müssen die Löhne mithalten", so Babler. Er betonte: "Hätte die Regierung wie in anderen Ländern in die Preise eingegriffen, wäre die Inflation niedriger. Wenn die Arbeitgeberseite jetzt über die notwendigen Forderungen der Gewerkschaft stöhnt, muss sie sich bei der Regierung bedanken."
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Am Tisch liegt die Forderung der Arbeitnehmervertreter von PRO-GE und GPA von 10,6 Prozent mehr Brutto-Lohn und -Gehalt, gestartet wurde das Feilschen um den KV 2024 am 25. September mit dem Wunsch nach plus 11,6 Prozent. Die Arbeitgeber haben zuletzt nach Eigenangaben im Schnitt 8,2 Prozent Lohnerhöhung und für die unteren Beschäftigungsgruppen bis zu 12 Prozent geboten - allerdings teilweise mit Einmalzahlungen, die die Gewerkschaften bis dato ablehnen. Die Industrie wäre aber zu einer Nachbesserung bereit, wenn es dafür Abschläge im Rahmenrecht, also beispielsweise bei Überstunden, gibt.
ÖGB-Katzian warnt vor Streiks
Einigung bei den Beamten
Am kommenden Donnerstag wird in der achten Runde in der Wirtschaftskammer in Wien weiter verhandelt. Um den KV 2024 feilschen derzeit auch der Handel und die Sozialberufe. Eine Einigung gab es vorgestern bei den Beamten, sie erhalten im Schnitt um 9,15 Prozent mehr. Vor Beginn der KV-Runde für die Metallindustrie, die traditionell die Herbstlohnrunde einläutet, gab es eine Einigung auf die Pensionserhöhung 2024, diese liegt bei 9,7 Prozent.
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Wifo-Chef Gabriel Felbermayr meinte gestern zur Metaller-Lohnrunde, wenn man heuer beim Abschluss "ein bisschen unter der rollierenden Inflation" von 9,6 Prozent bleibe, dann könne man dies 2024 "verpflichtend draufschlagen". Auch einen Teil der Lohnerhöhung in Arbeitszeitverkürzung oder mehr Urlaub umzuwandeln sei wohl Thema am Verhandlungstisch. "Das Wifo sagt aber nicht, akzeptiert Reallohnverluste", so der Wirtschaftsforscher.
Einen Tag zuvor erklärte der Chefverhandler des Fachverbandes der Metalltechnischen Industrie, EVVA-Chef Ehrlich-Adám, zu den laufenden Streiks: "Wir treten den Streiks mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln entgegen. Jede Form von unzulässiger Behinderung oder Blockade wird zur Anzeige gebracht. Klar ist auch, dass die Streikenden für die Zeit der Arbeitsniederlegung keinen Lohn erhalten, dafür sind die Gewerkschaften zuständig." Es werde auch kein Geld der Arbeitgeber für die bereits stattgefundenen Arbeitsniederlegungen geben. Auf jeden Fall hätten die Streikenden Lohneinbußen. "Das müssen die Gewerkschaften auch aktiv kommunizieren, damit die Beschäftigten keine böse Überraschung erleben, wenn am Ende des Monats die Lohnabrechnung kommt", betonte Ehrlich-Adám.
Verhandelt wird derzeit auch über den KV für die 130.000 Beschäftigten im privaten Pflege-, Gesundheits- und Sozialbereich. Die Gewerkschaften GPA und vida fordern ein Plus von 15 Prozent, mindestens aber 400 Euro. Um die Gehälter und Löhne geht es auch für die über 430.000 Handelsangestellte. Die Arbeitgeber boten hier zuletzt Plus fünf Prozent und eine Einmalzahlung von 800 Euro. Die GPA machte ein Gegenangebot von 9,5 Prozent und einem Fixbetrag von 40 Euro.
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