Er war zehn Jahre lang Energie-Sprecher der SPÖ im Parlament und führt heute als Präsident den 1,2 Millionen Mitglieder starken Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB).
Im KURIER-Gespräch erklärt Wolfgang Katzian, wie der ÖGB-Preisdeckel funktionieren soll:
KURIER: Herr Präsident, Ihr Pendant in der Sozialpartnerschaft, Wirtschaftskammerchef Harald Mahrer, hat die Politik scharf kritisiert. Sein Punkt: Während die Russland-Sanktionen seit Monaten in Vorbereitung waren, habe man die Energiesicherheit vernachlässigt. Teilen Sie die Kritik?
Wolfgang Katzian: Im Grunde ja. Die Sanktionen sind richtig gewesen, weil es absolut keine Rechtfertigung für den russischen Angriffskrieg gibt. Gleichzeitig muss man sehr genau hinschauen, wen man mit Maßnahmen treffen will. Und hier wurde den Menschen nicht klar genug kommuniziert, wie die Folgen der Sanktionen aussehen. Es reicht nicht zu sagen „Wir werden alle ärmer werden“ – außerdem ist es falsch. Die Zahl der Millionäre ist in Europa weiter gestiegen, über die Frage, welchen Beitrag diese Menschen zur Krisenbewältigung leisten, muss man noch reden.
Reden wir zunächst über den Energiepreisdeckel: Sie fordern ihn seit langem, wobei seriöse Ökonomen erklären, dass er nicht funktioniert, weil Lieferanten bei gedeckelten Preisen irgendwann weniger liefern und es zur Verknappung kommt. Klingt logisch, oder?
Das Problem ist, dass beim „Energiepreisdeckel“ alle von etwas völlig anderem reden.
Wovon reden Sie?
Wir schlagen Folgendes vor: Es gibt das, was wir als Grundbedarf definieren. Mit dieser Menge Strom und Gas kann ein Haushalt kochen, waschen, man bewältigt den Alltag.
Wo liegt diese Menge?
Wir haben das mit 3.000 Kilowattstunden Strom für einen zweiköpfigen Haushalt definiert, aber der Wert ist ein wenig variabel. Wichtig ist: Für diesen Grundbedarf gilt ein gedeckelter Preis von 20 Cent pro Kilowattstunde. Das liegt knapp über dem Niveau vor dem Krieg, aber noch deutlich unter dem, womit im Herbst zu rechnen ist. Inklusive der Leitungsgebühr käme man mit dieser Rechnung in einem Haushalt auf Stromkosten von 600 Euro brutto im Jahr. Beim Gas haben wir knapp unter 10.000 Kilowattstunden Gas für eine 70-Quadratmeter-Wohnung angenommen, was – bei einer Obergrenze von acht Cent pro Kilowattstunde – eine Rechnung von maximal 784 Euro brutto ergibt.
Und wenn jemand seinen Whirlpool im Garten mit Strom heizt?
Dann darf er das weiter tun. Man kann zu zweit auch 15.000 Kilowattstunden verbrauchen. Nur bezahlt man für alles, was über dem Grundbedarf liegt, marktübliche Preise. Der Vorteil unseres Modells besteht darin, dass es weiter einen Anreiz zum Energiesparen gibt.
Bleibt die Frage: Wie wollen Sie das finanzieren – immerhin ist der reale Strompreis höher als der, den sie den Kunden weiterverrechnen.
Unser Modell kostet – unter der Annahme, dass sich die Energierechnungen verdoppeln – beim Gas rund eine dreiviertel Milliarde Euro und beim Strom rund zwei Milliarden Euro jährlich. Als Finanzierung bzw. Kompensation, die der Staat den Unternehmen überweisen kann, bietet sich eine Steuer auf krisenbedingte Übergewinne an. Seien wir ehrlich: Der hohe Gaspreis hat die Gewinne durch die Decke gehen lassen, und auch die EU-Kommission empfiehlt eine Sondersteuer, um Gewinne abzuschöpfen, die die Unternehmen nur dank des enorm hohen Strompreises machen.
Aber die Energiekonzerne bezahlen ja auch mehr fürs Gas ...
Ja eh. Allerdings sind die hohen Gewinne, die der Strompreis ermöglicht, nicht mit Investitionen verbunden. Sonne, Wind und Wasser wurden nicht teurer – trotzdem profitieren die Energie-Konzerne vom hohen Strompreis. Wie hoch die Sondersteuer auf Krisengewinne ausfallen soll, darüber muss man diskutieren. Italien hat eine Steuer von 25 % auf die Differenz des Umsatzes, andere Länder überlegen direkt die Übergewinne mit einem sehr hohen Satz zu besteuern. 100 Prozent der Krisengewinne müssen nicht unbedingt abgeschöpft werden, wenn die Energieversorger in die Beschleunigung der Energiewende investieren. Was jedenfalls nicht passieren darf ist, dass die Energiewende auf dem Rücken der privaten Haushalte finanziert wird. Da würde es scheppern.
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