Vollbremsung im März: VW-Zahlen zeigen die Folgen der Pandemie

Die VW-Werke sollen allmählich wieder hochfahren
Weltgrößter Autobauer strich Ausblick 2020. Quartalsbetriebsgewinn 80 Prozent tiefer, drei Milliarden Euro Liquidität weg.

Die Coronavirus-Krise hinterlässt tiefe Kratzer bei Volkswagen: Der Stillstand der Produktion in Europa ließ den Betriebsgewinn des weltgrößten Autobauers im Auftaktquartal binnen Jahresfrist um 80 Prozent auf 0,9 Milliarden Euro einbrechen. Daraufhin strich das Management um Konzernchef Herbert Diess am Donnerstag die Prognose für das Gesamtjahr.

Die Auswirkungen der Pandemie auf die Kundennachfrage, Lieferketten und die Produktion seien derzeit nicht verlässlich einschätzbar, teilte VW mit. Mit ihren vorläufigen Zahlen gab der Autobauer als einer der Ersten Einblick, wie stark die Coronakrise die Branche getroffen hat.

VW-Chef Herbert Diess unter Druck

VW-Chef Herbert Diess

Vollbremsung im März

Dabei liefen die Geschäfte im Jänner und Februar noch einigermaßen. Erst in der zweiten März-Hälfte zwangen die Auswirkungen der Pandemie die Autobauer zu einer Vollbremsung.

Das zweite Quartal könnte also noch schlechter ausfallen, da die Produktion frühestens Ende April überall wieder in Gang kommen soll. Auch dann ist allerdings nicht absehbar, ob es ausreichend Kunden gibt, die in der Krise ein Auto kaufen.

Die Hoffnungen der Anleger richten sich daher auf das starke China-Geschäft von VW, das nach der Eindämmung des Virus dort bereits angelaufen ist.

Rohstoffkosten, Währungen belasten

Es sei derzeit nicht absehbar, wann eine neue Prognose für das aktuelle Geschäftsjahr möglich sei, hieß es in einer Ad-Hoc-Mitteilung. Auch die Porsche SE, über die die Familien Porsche und Piech die Mehrheit an Volkswagen halten, kassierte ihre Gewinnprognose.

Neben dem weitgehenden Stillstand der europäischen Werke bei weiter laufenden Kosten schmälerten Belastungen durch Turbulenzen an den Rohstoff- und Kapitalmärkten und negative Währungseinflüsse das Ergebnis um 1,3 Mrd. Euro. Der Umsatz schrumpfte prozentual weniger stark von 60 Mrd. Euro vor Jahresfrist auf 55 Mrd. Euro.

Viel Cash verbrannt

Die Netto-Liquidität von Volkswagen im Autogeschäft schmolz wegen des Stillstands in Europa im Vergleich zum Jahresende um 3,5 auf 17,8 Mrd. Euro. Der Konzern hatte schon beim Aufziehen der Coronakrise Gegenmaßnahmen ergriffen, um die Kosten zu senken und die Liquidität zu sichern.

Diess hatte unlängst erklärt, der Konzern verbrenne rund 2 Mrd. Euro pro Woche, weil den Kosten kaum Einnahmen gegenüberstehen. Im Zuge der ersten Lockerungen der Corona-Beschränkungen der deutschen Regierung will auch Volkswagen die Produktion in seinen Werken stufenweise wieder anfahren.

Produktion fährt hoch

Den Anfang sollen in der kommenden Woche die VW-Werke in Zwickau und Bratislava machen. Eine Woche später folgen die übrigen deutschen Produktionsstätten sowie die Fertigung in Portugal, Spanien, Russland und den USA, im Mai dann sukzessive auch Südafrika, Argentinien, Brasilien und Mexiko.

Mercedes, Opel, Toyota, Ford

Auch Daimler will ab Montag wieder loslegen. Dazu soll der Betrieb in den Powertrain-Werken von Mercedes-Benz in Hamburg, Berlin und Untertürkheim nächste Woche stufenweise wieder anlaufen.

Der japanische Rivale Toyota kündigte an, die Fertigung im nordfranzösischen Werk Onnaing ab Dienstag wieder hochzufahren. Die ersten zwei Wochen soll dort nur in einer Schicht gearbeitet werden.

Auch die Opel-Werke in Kaiserslautern, Eisenach und Rüsselsheim bereiten die Wiederaufnahme der Produktion vor. Ford wird voraussichtlich ab 5. Mai in Deutschland wieder Autos bauen.

Vorsichtsmaßnahmen

Überall wurden umfangreiche Maßnahmen für den Gesundheitsschutz ergriffen, um die Ansteckungsgefahr für die Mitarbeiter gering zu halten. Dadurch verringert sich in einigen Fällen der Takt an den Bändern und damit auch die Produktivität.

Anfangs dürften aber ohnehin nur wenige Fahrzeuge aus den Hallen rollen, weil die Produktion behutsam hochgefahren werden soll. Wann die Werke wieder rund laufen können, hängt auch davon ab, ob ausreichend Teile geliefert werden. Auch darf es zu keiner neuen Infektionswelle kommen, die einen neuen Stillstand erzwingen könnte.

Die Autobauer hatten die Bänder in ihren Werken in der zweiten März-Hälfte angehalten, weil Lieferketten wegen der Einschränkungen durch die Pandemie rissen und die Ansteckungsgefahr die Konzerne dazu zwang, ihre Fabriken dichtzumachen. Hunderttausende Mitarbeiter wurden in Kurzarbeit geschickt.

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