Dieselben Interessen
In den Ermittlungsakten wird ausgeführt, dass Hager sehr eng mit Benko verbunden ist und dessen Aufträge erledigt hat. Indes soll Benko Hager gezeigt haben, „wie man zu den Genehmigungen für Immobilienspekulationen kommt“. Im Gegenzug soll Hager Benko über fortlaufenden Geschäftsbeziehungen stetig informiert haben. Das Duo hatte angeblich dieselben Interessen. Geht es nach den italienischen Ermittlern, sollen diverse Straftaten nach der Regie von Benko abgelaufen sein, aber von Hager und Signoretti durchgeführt worden sein. Hager hat eine Wirtschaftsprüfungskanzlei in Bozen, Rom und Mailand.
„Er gilt als Bindeglied zwischen Geschäften von Benko und der Verwaltung in Südtirol“, heißt es in dem Bericht. Hager soll für Immobilien-Projekte interveniert haben – nämlich über seine Kontakte in die Politik, die Wirtschaft und den Journalismus.
Hager und weitere Hauptverdächtige wurden unter Hausarrest gestellt. Benko, Hager und Co. bestreiten die Vorwürfe.
Telefonüberwachungen
Wie aus der Ermittlungsanordnung hervorgeht, haben die Italiener zwischen 2019 und zumindest 2021 umfangreiche Telefonüberwachungen durchgeführt.
Besonders interessieren sich die Ermittler für das Projekt Waltherpark und Gries Village in Bozen sowie für das Projekt auf Bozens Hausberg Virgl samt Ötzi-Museum. Auch bei einem Projekt in Terlan und am Bahnhof von Verona soll es Mauscheleien gegeben haben. „In der zweiten Jahreshälfte 2019 kamen Ungereimtheiten beim Projekt Waltherpark ans Licht, über Aussage eines Geometers“, heißt es in den Akten. „Um den Waltherpark (Einkaufszentrum; Hotel, Büros, Wohnungen, Anm.) realisieren zu können, musste der Busbahnhof verlagert werden, es hatte Auswirkungen auf viele private und öffentliche Strukturen in der Gegend.“
Zwar habe es gegen das Projekt massiven Widerstand aus der Kaufmannschaft gegeben, aber am Ende hat sich die Signa durchgesetzt, die Stadtverwaltung hatte den Weg frei gemacht. Das Projekt sei von Hager im Auftrag von Benko durchgeführt worden. Der Signa-Gründer wird von den Ermittlern als „Quasi-Monopolist am Immobilienmarkt in der Provinz Südtirol“ hingestellt.
Kaum direkte Aktionen von Benko
„Es gibt kaum direkte Aktionen von René Benko, aber es wurde alles von ihm in Auftrag gegeben“, behaupten die Ermittler. „Die vielen persönlichen Kontakte mit Hager ergaben die Gelegenheit, die strategischen und operativen Geschäfte zu planen.“
Auch das „Gries Village“, eines der größten städtebaulichen Projekte in Bozen, sei von Hager unter Leitung von Benko ausgeführt worden.
„Das 36.000 Quadratmeter umfassende Areal wurde von Signa um rund 17 Millionen Euro gekauft und das Bauprojekt von der ’Living Gries’ umgesetzt, die von Signa kontrolliert wird.“ Es wurden mehr als hundert Wohnungen gebaut. Zuvor hatte es eine Umwidmung gegeben, damit die Wohnungen überhaupt erst gebaut werden können.
Schmiergeldzahlungen
„Damit diese Umwidmung so schnell erreicht werden konnte, wurden Schmiergelder gezahlt“, behaupten die Ermittler weiters. Die Höhe der Schmiergelder wird nicht angeführt.
Doch die Umwidmung soll die Liegenschaft massiv aufgewertet haben. Von nicht weniger als 30 Millionen Euro ist die Rede. „Unser Mandant wird die erst jetzt bekannt gewordenen Vorwürfe sorgfältig prüfen und ist zuversichtlich, dass sie sich als inhaltlich unrichtig aufklären lassen“, sagt Benkos Verteidiger Norbert Wess. „Bei der ersten Durchsicht fällt auf, dass rund 90 Prozent der Sachverhalte, zu denen die italienische Justiz ermittelt, keinen wie auch immer gearteten Bezug zu Signa, geschweige denn zu René Benko haben.“
Auch Heinz Peter Hager hat den Ermittlern volle Zusammenarbeit angeboten. Er habe großes Vertrauen in die Justiz, teilte seine Kanzlei mit.
Die Verdächtigen
Neben Benko und Hager hat der Ermittlungsrichter in Trient Cristina Santi, die Bürgermeisterin von Riva del Garda, den Unternehmer Paolo Signoretti und den ehemaligen Senator Vittorio Fravezzi sowie die Architekten Fabio Rossa und Andrea Saccani, den Journalisten Lorenzo Barzon und Daniela Eisenstecken im Visier
Schwerer Verdacht
Letztere war bisher Beamtin im Amt für Stadtplanung der Stadtverwaltung Bozen. Sie steht im Verdacht, ihre Stellung ausgenutzt zu haben, um Genehmigungen auszustellen, ohne sich dabei an die gesetzlichen Vorgaben zu halten, so die Ermittler. Sie soll eine wichtige Rolle in der Causa gespielt haben. Sie soll laut APA „ein Dossier mit vertraulichen Informationen über Verwaltungsangestellte und öffentliche Bedienstete erstellt haben“. Dem Vernehmen nach bestreitet sie die Vorwürfe. Es gilt die Unschuldsvermutung.
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