Verkaufstricks im Supermarkt: Was wirklich an den Mythen dran ist
Beim Thema Einkaufen kann jeder mitreden. Hat doch jeder schon einmal spontan deutlich mehr Geld an der Kassa liegen lassen als geplant. Und dann die Schuld von sich gewiesen. Hin zu den miesen Verkaufstricks der Handelsmanager. Der KURIER hat nachgefragt, wie hoch der Wahrheitsgehalt ausgewählter Verkaufsmythen ist.
Mythos 1: Große Einkaufswägen sollen beim Konsumenten den Eindruck erwecken, dass sie stets halb leer sind. Also zu mehr Einkäufen verleiten. Zudem lassen sich die Wägen oft nur schwer schieben, um es den Konsumenten unmöglich zu machen, schnell durch die Gänge des Supermarktes zu fahren.
Stimmt, mit der Einführung der Hypermärkte sind auch die Einkaufswägen größer geworden. Und ja, Konsumenten sollten so immer das Gefühl haben, dass der Wagen noch halb leer ist und noch gut ein paar weitere Artikel verträgt. Dass unebene Böden und Einkaufswagerln mit schlecht rollenden Rädern den Konsumenten auf seiner Reise durch den Markt ausbremsen sollen, ist aber längst ein Mythos. Den Verkaufsprofis geht es, anders als in den 1970er-Jahren, nicht mehr um den schnellen Umsatz, sondern um die mittel- und langfristige Kundenbindung.
Mythos 2: In der Quengelzone vor der Kassa machen die Supermärkte und Diskonter bis zu fünf Prozent ihres Ladenumsatzes.
Das war mal so, ist aber Geschichte, beteuern Branchenkenner. Auch wenn der Wille so kurz vor dem Bezahlvorgang bei vielen schwach ist – und sie zur (auf den Kilopreis teuren) kleinen Schokoladetafel greifen lassen. Auch in der Handelslandschaft habe sich herumgesprochen, dass Eltern genervt sind, wenn ihre Kinder in der Kassenzone ständig irgendetwas haben wollen. Ganz schlecht für die Kundenbindung. Deswegen haben viele Händler die Süßwarenabteilung auch nicht mehr direkt vor der Kassenzone eingerichtet. Die Konsumenten sollen schließlich entspannt einkaufen. Dafür sorgen auch Temperaturen um die 20 Grad. Dass die Händler in Zeiten hoher Energiepreise bei den Heiz- und Kühlkosten sparen werden, bezweifeln Branchenkenner. Zu groß das Risiko, dass sich Kunden im Geschäft nicht mehr so wohlfühlen und weniger kaufen.
Mythos 3: Die Kassenbänder werden immer kürzer, um Kunden zum schnelleren Auflegen der Ware und Verlassen des Geschäfts zu drängen.
Im Gegenteil. Psychologisch geschickt sind relativ lange Kassenbänder, auf die mehrere Kunden gleichzeitig ihre Ware auflegen können. „Das gibt Konsumenten das Gefühl, etwas zu tun und keine Zeit zu vergeuden“, sagt der Psychologe und Neuromarketing-Experte Hans-Georg Häusel. Gleichzeitig kosten die Bänder aber natürlich Platz und damit Geld – deswegen ist im „Auffangbecken“ nach der Scannerkasse schnell Schluss mit der Großzügigkeit.
Mythos 4: 70 Prozent der Einkäufe sind Spontankäufe.
Stimmt im Textilhandel, nicht im Supermarkt. Wobei es hier auch um eine Definitionsfrage geht. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, kauft tendenziell immer das Gleiche. Deswegen spricht Häusel lieber von „Gewohnheitskäufen“. Diese würden „50 bis 70 Prozent der Lebensmitteleinkäufe“ ausmachen.
Hans-Georg Häusel
Der Konsum-Psychologe, Hirnforscher und Buchautor weiß, dass die meisten Entscheidungen unbewusst fallen. Und all jene, die beim Lebensmitteleinkauf aufs Geld schauen wollen (oder in Zeiten der hohen Inflation müssen), am besten die guten, alten Tipps aus Großmutters Zeiten beachten.
Regel Nummer 1
Niemals hungrig einkaufen gehen – sonst landet mehr im Einkaufswagerl, als man wirklich braucht.
Regel Nummer 2
Einen Einkaufszettel schreiben, sich also schon daheim überlegen, was man kochen will. „Viele sind zu faul, gehen ins Geschäft und lassen sich dort einfach inspirieren“, meint Häusel. Wenn man im Geschäft ist, auch wirklich nur kaufen, was auf dem Einkaufszettel steht.
Regel Nummer 3
Nicht blindlings zur erstbesten Marke im Regal greifen, rät Häusel: „Wer zu Handelsmarken greift, kann bis zu 20 Prozent sparen – und das oft bei gleicher Qualität.“
Anekdote am Rande
Und last but not least kann es aus Frauensicht lohnend sein, seinen Partner mit zum Einkaufen zu schleppen. Studien haben ergeben, dass Männer tendenziell quengeln und damit die Wohlfühlatmosphäre im Supermarkt etwas beeinträchtigen. Sprich, die Kauflaune hemmen. Kein Zufall also, dass es bei großen Hypermärkten oft im Eingangsbereich eine Kaffee-Ecke oder einen Stand mit Bratwurst-Angeboten gibt, an dem Frau ihren Mann abgeben kann, um ungestört einkaufen zu gehen.
Kommentare