Vermögende drohen mit Abwanderung

Vermögende drohen mit Abwanderung
Urteil des Obersten Gerichtshofs räumt Familien weniger Einfluss in ihren Stiftungen ein.

Die nächste Drohung an die Regierung: Nach Industriekonzernen wie der voestalpine und Banken wollen nun auch Österreichs Reiche ihr Kapital, das sie in österreichischen Privatstiftungen liegen haben, außer Landes bringen. Rund 100 Stiftungen sind bereits abgewandert.

Der Grund: Die derzeit noch 3257 heimischen Stifter, darunter so bekannte Persönlichkeiten wie Niki Lauda oder Attila Dogudan und die Ex-Minister Martin Bartenstein oder Rudolf Streicher, sind über einen Spruch des Obersten Gerichtshofs (OGH) höchst empört. Dieser sieht nämlich den Stiftungsbeirat, der mit Familienmitgliedern des Stifters besetzt ist, als Aufsichtsrat-ähnliches Gremium an, das daher auch mit familienfremden Personen zu besetzen sei. "Das beschränkt die Einflussmöglichkeiten der Familie enorm. Wir fordern eine Klarstellung durch eine Gesetzesnovelle", betont Wirtschaftstreuhänder Günter Cerha im Gespräch mit dem KURIER.

Nachdem die steuerlichen Vorteile von Privatstiftungen seit Jahren weniger würden, sei mit dem für Stiftungen schädlichen OGH-Spruch nun das Fass zum Überlaufen gebracht worden. "Neugründungen von Privatstiftungen in Österreich gibt es so gut wie keine mehr. Und zunehmend mehr Stifter sind dabei, ihre Vermögen nach Liechtenstein zu übersiedeln", betont Christoph Kraus, Generalsekretär des Verbandes der Privatstiftungen.

Die Politik dürfte vergessen haben, was das vor 20 Jahren von der SPÖ-geführten Regierung erlassene Privatstiftungsrecht für Österreich gebracht hat: Viel Auslandskapital – berühmt etwa die Flick-Stiftung – übersiedelte damals nach Österreich.

Gemeinnützig

Die Pläne der Regierung, mit einem neuen Gesetz die Errichtung von gemeinnützigen Stiftungen zu ermöglichen, lehnt der Stiftungsverband ab. "Die Idee ist völlig absurd", sagt Cerha. Jemand, der sein Vermögen in eine Privatstiftung eingebracht habe, werde doch nicht eine zweite Stiftung für gemeinnützige Zwecke gründen.

Wichtig sei allerdings, dass es für Stifter, die Teile ihres Kapitals spenden wollen, Klarstellungen gebe. So würden steuerliche Bestimmungen derzeit die Spendentätigkeit behindern. Zu eng gefasst sei zudem die Definition der Vereine, die als gemeinnützig gelten. Nur Spenden an diese könnten von der Steuer abgesetzt werden.

Privatstiftungen: 70 Milliarden Euro

Anzahl: In den 3257 Privatstiftungen in Österreich liegt Vermögen im Wert von rund 70 Milliarden Euro. Der Großteil davon sind Unternehmensbeteiligungen und Immobilien, nur ein kleiner Teil ist in Wertpapieren veranlagt.

Steuern: Als unter SP-Finanzminister Ferdinand Lacina 1993 Privatstiftungen in Österreich gesetzlich erlaubt wurden, war die Besteuerung extrem niedrig. Inzwischen müssen auch Stifter für Vermögensentnahmen 25 Prozent KeSt zahlen.

KURIER: "Raten Sie als auf Stiftungen spezialisierter Anwalt Ihren Klienten noch, eine Stiftung in Österreich zu gründen?"
Max Eiselsberg: Ja, wenn es die Verhältnisse verlangen. Es gibt zwar keinen Steuervorteil mehr für Stiftungen, sie können aber ein Instrument für einen Generationenwechsel sein. Manchmal soll man einen Nachfolger vor dem Vermögen schützen – oder auch umgekehrt.

Steht die Politik den Stiftungen prinzipiell positiv gegenüber?
Ich habe immer mehr den Eindruck, dass die Politiker mit dem Begriff Vermögen nichts anfangen können.

Was halten Sie von einer neuen Vermögenssteuer?
Eine Primitividee. Wer sagt, dass es die in der Schweiz auch gibt, muss dazusagen, dass die Steuerlast dort insgesamt wesentlich geringer ist.

Damit soll die Lohnsteuerentlastung finanziert werden.
Besser wäre es, die staatlichen Aufgaben neu festsetzen und das Steuersystem daran zu orientieren. Für eine Vermögenssteuer gibt es keine objektive Bemessungsgrundlage. Daher kann ich nur Vermögensteile erfassen, die ohnehin schon besteuert sind. Aber soll man das Geld eines Pensionisten, der für seine künftige Pflege in der Seniorenresidenz anspart, noch einmal versteuern? Und was passiert bei Substanzverlusten, also etwa bei Aktien- Kursverlusten? Wie und mit welchem Aufwand wird das dann gegengerechnet?

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